West-oestlicher Divan | Page 9

Johann Wolfgang von Goethe
manches Gute gegeben!"?Darüber bin ich nicht erkrankt,?Ihre Gaben mir im Herzen leben.
Guten Ruf mu?t du dir machen,?Unterscheiden wohl die Sachen;?Wer was weiter will, verdirbt.
Die Flut der Leidenschaft, sie stürmt vergebens?Ans unbezwungne feste Land:?Sie wirft poetische Perlen an den Strand,?Und das ist schon Gewinn des Lebens.
Vertrauter
Du hast so manche Bitte gew?hrt,?Und wenn sie dir auch sch?dlich war;?Der gute Mann da hat wenig begehrt,?Dabei hat es doch keine Gefahr.
Wesir
Der gute Mann hat wenig begehrt,?Und h?tt ich's ihm sogleich gew?hrt,?Er auf der Stelle verloren war.
Schlimm ist es, wie doch wohl geschieht,?Wenn Wahrheit sich nach dem Irrtum zieht.?Das ist auch manchmal ihr Behagen:?Wer wird so sch?ne Frau befragen??Herr Irrtum, wollt er an Wahrheit sich schlie?en,?Das sollte Frau Wahrheit bald verdrie?en.
Wisse, da? mir sehr mi?f?llt,?Wenn so viele singen und reden!?Wer treibt die Dichtkunst aus der Welt?
--Die Poeten!
Buch des Timur
Timur Nameh: Buch des Timur?Der Winter und Timur
So umgab sie nun der Winter?Mit gewaltgem Grimme. Streuend?Seinen Eishauch zwischen alle,?Hetzt' er die verschiednen Winde?Widerw?rtig auf sie ein.?über sie gab er Gewaltkraft?Seinen frostgespitzten Stürmen,?Stieg in Timurs Rat hernieder,?Schrie ihn drohend an und sprach so:?"Leise, langsam, Unglücksel'ger!?Wandle, du Tyrann des Unrechts!?Sollen l?nger noch die Herzen?Sengen, brennen deinen Flammen??Bist du der verdammten Geister?Einer: wohl! ich bin der andre.?Du bist Greis; ich auch! Erstarren?Machen wir so Land als Menschen.?Mars, du bist's! Ich bin Saturnus;?übelt?tige Gestirne,?Im Verein die schrecklichsten.?T?test du die Seele, k?ltest?Du den Luftkreis: meine Lüfte?Sind noch k?lter, als du sein kannst.?Qu?len deine wilden Heere?Gl?ubige mit tausend Martern:?Wohl! in meinen Tagen soll sich,?Geb es Gott! was Schlimmres finden,?Und, bei Gott! dir schenk ich nichts.?H?r es Gott, was ich dir biete!?Ja, bei Gott! von Todesk?lte?Nicht, o Greis, verteidigen soll dich?Breite Kohlenglut vom Herde,?Keine Flamme des Dezembers!"
An Suleika
Dir mit Wohlgeruch zu kosen,?Deine Freuden zu erh?hn,?Knospend müssen tausend Rosen?Erst in Gluten untergehn.
Um ein Fl?schchen zu besitzen,?Das den Ruch auf ewig h?lt,?Schlank wie deine Fingerspitzen,?Da bedarf es einer Welt.
Einer Welt von Lebenstrieben,?Die in ihrer Fülle Drang?Ahneten schon Bulbuls lieben,?Seelerregenden Gesang.
Sollte jene Qual uns qu?len,?Da sie unsre Lust vermehrt??Hat nicht Myriaden Seelen?Timurs Herrschaft aufgezehrt?
Buch Suleika--1
Suleika Nameh: Buch Suleika
Ich gedachte in der Nacht,?Da? ich den Mond s?he im Schlaf,?Als ich aber erwachte,?Ging unvermutet die Sonne auf.
Einladung
Mu?t nicht vor dem Tage fliehn;?Denn der Tag, den du ereilest,?Ist nicht besser als der heutge:?Aber wenn du froh verweilest,?Wo ich mir die Welt beseitge,?Um die Welt an mich zu ziehen,?Bist du gleich mit mir geborgen:?Heut ist heute, morgen morgen.?Und, was folgt und was vergangen,?Rei?t nicht hin und bleibt nicht hangen,?Bleibe du, mein Allerliebstes,?Denn du bringst es und du gibst es.
