West-oestlicher Divan | Page 8

Johann Wolfgang von Goethe
fliehn.?Und fliegt es an der Liebsten Brust,?Da ruht's im Himmel unbewu?t.?Des Lebens Strudel rei?t es fort,?Und immer h?ngt's an einem Ort,?Was es gewollt, was es verlor,?Es bleibt zuletzt sein eigner Tor.
Prüft das Geschick dich, wei? es wohl warum:?Es wünschte dich enthaltsam! Folge stumm!
Noch ist es Tag; da rühre sich der Mann!?Die Nacht tritt ein, wo niemand wirken kann.
Was machst du an der Welt? Sie ist schon gemacht.?Der Herr der Sch?pfung hat alles bedacht,?Dein Los ist gefallen, verfolge die Weise,?Der Weg ist begonnen, vollende die Reise.?Denn Sorgen und Kummer ver?ndern es nicht,?Sie schleudern dich ewig aus gleichem Gewicht.
Wenn der Schwergedrückte klagt,?Hilfe, Hoffnung sei versagt,?Bleibet heilsam fort und fort?Immer noch ein freundlich Wort.
"Wie ungeschickt habt ihr euch benommen,?Da euch das Glück ins Haus gekommen!"?Das M?dchen hat's nicht übel genommen?Und ist noch ein paarmal wieder gekommen.
Mein Erbteil wie herrlich, weit und breit!?Die Zeit ist mein Besitz, mein Acker ist die Zeit.
Gutes tu rein aus des Guten Liebe!?Das überliefre deinem Blut.?Und wenn's den Kindern nicht verbliebe,?Den Enkeln kommt es doch zu gut.
Enweri sagt's, ein Herrlichster der M?nner,?Des tiefsten Herzens, h?chsten Hauptes Kenner:?"Dir frommt an jedem Ort, zu jeder Zeit?Geradheit, Urteil und Vertr?glichkeit."
Was klagst du über Feinde??Sollten solche je werden Freunde,?Denen das Wesen, wie du bist,?Im stillen ein ewiger Vorwurf ist?
Dümmer ist nichts zu ertragen,?Als wenn Dumme sagen den Weisen,?Da? sie sich in gro?en Tagen?Sollten bescheidentlich erweisen.
Wenn Gott so schlechter Nachbar w?re,?Als ich bin und als du bist,?Wir h?tten beide wenig Ehre;?Der l??t einen jeden, wie er ist.
Gestehts! die Dichter des Orients?Sind gr??er als wir des Occidents.?Worin wir sie aber v?llig erreichen,?Das ist im Ha? auf unsresgleichen.
überall will jeder obenauf sein,?Wie's eben in der Welt so geht,?Jeder sollte freilich grob sein,?Aber nur in dem, was er versteht.
Verschon uns, Gott, mit deinem Grimme!?Zaunk?nige gewinnen Stimme.
Will der Neid sich doch zerrei?en,?La? ihn seinen Hunger speisen.
Sich im Respekt zu erhalten,?Mu? man recht borstig sein.?Alles jagt man mit Falken,?Nur nicht das wilde Schwein.
Was hilft's dem Pfaffenorden,?Der mir den Weg verrannt??Was nicht gerade erfa?t worden,?Wird auch schief nicht erkannt.
Einen Helden mit Lust preisen und nennen?Wird jeder, der selbst als Kühner stritt.?Des Menschen Wert kann niemand erkennen,?Der nicht selbst Hitze und K?lte litt.
Gutes tu' rein aus des Guten Liebe!?Was du tust, verbleibt dir nicht;?Und wenn es auch dir verblieben?Bleibt es deinen Kindern nicht.
Soll man dich nicht auf's schm?hlichste berauben,?Verbirg dein Gold, dein Weggehn, deinen Glauben!
Wie kommt's, da? man an jedem Orte?So viel Gutes, so viel Dummes h?rt??Die Jüngsten wiederholen der ?ltesten Worte?Und glauben, da? es ihnen angeh?rt.
