Wie Wiselis Weg gefunden wird Erzahlung | Page 7

Johanna Spyri
Jahre durch der Andres als treuster Freund und Besch��tzer dem Wisi zur Seite stand in Freud und Leid. Und es konnte den Freund gut brauchen. Meistens, wenn es zur Schule kam und die Tafel mit Rechnungen bedeckt bringen sollte wie wir anderen auch, da stand nicht eine Zahl darauf. Es legte sie aber mit dem lustigsten Gesicht auf die Schulbank hin, und im folgenden Augenblick stand alles darauf, was darauf stehen sollte. Denn der Andres hatte schnell die Tafel genommen und die Rechnungen darauf gesetzt. Oft geschah es auch, da? Wisi in seiner raschen Weise mit dem Ellbogen eine Scheibe eingeschlagen hatte in der Schulstube, oder es hatte im Garten an des Schulmeisters Pflaumenbaum gesch��ttelt. Und wenn dann Gericht ��ber diese Untaten gehalten wurde, dann blieb regelm??ig alles auf dem Andres sitzen. Nicht da? er von jemand angeklagt wurde, sondern er selbst sagte gleich halblaut, er meine, er habe die Scheibe zerdr��ckt. Und er glaube auch, er habe an dem Pflaumenbaum ger��ttelt, und so bekam er die Strafe. Wir Kinder wu?ten immer ganz gut, wie es war. Aber wir lie?en es so gehen. Wir waren so gew?hnt daran, da? es so sei, und dann hatten wir alle das lustige Wisi so gern, da? wir's ihm immer g?nnten, wenn es ungestraft davonkam. Und ?pfel und Birnen und N��sse hatte Wisi immer alle Taschen voll, die kamen alle vom Andres. Denn was er nur hatte und erlangen konnte, das stecke er alles dem Wisi in den Schulsack. Ich dachte manchmal dar��ber nach, wie es denn sein k?nne, da? der stille Andres gerade das allerlustigste und aufgeweckteste Kind der ganzen Schule am liebsten habe. Und dann sann ich dar��ber nach, ob es nun auch gerade den stillen Andres besonders gern habe. Es war wohl immer freundlich zu ihm, aber so war es auch mit den anderen. Und als ich einmal ernstlich unsere Mama fragte, wie das wohl sei, da sch��ttelte sie ein wenig den Kopf und sagte: 'Ich f��rchte, ich f��rchte, diese artige Aloise ist ein wenig leichtsinnig und kann noch in eine schwere Schule kommen.' Diese Worte gaben mir viel zu denken und kamen mir immer wieder in den Sinn."
Die Frau Oberst sah l?chelnd vor sich hin. "Als wir dann zusammen in den Religionsunterricht gingen, da kam Wisi regelm??ig am Sonntagabend zu uns her��ber, und wir sangen zusammen am Klavier Chor?le. Daran hatte es damals sehr gro?e Freude, es konnte alle die sch?nen Lieder auswendig und sang sie mit heller Stimme. Wir hatten auch unsere Freude an den Abenden, Mama und ich, und auch dar��ber, da? Wisi so gern in den Unterricht ging und ihn sich wirklich zu Herzen nahm. Es war nun ein gro?es M?dchen geworden und sah recht gut aus. Seine lustigen Augen hatte es noch, und wenn es auch nie so kr?ftig aussah wie die Bauernm?dchen im Dorf, so hatte es doch eine bl��hende Gesichtsfarbe und war netter als sie alle. Damals war der Andres noch in der Stadt als Lehrjunge, er kam aber immer ��ber den Sonntag heim. Dann kam er auch jedesmal zu uns ins Pfarrhaus, und am liebsten sprach er dann immer mit mir von den vergangenen Tagen der Schule. Und dann kamen wir immer bald auf das Wisi zu sprechen. Das kam so im Zusammenhang, und schlie?lich sprachen wir dann nur noch von ihm. Dem Andres ging ganz das Herz und der Mund auf bei diesen Erinnerungen, und w?hrend alle Welt l?ngst das Wisi nie anders also so genannt hatte, nannte er es unwandelbar das 'Wiseli'. Und das kam dann so ganz eigen z?rtlich heraus.
Da kam auch ein Sonntag, als das Wisi und ich noch nicht achtzehn Jahre alt waren. Gegen Abend trat er bei uns ein und sah ganz rosig aus. Und als wir nun mit Mama zusammensa?en, da sagte Wisi, es sei gekommen, uns mitzuteilen, da? es sich mit dem jungen Fabrikarbeiter versprochen habe, der seit kurzer Zeit im Dorfe wohnte. Sie k?nnten gleich heiraten, da er eine gute Anstellung habe unten in der Fabrik, und so h?tten sie denn schon alles festgesetzt, da? sie gleich in zw?lf Tagen zusammenkommen k?nnten. Ich war so erstaunt und so traurig, da? ich kein Wort sagen konnte. Eine Zeitlang sagte die Mutter auch nichts, sie sah ganz bek��mmert aus. Dann aber sprach sie ernstlich mit dem Wisi und stellte ihm vor, wie leichtsinnig es sei, da? es sich so schnell mit dem Fabrikarbeiter eingelassen habe. Es kenne ihn ja kaum, und da sei doch ein anderer, der ihm Jahre lang nachgegangen sei und ihm gezeigt habe, wie lieb er es habe. Und zuletzt fragte sie es dringend, ob denn nicht alles noch r��ckg?ngig gemacht werden oder doch eine gute Zeitlang hinausgeschoben werden k?nne. Es k?nne noch bei seinem Vater bleiben, es sei ja noch so jung. Da fing Wisi zu weinen an und sagte, es habe
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