West-oestlicher Divan | Page 6

Johann Wolfgang von Goethe
ist ein schlechter Spa?
Das Leben ist ein schlechter Spa?:?Dem fehlt's an Dies, dem fehlt's an Das,?Der will nicht wenig, der zu viel,?Und Kann und Glück kommt auch ins Spiel.?Und hat sich's Unglück drein gelegt,?Jeder, wie er nicht wollte, tr?gt.?Bis endlich Erben mit Behagen?Herrn Kannicht-Willnicht weiter tragen.
Das Leben ist ein G?nsespiel
Das Leben ist ein G?nsespiel:?Je mehr man vorw?rts gehet,?Je früher kommt man an das Ziel,?Wo niemand gerne stehet.
Man sagt, die G?nse w?ren dumm,?O, glaubt mir nicht den Leuten:?Denn eine sieht einmal sich 'rum,?Mich rückw?rts zu bedeuten.
Ganz anders ist's in dieser Welt,?Wo alles vorw?rts drücket:?Wenn einer stolpert oder f?llt,?Keine Seele rückw?rts blicket.
Die Jahre nahmen dir
"Die Jahre nahmen dir, du sagst, so vieles:?Die eigentliche Lust des Sinnespieles;?Erinnerung des allerliebsten Tandes?Von gestern, weit- und breiten Landes?Durchschweifen frommt nicht mehr; selbst nicht von oben?Der Ehren anerkannte Zier, das Loben,?Erfreulich sonst. Aus eignem Tun Behagen?Quillt nicht mehr auf, dir fehlt ein dreistes Wagen!?Nun wü?t ich nicht, was dir Besondres bliebe!"?Mir bleibt genug! Es bleibt Idee und Liebe!
Vor den Wissenden sich stellen
Vor den Wissenden sich stellen,?Sicher ist's in allen F?llen!?Wenn du lange dich gequ?let,?Wei? er gleich, wo dir es fehlet.?Auch auf Beifall darfst du hoffen;?Denn er wei?, wo du's getroffen.
Freigebiger wird betrogen
Freigebiger wird betrogen,?Geizhafter ausgesogen?Verst?ndiger irrgeleitet,?Vernünftiger leer geweitet,?Der Harte wird umgangen,?Der Gimpel wird gefangen.?Beherrsche diese Lüge,?Betrogener, betrüge!
Wer befehlen kann, wird loben
Wer befehlen kann, wird loben,?Und er wird auch wieder schelten,?Und das mu? dir, treuer Diener,?Eines wie das andre gelten.
Denn er lobt wohl das Geringe,?Schilt auch, wo er sollte loben:?Aber bleibst du guter Dinge,?Wird er dich zuletzt erproben.
Und so haltet's auch, ihr Hohen,?Gegen Gott wie der Geringe:?Tut und leidet, wie sich's findet,?Bleibt nur immer guter Dinge!
An Schah Sedschan und seinesgleichen
Durch allen Schall und Klang?Der Transoxanen?Erkühnt sich unser Sang?Auf deine Bahnen!?Uns ist für garnichts bang,?In dir lebendig,?Dein Leben daure lang,?Dein Reich best?ndig!
H?chste Gunst
Ungez?hmt, so wie ich war,?Hab ich einen Herrn gefunden?Und, gez?hmt nach manchem Jahr,?Eine Herrin auch gefunden.?Da sie Prüfung nicht gespart,?Haben sie mich treu gefunden?Und mit Sorgfalt mich bewahrt?Als den Schatz, den sie gefunden.?Niemand diente zweien Herrn,?Der dabei sein Glück gefunden:?Herr und Herrin sehn es gern,?Da? sie beide mich gefunden,?Und mir leuchtet Glück und Stern,?Da ich beide sie gefunden.
Ferdusi spricht
O Welt! wie schamlos und boshaft du bist!?Du n?hrst und erzieltest und t?test zugleich.
Nur wer von Allah begünstigt ist,?Der n?hrt sich, erzieht sich, lebendig und reich.
Was hei?t denn Reichtum?
Was hei?t denn Reichtum?--Eine w?rmende Sonne,?Genie?t sie der Bettler, wie wir sie genie?en!?Es m?ge doch keinen der Reichen verdrie?en?Des Bettlers im Eigensinn selige Wonne!
