Was ihr wollt | Page 7

William Shakespeare
eine
sonderbare Ähnlichkeit zwischen ihr und mir finden wollte, doch von
vielen für schön gehalten wurde; und wenn ich gleich über diesen
Punkt nicht zu leichtgläubig seyn möchte, so darf ich hingegen
kühnlich von ihr behaupten, daß sie ein Gemüthe hatte, das der Neid
selbst nicht anders als schön nennen könnte: Nun ist sie ertrunken,
mein Herr, und ihr Andenken preßt mir Thränen aus, die ich nicht
zurükhalten kan.

Antonio. Vergebet mir, mein Herr, daß ihr nicht besser bedient worden
seyd.
Sebastiano. O mein allzugütiger Antonio; vergebet mir die Unruhe die
ich euch gemacht habe.
Antonio. Wenn ihr mich für meinen guten Willen nicht ermorden wollt,
so laßt mich euer Diener seyn.
Sebastiano. Wenn ihr eure Wohlthat nicht wieder vernichten, und ein
Leben wieder nehmen wollt, das ihr erhalten habt, so muthet mir das
nicht zu. Lebt wohl auf immer; mein Herz ist zu sehr gerührt, als daß
ich mehr sagen könnte; meine Augen reden für mich--Ich muß an des
Herzogs Orsino Hof; Lebet wohl.
(Er geht ab.)
Antonio. Die Huld aller Götter begleite dich! Ich habe mir Feinde an
Orsino's Hofe gemacht, sonst solltest du mich dort bald in deinem
Wege finden: Und doch, es entstehe daraus was immer will, ich liebe
dich so sehr daß mich keine Gefahr abschreken kan; ich will gehen.
(Geht ab.)

Zweyte Scene. (Malvolio trift Viola, in ihrer Verkleidung als Cäsario
an, und richtet den Auftrag bey ihr aus, den ihm Olivia vorhin gegeben,
und da Viola den Ring nicht annehmen will, wirft er ihn endlich vor
ihre Füsse und geht ab.)
Viola (allein.) Ich ließ keinen Ring bey ihr ligen; was meynt diese
Dame damit? Das Unglük wird doch nicht wollen, daß ihr meine
Gestalt in dieser Verkleidung gefährlich gewesen! Sie schien mich mit
günstigen Augen anzusehen, in der That, so sehr, daß ihre Augen ihre
Zunge verhext und gelähmt zu haben schienen; denn sie sprach sehr
zerstreut und ohne Zusammenhang--Sie liebt mich, so ist es; und der
Auftrag den sie diesem plumpen Abgesandten gemacht, ist ein
Kunstgriff, mir ihre Liebe auf eine feine Art zu erkennen zu geben--Sie

will keinen Ring von meinem Herrn; wie? er schikte ihr ja keinen; ich
bin der Mann--Wenn es so ist, (und es ist so) das arme Fräulein! so wär
es noch besser für sie, in ein blosses Phantom verliebt zu seyn.
Verkleidungen sind, wie ich sehe, eine Gelegenheit, deren Satan sich
wol zu bedienen weiß. Wie wenig es braucht, um in ein wächsernes
Weiber-Herz Eindruk zu machen! Himmel! daran hat unsre
Gebrechlichkeit Schuld, nicht wir; wenn wir so gemacht sind, was
können wir dafür, daß wir so sind?--Aber wie wird sich das zusammen
schiken? Mein Herr liebt sie aufs äusserste; ich, arme Mißgestalt, bin
eben so stark von ihm bethört; und sie, durch den Schein betrogen,
seufzt um mich. Was wird aus diesem allem werden? In so fern ich ein
Mann bin, könnte meine Liebe zu Orsino in keinem verzweifeltern
Zustand seyn; in so fern ich ein Mädchen bin, wie viele vergebliche
Seufzer wird die arme Olivia aushauchen! Hier ist lauter Hoffnunglose
Liebe, auf allen Seiten. O Zeit, du must diß entwikeln, nicht ich; es ist
ein Knoten, der zu hart verschlungen ist, als daß ich ihn auflösen
könnte.
(Sie geht ab.)

Dritte Scene. (Verwandelt sich in Olivias Haus.) (Sir Tobias und Sir
Andreas, nebst dem Narren.)

Vierte Scene. (Maria, und endlich auch Malvolio zu den Vorigen.)
(Diese beyden Zwischen-Scenen sind der Übersezung unwürdig, und
eines Aufzugs unfähig.)

Fünfte Scene. (Verwandelt sich in den Pallast.) (Der Herzog, Viola,
Curio, und andre.)
Herzog. Macht mir ein wenig Musik; nun guten Morgen, meine
Freunde: Wie, mein wakrer Cäsario, in der That, das Stükchen, das alte
ehrliche Gassen-Liedchen, das wir lezte Nacht hörten, machte mir
leichter ums Herz als diese flüchtigen Läuffe, diese studierten Säze

einer rauschenden und schwindlicht sich im Kreise herumdrehenden
Symphonie--Kommt, nur eine Strophe--
Curio. Gnädigster Herr, es ist niemand da, der es singen könnte.
Herzog. Wer sang es denn gestern?
Curio. Fest, der Pikelhäring, der Narr, mit dem der Gräfin Olivia Vater
soviel Kurzweil hatte. Er ist ausgegangen.
Herzog. Sucht ihn auf, und spielt indessen die Melodie. Komm hieher,
Junge: wenn du jemals erfahren wirst was Liebe ist, so denk' in ihren
süssen Beklemmungen an mich; so wie ich bin, sind alle Liebhaber:
unstät und launisch in allen andern Vorstellungen, als allein in dem
Bilde des Geliebten, das immer vor ihren Augen schwebt--wie gefällt
dir dieser Ton?
Viola. Er giebt ein wahres Echo von dem Siz, wo die Liebe thront.
Herzog. Du sprichst meisterlich. Ich seze mein Leben dran, dein Herz
ist nicht so unerfahren als du jung bist; du hast geliebt, nicht wahr,
Junge?
Viola. Ein wenig, Gnädigster Herr.
Herzog. Von was für einer Gattung Weibsbilder ist sie?
Viola. Sie sieht Eu. Gnaden gleich.
Herzog. So ist sie deiner nicht werth. Wie
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