La? dich nur in keiner Zeit?Zum Widerspruch verleiten!?Weise fallen in Unwissenheit,?Wenn sie mit Unwissenden streiten.
"Warum ist Wahrheit fern und weit??Birgt sich hinab in tiefste Gründe?"?Niemand versteht zur rechten Zeit!--?Wenn man zur rechten Zeit verstünde,?So w?re Wahrheit nah und breit?Und w?re lieblich und gelinde.
Was willst du untersuchen,?Wohin die Milde flie?t!?Ins Wasser wirf deine Kuchen;?Wer wei?, wer sie genie?t!
Als ich einmal eine Spinne erschlagen,?Dacht ich, ob ich das wohl gesollt??Hat Gott ihr doch wie mir gewollt?Einen Anteil an diesen Tagen!
"Dunkel ist die Nacht, bei Gott ist Licht."?Warum hat er uns nicht auch so zugericht?
Welch eine bunte Gemeinde!?An Gottes Tisch sitzen Freund und Feinde.
Ihr nennt mich einen kargen Mann;?Gebt mir, was ich verprassen kann!
Soll ich dir die Gegend zeigen,?Mu?t du erst das Dach besteigen.
Wer schweigt, hat wenig zu sorgen;?Der Mensch bleibt unter der Zunge verborgen.
Ein Herre mit zwei Gesind,?Er wird nicht wohl gepflegt.?Ein Haus, worin zwei Weiber sind,?Es wird nicht rein gefegt.
Ihr lieben Leute, bleibt dabei?Und sagt nur: "Autos epha!"?Was sagt ihr lange Mann und Weib??Adam, so hei?t's, und Eva!
Wofür ich Allah h?chlich danke??Da? er Leiden und Wissen getrennt.?Verzweifeln mü?te jeder Kranke,?Das übel kennend, wie der Arzt es kennt.
N?rrisch, da? jeder in seinem Falle?Seine besondere Meinung preist!?Wenn Islam "Gott ergeben" hei?t,?In Islam leben und sterben wir alle.
Wer auf die Welt kommt, baut ein neues Haus,?Er geht und l??t es einem zweiten;?Der wird sich's anders zubereiten.?Und niemand baut es aus.
Wer in mein Haus tritt, der kann schelten,?Was ich lie? viele Jahre gelten;?Vor der Tür aber mü?t er passen,?Wenn ich ihn nicht wollte gelten lassen.
Herr, la? dir gefallen?Dieses kleine Haus!?Gr??re kann man bauen,?Mehr kommt nicht heraus.
Du bist auf immer geborgen,?Das nimmt dir niemand wieder:?Zwei Freunde ohne Sorgen,?Weinbecher, Büchlein Lieder.
"Was brachte Lokman nicht hervor,?Den man den Garst'gen hie?!"?Die Sü?igkeit liegt nicht im Rohr,?Der Zucker, der ist sü?.
Herrlich ist der Orient?übers Mittelmeer gedrungen;?Nur wer Hafis liebt und kennt,?Wei?, was Calderon gesungen.
"Was schmückst du die eine Hand denn nun?Weit mehr als ihr gebührte?"?Was sollte denn die Linke tun,?Wenn sie die Rechte nicht zierte?
Wenn man auch nach Mekka triebe?Christus' Esel, würd' er nicht?Dadurch besser abgericht,?Sondern stets ein Esel bliebe.
Getretner Quark?Wird breit, nicht stark.
Schl?gst du ihn aber mit Gewalt?In feste Form, er nimmt Gestalt.?Dergleichen Steine wirst du kennen.?Europ?er Pise sie nennen.
Betrübt euch nicht, ihr guten Seelen!?Denn wer nicht fehlt, wei? wohl, wenn andre fehlen;?Allein wer fehlt, der ist erst recht daran,?Er wei? nun deutlich, wie sie wohl getan.
"Du hast gar vielen nicht gedankt,?Die dir so
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