ganz bestimmt sein Wort gegeben, alles sei eingerichtet auf die Zeit und dem Vater sei's recht. Nun sagte die Mutter nichts mehr, aber das arme Wisi weinte immer ?rger. Da nahm sie es bei der Hand und zog es zum Klavier hin, an den Platz, wo es immer stand, wenn wir zusammen sangen. Sie sagte in ihrem freundlichen Ton zu ihm: 'Trockne nun deine Tr?nen, wir wollen noch einmal zusammen singen.' Dann schlug sie uns das Lied auf, und wir sangen zusammen:
('Befiehl du deine Wege, Und was dein Herze kr?nkt, Der allertreusten Pflege Des, der den Himmel lenkt.)
('Der Wolken, Luft und Winden Gibt Wege, Lauf und Bahn, Der wird auch Wege finden, Wo dein Fu? gehen kann.')
Wisi ging dann wieder getr?stet von uns, die Mutter hatte ihm noch einige freundliche Worte gesagt.
Aber mich hatte die Sache recht traurig gemacht. Ich hatte ein ganz bestimmtes Gef��hl, da? das arme Wisi seine frohen Tage nun hinter sich hatte, und dann tat mir der Andres uns?glich leid. Was w��rde der sagen? Er sagte aber nie etwas, gar kein Wort, aber ein paar Jahre lang ging er herum wie ein Schatten und war noch stiller geworden als vorher. Ich habe auch seither nie mehr sein stillfr?hliches Gesicht gesehen, wie er es damals doch oft gezeigt hat."
"Der arme Kerl!" rief Onkel Max aus. "Hat er denn keine andere Frau genommen?"
"Ach, nein, Max", entgegnete seine Schwester ein wenig strafend, "wie konnte er denn, wie kannst du so etwas sagen. Er ist ja die Treue selbst."
"Das konnte ich ja nicht wissen, liebe Schwester", erwiderte der Bruder beg��tigend. "Ich konnte doch nicht voraussehen, da? dein vielseitig begabter Freund nun auch noch die Unwandelbarkeit an sich tr?gt. Aber das Wisi, erz?hl weiter von ihm. Ich hoffe wirklich, das lustige Wisi ist nicht ungl��cklich geworden, es w��rde mir leid tun."
"Ich merke schon, Max", sagte die Schwester, "da? du es heimlich mit dem Wisi h?ltst und kein Mitleid hast mit dem treuen Andres, dem es doch fast das Herz abgedr��ckt hat, da? das Wisi f��r ihn verloren war."
"Doch, doch", versicherte der Onkel, "ich kann ihm nachf��hlen, wie ungl��cklich er war. Aber weiter, wie ging's mit dem Wisi? Es hat doch seine lustigen Augen nicht verweint?"
"Doch, ich glaube schon", fuhr die Schwester fort. "Ich habe Wisi nicht mehr oft gesehen, es hatte viel zu tun. Ich glaube, der Mann war nicht eben b?se, aber er hatte etwas Rohes, er konnte so grob und unfreundlich sein, auch mit seinen kleinen Kindern. Wisi hatte gewi? wenig Freude mehr. Es hatte mehrere nette Kinder, aber sie waren alle sehr zart, es verlor sie wieder eins nach dem andern. F��nf hatte es begraben m��ssen, nur ein einziges ist ihm geblieben, ein feines, zartes Gesch?pfchen, ein kleines Wiseli. Es ist nicht viel gr??er als unser Miezchen und ist doch gut drei Jahre ?lter. Wisis Gesundheit hatte durch das alles so gelitten, da? man deutlich sehen konnte, was kommen w��rde. Und nun ist es auch da, eine schnelle Auszehrung rafft ihr Leben hin. Ich f��rchte, es ist gar keine Hoffnung mehr."
"Nein!" rief Onkel Max erschrocken aus. "Das kann doch nicht sein, ist's wirklich wahr? Kann man da nichts machen, Marie? Wir wollen doch gleich nachsehen, vielleicht ist noch zu helfen."
"Ach nein, da ist nicht mehr zu helfen", sagte die Schwester traurig. "Da war ��berhaupt nicht mehr zu helfen. Wisi war f��r all die Arbeit und Anstrengung viel zu zart."
"Und was macht nun der Mann?" fragte Onkel Max.
"Ach, den habe ich ja ganz vergessen, das hatte das kranke Wisi auch noch durchzumachen. Es wird nun bald ein Jahr sein, da wurde ihm in der Fabrik der eine Arm und das Bein so zerschlagen, da? man ihn halbtot nachhause brachte. Danach konnte er nicht mehr arbeiten. Er mu? kein besonders geduldiger Kranker gewesen sein. Wisi hatte ihn nun auch noch zu verpflegen zu allem andern. Er starb dann ungef?hr ein halbes Jahr nach dem Unfall. Seither lebt Wisi allein mit dem Kind."
"Und so blieb von allem gar nichts mehr ��brig als ein kleines Wiseli? Was macht man damit? Aber nein, so traurig wird's doch nicht kommen m��ssen. Das Wisi kann noch gesund werden und alles noch kommen, wie es h?tte sein sollen von Anfang an."
"Nein, nein, dazu ist es zu sp?t", entgegnete die Schwester sehr bestimmt. "Das arme Wisi hat seinen Leichtsinn schwer b��?en m��ssen. Aber jetzt ist es sp?t geworden." Und fast erschrocken stand sie auf, denn ��ber dem Gespr?ch war die Mitternachtsstunde vor��bergegangen.
Seit einiger Zeit schon war der Oberst ganz still geworden, er hatte sich in seinen Lehnstuhl zur��ckgelegt und war fest eingeschlafen. Onkel Max hatte zwar keinen Schlaf, denn mit der Erz?hlung von dem armen Wisi waren ihm alle Jugenderinnerungen so lebendig aufgestiegen, da? er noch eine Menge von Dingen und Pers?nlichkeiten besprechen wollte. Aber seine Schwester war unerbittlich, sie hielt die Lampe in der Hand und
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