Weihnachtserzählungen | Page 8

Adolph Schwayer
er bezahlen, seiner stillen Frau kaufen, was sie sich heimlich oft gewünscht, und seine Kinder kleiden, schmuck und fein und sauber, wie er es l?ngst ersehnte. Und allen seinen eigenen Wünschen Erfüllung bieten. Dabei ging er aber oft über das gebotene Ma? vornehmen Sch?nheitssinnes hinaus und verletzte dadurch das zarte Feinheitsgefühl seines Weibes. Anfangs mit stillem L?cheln, bald aber mit Befremden und endlich mit heimlichem Kummer merkte Frau Herma, wie ihr sonst so bescheidener Mann immer mehr die unleidlichen Manieren eines Empork?mmlings annahm und ein Wesens machte, das der Wirklichkeit gar nicht entsprach. Da? sie fortan sorgenlos leben, da? sie sich dieses H?uschen bauen und sich frohgemut der Stunde hingeben konnten -- das war alles. Und das war viel, unendlich viel für Hermas seelenheitre Art; aber es war wenig in den Augen der Welt, die nur aufs Aeu?erliche sieht und nicht ahnen kann, wie unsagbar reich ein armes Menschenherz sein kann, tief drinnen in der Brust. Und Herma war reich gewesen von jeher und hielt auch Konrad, ihren bisher so schweigsamen Mann, für innerlich reich und seelentief. Und nun mu?te sie sehen, wie er protzte, wie er gro? tat vor allen Leuten. Das tat ihr weh. Und sogar der Zweifel bekam allgemach Gewalt über sie. Sie fragte sich, ob ihres Mannes Gemüt wirklich so schlicht sei und so tief bescheiden, als es ihr bisher schien und sie es liebte. Sollte es nur die Sorge, die Not kümmerlich ins Blühen gebracht haben? War das schwere Schweigen nur eine Hülle, die nichts verhüllte?
Heimlich wünschte sie oft, es w?re geblieben wie früher. Lieber ertragen und dulden, lieber sich beugen in Sorgen und Kümmernissen -- aber innerlich froh sein k?nnen, vertrauensstolz froh und stark in der Ueberzeugung, in sich einen Schatz zu tragen, den uns niemand rauben kann, in sich ein Feuer brennen zu wissen, das durch nichts auf dieser Welt ganz erl?schen und ganz erkalten kann: die Liebe zueinander und das gro?e tiefe herzbeglückende Vertrauen, das solcher Liebe entspringt. Und jetzt, wo alles Gute in ihnen sprie?en, alles Edle blühen konnte, wo sie aus dem Sumpfe kleinlicher gemeiner Alltagssorgen auf festes sicheres Land gerettet waren -- jetzt sollte sie erkennen müssen, da? ihres Mannes Gemüt seicht, seine Gesinnung oberfl?chlich sei? Auf wiederholte Bemerkungen, die an sein Feingefühl gerichtet waren, hatte er nur ein Lachen, das in seiner selbstsicheren Unbefangenheit Herma weher tat als etwa eine schroffe Abweisung. War er wirklich nur und noch immer glückberauscht oder stand ihr die herbste Entt?uschung ihres Lebens bevor? Sie wollte abwarten, eh sie zum offenen Kampfe überging oder -- still verzichtete.
Er aber lebte froh in den Tag hinein und ahnte wohl kaum, was seine Frau heimlich so tief bedrückte. Erst am Weihnachtsabend, als Herma in voller tiefer Stimmung in ihr Zimmer ging und erwartungsfroh jene Lade aufzog, wo sie den lange treu bewahrten Christbaumschmuck verbarg und er, rasch dazwischentretend, ihr verwehrte, den ?alten Tand? nochmals auf den Baum zu h?ngen, trübten ihm die ersten herben Tr?nen den Glanz seines jungen Glücks. Herma, sein feinfühliges Weib, weinte sie -- j?h und unbezwingbar. Er sah sie an wie vom Donner gerührt. Sie aber wischte sich die salzige Flut rasch von den Wangen, schob die Lade zu und ging von ihm weg -- still, wortlos, ohne ihn anzusehen. Ging hinüber, den gro?en hohen Tannenbaum zu schmücken mit den neuen glei?enden Sachen, die er heimgebracht hatte. Still verrichtete sie diese Arbeit an seiner Seite, unfroh, mit unlustschweren H?nden. Und wenn sich ihre Blicke begegneten, senkten sie sich rasch oder glitten aneinander vorbei wie an etwas Unliebem. Auch ihm ging nichts recht aus den H?nden und in seine Seele kam eine seltsame Unruhe, ein beklemmendes Mahnen und be?ngstigendes Dr?ngen -- die Vorboten der Reue.
Ueber all dem verging viel Zeit. Und darum w?hrte es heute so ungew?hnlich lange. Und mit den nun verp?nten lieben alten Dingen besch?ftigte sich unterdessen die hei?erregte Phantasie der Kinder. Seit Jahren kehrten sie geheimnisvoll immer wieder, gl?nzten und strahlten, glitzerten und funkelten aus dem Tannengrün und verschwanden nach dem Heiligendreik?nigtage ebenso geheimnisvoll wieder.
Wohin? Das Christkind habe sie wieder geholt, sagte die Mutter. Dem Christkind geh?ren sie ganz allein und dieses bringe sie immer in dasselbe Haus und verwechsle sie nie. Und je ?fter es dieselben Sachen den gleichen Kindern bringe, desto lieber habe es diese.
Und desto lieber gewannen sie auch die Kleinen. Mit heiliger Scheu sahen sie jedesmal zu dem funkelnden Stern empor, der immer hoch oben am Gipfel des Baumes prangte und sich oft seltsam leise bewegte, als wehe überirdischer Hauch um ihn her oder aus ihm heraus. Und darunter das Christkindlein mit dem Goldscheine um das blondgelockte Haupt. Es l?chelte und nickte grü?end herab; auf seinen lieblichen Wangen lag ein rosiger Schimmer, aus seinen gro?en Blauaugen kam ein Leuchten -- unfa?bar geheimnisvoll. Diese zwei Heiligtümer hatten die Kinder nie in der N?he geschaut, nie in den
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