Dschelal-eddin Rumi spricht
Verweilst du in der Welt, sie flieht als Traum,?Du reisest, ein Geschick bestimmt den Raum;?Nicht Hitze, K?lte nicht vermagst du festzuhalten,?Und was dir blüht, sogleich wird es veralten.
Suleika spricht
Der Spiegel sagt mir: ich bin sch?n?Ihr sagt: zu altern, sei auch mein Geschick.?Vor Gott mu? alles ewig stehn;?In mir liebt ihn für diesen Augenblick!
Buch des Unmuts
Rendsch Nameh: Buch des Unmuts?Wo hast du das genommen?
"Wo hast du das genommen??Wie konnt es zu dir kommen??Wie aus dem Lebensplunder?Erwarbst du diesen Zunder,?Der Funken letzte Gluten?Von frischem zu ermuten?"
Euch m?g' es nicht bedünkeln,?Es sei gemeines Fünkeln:?Auf ungeme?ner Ferne,?Im Ozean der Sterne,?Mich hatt ich nicht verloren;?Ich war wie neu geboren.
Von wei?er Schafe Wogen?Die Hügel überzogen,?Umsorgt von ernsten Hirten,?Die gern und schmal bewirten,?So ruhig-liebe Leute,?Da? jeder mich erfreute.
In schauerlichen N?chten,?Bedrohet von Gefechten,?Das St?hnen der Kamele?Durchdrang das Ohr, die Seele,?Und derer, die sie führen,?Einbildung und Stolzieren.
Und immer ging es weiter?Und immer ward es breiter,?Und unser ganzes Ziehen,?Es schien ein ewig Fliehen.?Blau, hinter Wüst und Heere,?Der Streif erlogner Meere.
Keinen Reimer wird man finden
Keinen Reimer wird man finden,?Der sich nicht den besten hielte,?Keinen Fiedler, der nicht lieber?Eigne Melodien spielte.
Und ich konnte sie nicht tadeln;?Wenn wir andern Ehre geben,?Müssen wir uns selbst entadeln.?Lebt man denn, wenn andre leben?
Und so fand ich's denn auch juste?In gewissen Antichambern,?Wo man nicht zu sondern wu?te?M?usedreck von Koriandern.
Das Gewesne wollte hassen?Solche rüstge neue Besen,?Diese dann, nicht gelten lassen,?Was sonst Besen war gewesen.
Und wo sich die V?lker trennen,?Gegenseitig im Verachten,?Keins von beiden wird bekennen,?Da? sie nach demselben trachten.
Und das grobe Selbstempfinden?Haben Leute hart gescholten,?Die am wenigsten verwinden,?Wenn die andern was gegolten.
Befindet sich einer heiter und gut
Befindet sich einer heiter und gut,?Gleich will ihn der Nachbar peingen;?Solang der Tüchtige lebt und tut,?M?chten sie ihn gerne steingen.?Ist er hinterher aber tot,?Gleich sammeln sie gro?e Spenden,?Zu Ehren seiner Lebensnot?Ein Denkmal zu vollenden.?Doch ihren Vorteil sollte dann?Die Menge wohl ermessen:?Gescheiter w?r's, den guten Mann?Auf immerdar vergessen.
übermacht, ihr k?nnt es spüren
übermacht, ihr k?nnt es spüren,?Ist nicht aus der Welt zu bannen;?Mir gef?llt zu konvergieren?Mit Gescheiten, mit Tyrannen.
Da die dummen Eingeengten?Immerfort am st?rksten pochten,?Und die Halben, die Beschr?nkten?Gar zu gern uns unterjochten,
Hab ich mich für frei erkl?ret?Von den Narren, von den Weisen;?Diese bleiben ungest?ret,?Jene m?chten sich zerrei?en;
Denken, in Gewalt und Liebe?Mü?ten wir zuletzt uns gatten,?Machen mir die Sonne trübe?Und erhitzen mir den Schatten.
Hafis auch und Ulrich Hutten?Mu?ten ganz bestimmt sich rüsten?Gegen braun und blaue Kutten:?Meine gehn wie andre Christen.
"Aber nenn uns doch die Feinde!"?Niemand soll sie unterscheiden;?Denn ich hab
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