Weihnachtserzählungen | Page 7

Adolph Schwayer
Ton und Geb?rde voll unversch?mter H?flichkeit:
?Danke verbindlichst!? Dabei zwirbelte er hastig den blonden Schnurrbart, so da? er fr?hlich-frech und herausfordernd vorstach.
Der andere, der, wie der wundersch?ne Durchzieher an seiner rechten Wange zeigte, just auch kein Kneifer war, mu?te wohl geahnt haben, was im Geiste und Empfinden seines glücklichen Gegners w?hrend dieser peinlichen Sekunden vorgehn mochte; denn er verneigte sich forsch und klirrte hervor:
?Bitte sehr!? Dann ging er.
?Ein lieber Kerl!? rief Theobald mit einem Gemisch von Spott und aufrichtiger Bewunderung, als der Mann drau?en war.
?Ja,? sagte Erna ernst darauf, ?er war immer streng ?korrekt?. Und leiser fügte sie hinzu. ?Fast mehr, als gut ist.?
?Mehr, als gut ist!? wiederholte Theobald. ?Um Gottes willen! Ein ganzes Leben an der Seite dieses Mannes, Erna, ein ganzes Leben!?
?Es w?r gewesen wie ein klarer wolkenloser Tag,? erwiderte sie ernst. ?Aber wie ein -- Wintertag. Du hast mir Sonne und W?rme gebracht, Theobald! Wie werden wir glücklich sein! So glücklich, wie -- deine Eltern waren ...?
Da nahm er sie, doppelt beseligt, in seine Arme.
Wieder ging die Tür auf. Schnell und erglühend l?ste sich Erna los und eilte auf die frohbetroffene Frau zu.
?Mutter!? rief sie leise; aber es klang ein Jubel in ihrer Stimme. ?Mutter! Liebe, liebe Mutter!?
Sie lie? sich vor der kleinen zarten Frau nieder und kü?te ihr glückfeuchten Auges die schmalen H?nde.
Abends waren sie alle drunten um den Christbaum versammelt, den Erna geschmückt hatte.
Alfred Bründherr hatte alles aufs beste eingerenkt. Man feierte abermals Verlobung. Der Vetter war so überaus ?korrekt?, zu diesem Feste nicht zu erscheinen. Aber er hinterlie? ein sch?nes Wort: er beglückwünsche Theobald, der sich sein Glück im Sturm erobert habe, und beglückwünsche Erna zu ihrer zweifellos sonnigen Zukunft. Was aber auch kommen m?ge -- sie k?nne ruhig sein: ihr Auserw?hlter werde aufrecht dastehn und sie zu schützen und zu schirmen wissen in jedem Lebenssturme.

Weihnachtszauber.
Ungew?hnlich lange dauerte es diesmal. Das ganze schmucke neue Haus duftete schon von Tannengrün und Wachskerzen und noch immer klang die Glocke nicht, das liebe silberhelle Gl?cklein, das nur einmal des Jahres erklingt, nur einmal ruft und jubelt: am Christabend.
Wieder und wieder glaubten sie's zu h?ren. Dann sprangen sie auf, lauschten und liefen vor die Tür. Entt?uscht kehrten sie zurück in das trauliche Halbdunkel ihres Zimmers und überlie?en sich wieder der drangvoll sü?en Ungeduld und froherregenden Erwartungsfreude. Und immer wieder ging die kindliche Phantasie, durchw?rmt von heller Herzenslust und durchschauert von ehrfürchtigen Empfindungen, ihre krausen Wege. Tastend jetzt und zaghaft an dunklen verschlossenen Türen vorbei -- jetzt j?h auffliegend ins Sonnenland des M?rchenhaften, einer aufgescheuchten Schar bunter V?glein gleich, die im Sonnenglanz verschwinden, als h?tt' sich ihnen überschnell eine unsichtbare Pforte aufgetan und rasch wieder geschlossen hinter den scheu Entflohenen.
Jetzt schlug die Uhr vom nahen Kirchturm die Stunde. Sie lauschten und z?hlten.
?Sechs Uhr schon!? rief Klein-Elli betroffen. ?Um die Zeit war das Christkind immer schon da bei uns.?
?Ja, mein Gott,? meinte altklug der fast achtj?hrige Otto, der Aelteste, ?jetzt, wo wir da herau?en wohnen, wird's wohl noch sp?ter.?
?Ja?, hauchte Elli und ihre Augen wurden gro? dabei.
Und Norbert, der jüngste, lie? sein Spielzeug fallen, starrte die beiden Gr??eren schier angstvoll an und sagte traurig: ?Noch sp?ter.?
Alle drei sehnten sich in dieser Stunde zurück in die enge, aber trauliche Wohnung drinnen in dem gro?en Stadthause, hoch droben im letzten Stockwerk. Erst als Otto daran erinnerte, da? der Vater nie so heiter war wie jetzt, wo sie hier wohnten in den sch?nen R?umen des kleinen eigenen Hauses -- erst dann vers?hnten sich die kleinen Zürnenden wieder mit dem neuen Heim, wo noch alles, neu und vornehm, sie anrief. ?Rühr mich nicht an! Streif nicht an mich an! Sto? mich nicht ab!? Und scheu wichen sie all dem unvertrauten Neuen und Fremden aus und gingen im Kreise um die Ecken. -- Wie war's doch drinnen in der Stadt anders inmitten der lieben alten M?bel, die sie alle kannten und die ihnen allerlei zu erz?hlen wu?ten aus der geheimnisvollen Morgend?mmerung ihres Daseins. Freilich, der Vater kam dort oft mit trüben Mienen heim und ging stumm in sein K?mmerlein. Dann wanderte die Mutter still von der Küche ins Zimmer und ruhelos wieder zurück. Sie sah, was die Kleinen nicht sahen, aber in ihren reinen Herzen dunkel ahnten: da? an ihres Mannes Seite eine graue Gestalt herangeschlichen war und ihre dürre Hand, ach! so vertraut auf seine Schultern legte -- die dürre kleine Hand, die so schwer wiegen und so unerbittlich Lebensglanz und Freudenschimmer verwischen kann wie ein feuchter Schwamm die Schriftzüge auf einer Tafel: die Hand der Frau Sorge. Und sie wu?te auch, was die Kinder nicht ahnten und ahnen sollten: da? oft an ihrer bescheidenen Heimstatt Tür der Frau Sorge ungestümere Schwester pochte: die Not.
Ein Glücksfall brachte mit einem Male Sonnenglanz in das nebelumflorte Sorgenleben des kleinen kindergesegneten Beamten. Schier bet?ubt war er von der Gr??e und Pl?tzlichkeit dieses Glücks. All die drückenden Schulden konnte
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