offene Hand hin, aus der ein grüner Frosch glotzte.
»Rikli, nun sei ganz still, es ist genug«, gebot die Mutter dem immer
noch fortschreienden Kinde, »und du, Fred, weißt wohl, daß das Kind
sich allerdings unvernünftig vor deinen Tieren fürchtet; warum mußt
du diese gerade ihm unter die Augen halten?«
»Es war zunächst bei mir«, erklärte Fred, »und hör nur, wie interessant
die Beschreibung ist, Mama!« Fred hatte sein Buch aufgemacht und las:
»Der grüne oder Wasserfrosch, #esculenta#, ist gegen drei Zoll lang,
grasgrün mit schwarzen Flecken. Seine Augen haben einen Goldglanz,
die Zehen der Hinterfüße eine Schwimmhaut. Seine Stimme, die er
besonders in warmen Sommernächten hören läßt, lautet: Brekekekex!
Den Winter bringt er im Schlamm zu. Er nährt sich --«
In diesem Augenblick kam ein Wagen herangefahren.
»Es ist die Dame mit dem kranken Mädchen, laß mich, Fred, laß mich«,
sagte die Mutter, eilig den Fred etwas beiseite schiebend, der ihr den
Weg versperrte. Er rannte ihr aber nach: »Mama, so hör nur noch, du
weißt ja noch nicht, womit er sich nährt, er nährt sich von --«
Der Wagen war schon da. Aus dem Stalle kam der Hans, aus der Küche
die Kathri gelaufen in einer sauberen weißen Schürze; denn man hatte
ihr gesagt: wenn ein Wagen vorfahre, habe sie herauszukommen, um
ein krankes Mädchen die Treppe hinaufzutragen. Fred und Rikli waren
ein wenig zurückgetreten und standen jetzt mäuschenstill an der Hecke,
mit gespannter Erwartung dem Weiteren entgegensehend. Erst trat eine
Dame aus dem Wagen und winkte Kathri heran. Dann hob diese eine
weiße, zarte, fast durchsichtige Gestalt aus dem Wagen heraus und trug
sie die Treppe hinauf ins Haus hinein. Die beiden Frauen folgten gleich
nach.
»Das Kind ist viel größer als du, wenn schon die Mama gemeint hat, es
sei nur acht oder neun Jahre alt«, erklärte jetzt Fred seiner Schwester
Rikli. »Das gibt eine Freundin für Emmi und man kann ihm auch
ansehen, daß es sich für ein Geschrei bedanken würde, wie du es
machst.«
»Ja, ja, es hat auch nicht immer Frösche und Spinnen und Raupen in
der Tasche, wie du«, wehrte sich Rikli und wollte eben noch einiges
beifügen, das die Berechtigung ihres Geschreies beweisen mußte, als
Fred die Hand aufmachte, um nach seinem Frosch zu sehen, und dieser
mit einem großen Satz gegen das Rikli hin entsprang. Mit einem
durchdringenden Geschrei rannte das Kind ins Haus hinein, wo es aber
nicht weit vordringen konnte, denn die Kathri schoß ihm mit einem
ganz überwältigenden »Bsch! Bsch!« entgegen. »Wenn ein Krankes
drinnen ist, so zu tun!«
»Wo ist die Tante?« fragte Rikli; eine Frage, welche die Kathri
beantwortete, bevor sie recht ausgesprochen war, denn sie kannte diese
Frage, die des Tages viele hundert Male in dem Hause gehört wurde.
»In der anderen Stube; hier drinnen ist das Kranke, geh nicht dahinein,
die Mama hat's verboten; und das Schreien wie von einem
angestochenen Spanferkelchen ist auch nicht erlaubt im Hause
drinnen«, fügte die Kathri aus eigener Beurteilung hinzu.
Rikli eilte in die andere Stube hinein, um der Tante die Geschichte mit
dem Frosch zu klagen, denn es konnte nicht darüber wegkommen, daß
er ihm fast ins Gesicht gesprungen war. Aber die Tante war schon in
Anspruch genommen: Oskar, der älteste Bruder, saß neben ihr, in ein
ernsthaftes Gespräch vertieft.
»Weißt du was, Tante? Wenn der Feklitus nicht nachgibt, so könnte
man beide Sprüche zusammensetzen; dann wäre doch der unsere da
und die anderen hätten den ihrigen auch, meinst du nicht?«
»Ja, das könnte man tun«, stimmte die Tante bei; »so ist allen geholfen
und die Verse sind gedankenreich, wie es bei solchen Gelegenheiten
sein muß.«
»Hilf du dann auch der Emmi brodieren, Tante«, bat Oskar; »weißt du,
sie macht sonst die Fahne nie fertig, sie läuft gewiß hundertmal davon
weg, etwas anderem nach.«
Die Tante versprach ihre Mithilfe. Hocherfreut sprang Oskar auf und
davon, denn er mußte seinen Freunden schnell noch Mitteilung über
den glücklich gefundenen Ausweg mit den Sprüchen und das
erfreuliche Versprechen der Tante machen. Bevor aber Rikli noch zu
Worten kam für seine Froschgeschichte, war schon die ältere Schwester
Emmi hereingestürzt und rief in großer Aufregung: »Tante! Tante! Sie
gehen alle in die Erdbeeren, ein ganzer Trupp; darf ich noch mit? Sag
doch schnell ja, ich kann nicht zur Mama und es pressiert.«
»Einmal in die Veilchen und einmal in die Erdbeeren und einmal in die
Heidelbeeren und immer in etwas, so ist's bei dir, Emmi. So geh, aber
komm nicht spät heim.«
Emmi war schon draußen.
»Ich auch! Ich auch!« schrie Rikli und lief der Forteilenden nach. Aber
Emmi war in zwei Sätzen die Treppe hinunter und rief zurück: »Nichts!
nichts! du kannst nicht mit, im Wald hat's Käfer und rote Schnecken.«
Rikli kehrte schleunig um, aber zum Ersatz wollte es nun einmal seine
bedauerliche Geschichte erzählen. Doch jetzt kam Fred hereingelaufen
mit
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