West-oestlicher Divan | Page 7

Johann Wolfgang von Goethe
in der Gemeinde?Schon genug daran zu leiden.
Wenn du auf dem Guten ruhst
Wenn du auf dem Guten ruhst,?Nimmer werd ich's tadeln;?Wenn du gar das Gute tust,?Sieh, das soll dich adeln!?Hast du aber deinen Zaun?Um dein Gut gezogen,?Leb ich frei und lebe traun?Keineswegs betrogen.
Denn die Menschen, sie sind gut,?Würden besser bleiben,?Sollte nicht, wie's einer tut,?Auch der andre treiben.?Auf dem Weg, da ist's ein Wort,?Niemand wird's verdammen:?"Wollen wir an einen Ort,?Nun wir gehn zusammen!"
Vieles wird sich da und hie?Uns entgegenstellen:?In der Liebe mag man nie?Helfer und Gesellen;?Geld und Ehre h?tte man?Gern allein zur Spende;?Und der Wein, der treue Mann,?Der entzweit am Ende.
Hat doch über solches Zeug?Hafis auch gesprochen,?über manchen dummen Streich?Sich den Kopf zerbrochen;?Und ich seh nicht, was es frommt,?Aus der Welt zu laufen,?Magst du, wenn das Schlimmste kommt,?Auch einmal dich raufen!
Als wenn das auf Namen ruhte
Als wenn das auf Namen ruhte,?Was sich schweigend nur entfaltet!?Lieb ich doch das sch?ne Gute,?Wie es sich aus Gott gestaltet!
Jemand lieb ich, das ist n?tig.?Niemand ha? ich; soll ich hassen,?Auch dazu bin ich erb?tig,?Hasse gleich in ganzen Massen.
Willst sie aber n?her kennen??Sieh aufs Rechte, sieh aufs Schlechte:?Was sie ganz fürtrefflich nennen,?Ist wahrscheinlich nicht das Rechte.
Denn das Rechte zu ergreifen,?Mu? man aus dem Grunde leben,?Und salbadrisch auszuschweifen,?Dünket mich ein seicht Bestreben.
Wohl, Herr Knitterer, er kann sich?Mit Zersplitterer vereinen,?Und Verwitterer alsdann sich?Allenfalls der Beste scheinen!
Da? nur immer in Erneuung?Jeder t?glich Neues h?re,?Und zugleich auch die Zerstreuung?Jeden in sich selbst zerst?re!
Dies der Landsmann wünscht und liebet?Mag er Deutsch, mag Teutsch sich schreiben,?Liedchen aber heimlich piepet:?Also war es und wird bleiben.
Medschnun
Medschnun hei?t--ich will nicht sagen,?Da? es grad ein Toller hei?e,?Doch ihr mü?t mich nicht verklagen,?Da? ich mich als Medschnun preise.
Wenn die Brust, die redlich volle,?Sich entladet, euch zu retten,?Ruft ihr nicht: "Das ist der Tolle!?Holet Stricke, schaffet Ketten!"
Und wenn ihr zuletzt in Fesseln?Seht die Klügeren verschmachten,?Sengt es euch wie Feuernesseln,?Das vergebens zu betrachten.
Hab ich euch denn je geraten,?Wie ihr Kriege führen solltet??Schalt ich euch, nach euren Taten,?Wenn ihr Friede schlie?en wolltet?
Und so hab ich auch den Fischer?Ruhig sehen Netze werfen,?Brauchte dem gewandten Tischer?Winkelma? nicht einzusch?rfen.
Aber ihr wollt besser wissen,?Was ich wei?, der ich bedachte,?Was Natur, für mich beflissen,?Schon zu meinem Eigen machte.
Fühlt ihr euch dergleichen St?rke??Nun, so f?rdert eure Sachen!?Seht ihr aber meine Werke,?Lernet erst: so wollt er's machen!
Wanderers Gemütsruhe
übers Niedertr?chtige?Niemand sich beklage!?Denn es ist das M?chtige,?Was man dir auch sage.