Da? Suleika von Jussuf entzückt war,?Ist keine Kunst.?Er war jung, Jugend hat Gunst.?Er war sch?n; sie sagen: zum Entzücken,?Sch?n war sie, konnten einander beglücken.?Aber da? du, die so lange mir erharrt war,?Feurige Jugendblicke mir schickst,?Jetzt mich liebst, mich sp?ter beglückst,?Das sollen meine Lieder preisen,?Sollst mir ewig Suleika hei?en.
Da du nun Suleika hei?est,?Sollt ich auch benamset sein.?Wenn du deinen Geliebten preisest,?Hatem! das soll der Name sein.?Nur da? man mich daran erkennet,?Keine Anma?ung soll es sein:?Wer sich Sankt Georgenritter nennet,?Denkt nicht gleich Sankt Georg zu sein.?Nicht Hatem Thai, nicht der alles Gebende,?Kann ich in meiner Armut sein;?Hatem Zograi nicht, der reichlichst Lebende?Von allen Dichtern m?cht ich sein:?Aber beide doch im Auge zu haben,?Es wird nicht ganz verwerflich sein:?Zu nehmen, zu geben des Glückes Gaben,?Wird immer ein gro? Vergnügen sein.?Sich liebend aneinander zu laben,?Wird Paradieses Wonne sein.
Hatem
Nicht Gelegenheit macht Diebe?Sie ist selbst der gr??te Dieb;?Denn sie stahl den Rest der Liebe,?Die mir noch im Herzen blieb.
Dir hat sie ihn übergeben,?Meines Lebens Vollgewinn,?Da? ich nun verarmt, mein Leben?Nur von dir gew?rtig bin.
Doch ich fühle schon Erbarmen?Im Karfunkel deines Blicks?Und erfreu in deinen Armen?Mich erneuerten Geschicks.
Suleika
Hochbeglückt in deiner Liebe?Schelt ich nicht Gelegenheit,?Ward sie auch an dir zum Diebe.?Wie mich solch ein Raub erfreut!
Und wozu denn auch berauben??Gib dich mir aus freier Wahl,?Gar zu gerne m?cht ich glauben:?Ja, ich bin's, die dich bestahl.
Was so willig du gegeben,?Bringt dir herrlichen Gewinn;?Meine Ruh, mein reiches Leben?Geb ich freudig: nimm es hin!
Scherze nicht! Nichts von Verarmen!?Macht uns nicht die Liebe reich??Halt ich dich in meinen Armen,?Jedem Glück ist meines gleich.
Der Liebende wird nicht irre gehn
Der Liebende wird nicht irre gehn,?W?r's um ihn her auch noch so trübe.?Sollten Leila und Medschnun auferstehn,?Von mir erführen sie den Weg der Liebe.
Ists m?glich
Ists m?glich, da? ich, Liebchen, dich kose,?Vernehme der g?ttlichen Stimme Schall!?Unm?glich scheint immer die Rose,?Unbegreiflich die Nachtigall.
Suleika
Als ich auf dem Euphrat schiffte,?Streifte sich der goldne Ring?Fingerab in Wasserklüfte,?Den ich jüngst von dir empfing.
Also tr?umt ich; Morgenr?te?Blitzt ins Auge durch den Baum.?Sag, Poete, sag, Prophete,?Was bedeutet dieser Traum?
Hatem
Dies zu deuten, bin erb?tig!?Hab ich dir nicht oft erz?hlt,?Wie der Doge von Venedig?Mit dem Meere sich verm?hlt?
So von deinen Fingergliedern?Fiel der Ring dem Euphrat zu.?Ach, zu tausend Himmelsliedern?Sü?er Traum, begeisterst du!
Mich, der von den Indostanen?Streifte bis Damaskus hin,?Um mit neuen Karawanen?Bis ans Rote Meer zu ziehn,
Mich verm?hlst du deinem Flusse,?Der Terrasse, diesem Hain,?Hier soll bis zum letzten Kusse?Dir mein Geist gewidmet sein.
Suleika
Kenne wohl der M?nner Blicke,?Einer sagt:
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