Weh dem, der Lügt! | Page 7

Franz Grillparzer
Ich aber will nicht.
Kattwald. Ei, man wird dich zwingen.
Leon. Mich zwingen? Ihr? Wenn Ihr nicht drei?ig zahlt, Lauf ich beim ersten Anla? Euch davon.
Kattwald. Versuch es!
Leon. Stürze mich vom h?chsten Giebel.
Kattwald. Man bindet dich.
Leon. Versalz Euch alle Brühen.
Kattwald. Halt ein, verwegner Bursch!--Nu, fünfundzwanzig. Mit fünfundzwanzig Pfund--
Leon. Herr, drei?ig, drei?ig. Es geht um meine Ehre.
Kattwald. Sollt sie haben. Geht in mein Haus, la?t Euch das Geld bezahlen. Ich kann nicht mehr. Der ?rger bringt mich um.
Pilger. So soll ich denn--?
Leon. Geht hin, holt Euern Lohn!
Pilger. Ihr aber bleibt?
Leon. Ich bleibe hier, mit Gott.
Pilger. Nun, er behüt' Euch, wie er Euch versteht. (Pilger geht.)
Kattwald (der sich gesetzt hat). Nun bist du mein, nun k?nnt' ich dir vergelten, Was du gefrevelt erst mit keckem Wort.
Leon. Wenn Ihr schon wollt, tut's bald; denn, wie gesagt, Ich lauf davon.
Kattwald (aufspringend). Da? dich!--Und doch, 's ist t?richt. Schau, hier entkommst du nicht. Ich lache drob. Wei?t du, wie's einem Burschen jüngst erging, Der uns entspringen wollte? einem von den Geiseln Jenseits des Rheins.
Leon. Ach, Herr!
Kattwald. Man fing ihn wieder, Und--
Leon. Und?
Kattwald. An einem Baumstamm festgebunden, Ward seine Brust ein Ziel für unsre Pfeile.
Leon. Ein Franke, Herr? Ein fr?nk'scher Geisel?
Kattwald. Wohl. Der Neffe--
Leon. Neffe?
Kattwald. Von des K?nigs K?mmrer Klotar.
Leon (aufatmend). Verzeih mir meine Sünde! Ich kann nur sagen: Gott sei Dank!
Kattwald. Doch bist du klug; du wirst es nicht versuchen. Sieh nur, das wei? ich, sprich auch, was du willst. Am Ende wirst du finden, da? dir's wohlgeht, Und lust'ge Leute kennen ihren Vorteil, Nur Gr?mlichen wird's ewig nirgends wohl. Auch mag ich dir den kecken Ton erlauben, Wenn wir allein sind; doch vor Leuten, Bursche--
Leon. Husch, husch!
Kattwald (zusammenfahrend). Was ist?
Leon. Dort lief ein Marder, Gerad ins Hühnerhaus.
Kattwald. Da? dich die Pest! Nun hab ich's satt. Die Peitsche soll dich lehren.
Leon (singt).
Trifft die Peitsche den Koch, So r?cht er sich doch, Mag die Peitsche auch kochen, Solang er im Loch.
Kattwald. Sing nicht!
(Leon pfeift die vorige Melodie.)
Und pfeif auch nicht!
Leon. Was sonst denn?
Kattwald. Reden.
Leon. Nun also: Euer Drohen acht ich nicht. Ihr k?nnt mich plagen; ei, ich plag Euch wieder. Ihr la?t mich hungern, ich la? Euch desgleichen; Denn Euer Magen ist mein Untertan, Mein untergebner Knecht von heute an, Wir stehn als Gleiche gleich uns gegenüber. Drum la?t uns Frieden machen, wenn Ihr wollt. Ich bleib bei Euch, solang es mir gef?llt, Bin Euer Koch, solang ich mag und will. Mag ich nicht mehr, gef?llt's mir fürder nicht, So geh ich fort, und all Eu'r Drohn und Toben Soll mich nicht halten, bringt mich nicht zurück. Ist's Euch so recht, so gebt mir Eure Hand.
Kattwald. Die Hand! Was glaubst du denn?
Leon. Ihr fallt schon wieder In Euern alten Ton.--He, Knechte, ho! Kommt her und bindet mich! Bringt Stricke, Pfl?cke! Sonst geh ich fort, fast eh' ich dagewesen. He, holla, ho!
Kattwald. So schweig nur, toller Bursch! Hier hast du meine Hand, auf da? du bleibst--
Leon. Und fortgeh, wenn--
Kattwald. Du kannst. Und wenn du willst, Setz ich hinzu und wei? wohl, was ich sage. Besorgst du mir den Tisch, wie ich es mag, So soll dir Kattwalds Haus wohl noch gefallen. Und nun geh an dein Amt und zeig mir Proben Von dem, was du vermagst.
Leon. Wo ist die Küche?
Kattwald. Nun, dort.
Leon. Das Hundest?llchen? Ei, Gott walt's! Das hat nicht Raum, nicht Fug, nicht Schick.
Kattwald. Nu, nu! Begnüg dich nur für jetzt, man wird ja sehn. Was gibst du heute mittags?
Leon. Heute mittags? (Ihn ver?chtlich messend.) Rehbraten etwa.
Kattwald. Gut.
Leon. Ged?mpftes.--Aber nein.
Kattwald (eifrig). Warum nicht?
Leon. Ihr mü?t erst essen lernen, Erst nach und nach den Gaum, die Zunge bilden, Bis Ihr des Bessern wert seid meiner Kunst. Für heute bleibt's beim Braten, und aufs h?chste-- Wir wollen sehn.
Kattwald. Nun sieh nur, sieh!
Leon (rufend). Nun Holz Und Fett und Mehl und Würze! Tragt zusammen, Was Hof und Haus vermag. He, Knechte, M?gde!
(Diener sind gekommen.)
Du feg den Estrich! Du bring Holz herbei! Ist das Ger?t? Habt Ihr nicht sch?rfte Messer? Das Fleisch mag angehn. Pfui, was trockne Rüben! (Er wirft sie weit weg.) Der Pfeffer stumpf. (Er schüttet ihn auf den Boden.) Was knaupelst du da 'rum? Du T?lpel, willst du gehn? (Er jagt ihn mit einem Fu?tritt aus der Küche.) Verfluchtes Volk! (Er nimmt einem die Schürze und bindet sie um.) Hat man nicht seine Not mit all den Tieren?
Edrita (kommt). Was ist denn hier für L?rm?
Kattwald. Pst, pst! Der neue Koch.
Edrita. Für den Ihr so viel Geld--?
Kattwald. Ja wohl. Sei still! Er weist uns sonst noch beide vor die Tür.
Edrita. Doch wer erlaubt ihm, so zu l?rmen?
Kattwald. Je! Ein Künstler, Kind! Ein gro?er Mann, dem's rappelt. Man mu? das Volk wohl dulden, will man's brauchen. Ich schleiche fort; bleib du mal da und schau, Ob du was absehn kannst. Doch st?r ihn nicht. H?rst du? Nur still! Und mittags in der Halle. (Er geht.)
(Leon besch?ftigt sich in der Küche. Edrita
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