In dem Schlechten waltet es?Sich zu Hochgewinne,?Und mit Rechtem schaltet es?Ganz nach seinem Sinne.
Wandrer!--Gegen solche Not?Wolltest du dich str?uben??Wirbelwind und trocknen Kot,?La? sie drehn und st?uben!
Wer wird von der Welt verlangen
Wer wird von der Welt verlangen,?Was sie selbst vermi?t und tr?umet,?Rückw?rts oder seitw?rts blickend,?Stets den Tag des Tags vers?umt??Ihr Bemühn, ihr guter Wille?Hinkt nur nach dem raschen Leben,?Und was du vor Jahren brauchtest,?M?chte sie dir heute geben.
Sich selbst zu loben, ist ein Fehler
Sich selbst zu loben, ist ein Fehler,?Doch jeder tut's, der etwas Gutes tut;?Und ist er dann in Worten kein Verhehler,?Das Gute bleibt doch immer gut.
La?t doch, ihr Narren, doch die Freude?Dem Weisen, der sich weise h?lt,?Da? er, ein Narr wie ihr, vergeude?Den abgeschmackten Dank der Welt.
Glaubst du denn: von Mund zu Ohr
Glaubst du denn: von Mund zu Ohr?Sei ein redlicher Gewinnst??überliefrung, o du Tor,?Ist auch wohl ein Hirngespinst.
Nun geht erst das Urteil an:?Dich vermag aus Glaubensketten?Der Verstand allein zu retten,?Dem du schon Verzicht getan.
Und wer franzet oder britet
Und wer franzet oder britet,?Italienert oder teutschet,?Einer will nur wie der andre,?Was die Eigenliebe heischet.
Denn es ist kein Anerkennen,?Weder vieler, noch des einen,?Wenn es nicht am Tage f?rdert,?Wo man selbst was m?chte scheinen.
Morgen habe denn das Rechte?Seine Freunde wohlgesinnet,?Wenn nur heute noch das Schlechte?Vollen Platz und Gunst gewinnet.
Wer nicht von dreitausend Jahren?Sich wei? Rechenschaft zu geben,?Bleib im Dunkeln unerfahren,?Mag von Tag zu Tage leben.
Sonst, wenn man den heiligen Koran zitierte
Sonst, wenn man den heiligen Koran zitierte,?Nannte man die Sure, den Vers dazu,?Und jeder Moslim, wie sich's gebührte,?Fühlte sein Gewissen in Respekt und Ruh.
Die neuen Derwische wissen's nicht besser,?Sie schwatzen das Alte, das Neue dazu;?Die Verwirrung wird t?glich gr??er,?O heiliger Koran! O ewige Ruh'!
Der Prophet spricht
?rgerts jemand, da? es Gott gefallen,?Mahomet zu g?nnen Schutz und Glück,?An den st?rksten Balken seiner Hallen,?Da befestig' er den derben Strick,?Knüpfe sich daran! Das h?lt und tr?gt.?Er wird fühlen, da? sein Zorn sich legt.
Timur spricht
Was? Ihr mi?billiget den kr?ftgen Sturm?Des übermuts, verlogne Pfaffen??H?tt Allah mich bestimmt zum Wurm,?So h?tt' er mich als Wurm geschaffen.
Buch der Sprüche
Hikmet Nameh: Buch der Sprüche
Talismane werd ich in dem Buch zerstreuen;?Das bewirkt ein Gleichgewicht.?Wer mit gl?ubger Nadel sticht,?überall soll gutes Wort ihn freuen,.
Vom heutgen Tag, von heutger Nacht?Verlange nichts,?Als was die gestrigen gebracht.
Wer geboren in b?s'sten Tagen,?Dem werden selbst die b?sen behagen.
Wie etwas sei leicht,?Wei?, der es erfunden und der es erreicht.
Das Meer flutet immer,?Das Land beh?lt es nimmer.
Was wird mir jede Stunde so bang?--?Das Leben ist kurz, der Tag ist lang.?Und immer sehnt sich fort das Herz,?Ich wei? nicht recht, ob himmelw?rts;?Fort aber will es hin und hin,?Und m?chte vor sich selber
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