Wir Fanden Einen Pfad | Page 3

Christian Morgenstern
von Dir getrennt,
in seiner
Sonderwesensart erkannt,
begehrt zurück es in sein Element.
Es fühlt sich selbst und doch zugleich verbannt
und sehnt sich heim
in seines Ursprungs Schoß ...
Doch vor ihm steht noch ehern
unverwandt
Äonengroß sein menschheitliches Los!
Faß es, was sich dir enthüllt!

Faß es, was sich dir enthüllt!
Ahne dich hinan zur Sonne!
Ahne,
welche Schöpfer-Wonne
jedes Wesen dort erfüllt!
Klimm empor dann dieser Geister
Stufen bis zur höchsten Schar!

Und dann endlich nimm Ihn wahr:
Aller dieser Geister Meister!
Und dann komm mit Ihm herab!
Unter Menschen und Dämonen

komm mit Ihm, den Leib bewohnen,
den ein Mensch Ihm fromm
ergab.
Faßt ein Herz des Opfers Größe!
Mißt ein Geist dies Opfer ganz!--

Wie ein Gott des Himmels Glanz
tauscht um Menschennot
und--blöße!
Geschöpf nicht mehr ...
Geschöpf nicht mehr, Gebieter der Gedanken,
des Willens Herr, nicht
mehr in Willens Frone,
der flutenden Empfindung Maß und Meister,
zu tief um an Verneinung zu erkranken,
zu frei, als daß Verstocktheit
in ihm wohne:
So bindet sich ein Mensch ans Reich der Geister:
So findet er den Pfad zum Thron der Throne.
Gib mir den Anblick deines Seins
Gib mir den Anblick deines Seins, o Welt ...
Den Sinnenschein laß
langsam mich durchdringen ...
So wie ein Haus sich nach und nach erhellt,
bis es des Tages Strahlen
ganz durchschwingen--
und so wie wenn dies Haus dem
Himmmelsglanz
noch Dach und Wand zum Opfer könnte bringen--

daß es zuletzt, von goldner Fülle ganz
durchströmt, als wie ein
Geisterbauwerk stände,
gleich einer geistdurchleuchteten Monstranz:
So möchte auch die Starrheit meiner Wände
sich lösen, daß dein

volles Sein in mein,
mein volles Sein in dein Sein Einlaß fände--

und so sich rein vereinte Sein mit Sein.
Hymne
Wie in lauter Helligkeit
fließen wir nach allen Seiten ...

Erdenbreiten, Erdenzeiten
schwinden ewigkeitenweit ...
Wie ein Atmen ganz im Licht
ist es, wie ein schimmernd Schweben

Himmels-Licht--in Deinem Leben
lebten je wir, je wir--nicht?
Konnten fern von Dir verziehen,
flohen Dich, verbannt, verdammt

Doch in Deine Harmonien
kehren heim, die Dir entstammt.
Ich bin aus Gott wie alles Sein geboren
Ich bin aus Gott wie alles Sein geboren,
ich geh im Gott mit allem
Mein zu sterben,
ich kehre heim, o Gott, als Dein zu leben.
Erst wurde ich aus Deinem Ich gegeben,
dann galt es dies Gegebne
zu erwerben,
Dir als ein Du es Brust an Brust zu heben.
Da wollte Stolz es mittendrin verderben,
und es ward Dir, und Du
warst ihm verloren ...
Bis daß Du übermächtig mich beschworen!
Da ward ich Dir zum andernmal geboren:
denn ich verstand zum
erstenmal zu sterben,
denn ich empfand zum erstenmal zu leben.
Ich habe den MENSCHEN gesehn
Ich habe den MENSCHEN gesehn in seiner tiefsten Gestalt,
ich
kenne die Welt bis auf den Grundgehalt.
Ich weiß, daß Liebe, Liebe ihr tiefster Sinn,
und daß ich da, um
immer mehr zu lieben, bin.

Ich breite die Arme aus, wie ER getan,
ich möchte die ganze Welt,
wie ER, umfahrn.
Ich hebe Dir mein Herz empor
Ich hebe Dir mein Herz empor
als rechte Gralesschale,
das all sein
Blut im Durst verlor
nach Deinem reinen Mahle,
o CHRIST!
O füll es neu bis an den Rand
mit Deines Blutes Rosenbrand,
daß:
DEN fortan ich trage
durch Erdennächt' und--tage,
DU bist!
Ich will aus allem nehmen
Ich will aus allem nehmen, was mich nährt,
was übereinstimmt mit
mir längst Vertrautem;
so wird mir manches stille Glück gewährt.
In Eurer Weisheit fand ich manch geheime
Bestätigung zu von mir
selbst Geschautem
und brachte sie zu meiner Art in Reime.
Es gibt so vieles Schöne, Gute, Wahre;
wie bin ich dankbar, daß ich
Mensch sein darf
und immer Neues solcher Art erfahre!'
Erfahre denn noch dies dazu: entfernt
bist du vom Ernst noch. Dein
Gewissen warf
dir noch nicht vor, daß Weisheit sich nur--lernt.
Mit solchem Blumenpflücken, Kränzchenwinden--
was ist getan?
sieh dir ins Angesicht
und prüfe, ach, solch allzu lau Empfinden.
Du fühlst der Weisheit Weg noch nicht als--Pflicht.
Und so: ob von
G1ühwürmchen oder Sternen
dir Licht zufließt--dir ist's das gleiche
Licht.
Dir sind die echten Tiefen, wahren Fernen
noch stumm; sie, deren
Siegel einzig bricht:
ein tiefdemütig lebenlanges--Lernen.
Im Baum, du liebes Vöglein dort

Im Baum, du liebes Vöglein dort,
was ist dein Lied, dein Lied im
Grund?
Dein kleines Lied ist Gotteswort,
dein kleiner Kehlkopf
Gottes Mund.
'Ich singe' singt noch nicht aus dir,
es tönt die ewige Schöpfermacht

noch ungetrübt in reiner Pracht
in dir, du kleine süße Zier.
Leis auf zarten Füßen naht es
Leis auf zarten Füßen naht es,
vor dem Schlafen wie ein Fächeln:

Horch, o Seele, meines Rates,
laß dir Glück und Tröstung lächeln--:
Die in Liebe dir verbunden,
werden immer um dich bleiben,
werden
klein und große Runden
treugesellt mit dir beschreiben.
Und sie werden an dir bauen,
unverwandt, wie du an ihnen,--
und,
erwacht zu Einem Schauen,
werdet ihr wetteifernd dienen!
Licht ist Liebe
Licht ist Liebe ...Sonnen-Weben
Liebes-Strahlung einer Welt

schöpferischer Wesenheiten--
die durch unerhörte Zeiten
uns an ihrem Herzen hält,
und die uns
zuletzt gegeben
ihren höchsten Geist in eines
Menschen Hülle während dreier
Jahre:
da Er kam in Seines
Vaters Erbteil--nun der Erde
innerlichstes Himmelsfeuer:
daß auch
sie einst Sonne werde.
Lucifer
"Ich will mein Licht vor eurem Licht verschließen,
ich will euch nicht,
ihr sollt mich nicht genießen,
bevor ich nicht ein Eigenlicht
geworden.

"So bring ich wohl das Böse zur
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