mehr nicht als nur belohnt werden, und wenn ihr zur
Schönsten unter allen Schönen des Erdbodens gekrönt worden wäret.
Olivia. Wie liebt er mich dann?
Viola. Mit einer Liebe, die bis zur Abgötterey geht, mit immer
fliessenden Thränen, mit liebe-donnerndem Ächzen und Seufzern von
Feuer.
Olivia. Euer Herr weiß meine Gesinnung schon, er weiß daß ich ihn
nicht lieben kan. Ich zweifle nicht daß er tugendhaft, und ich weiß daß
er edel, von grossem Vermögen, von frischer und unverderbter Jugend
ist; er hat den allgemeinen Beyfall vor sich, und ist reizend von Gestalt;
aber ich kan ihn nicht lieben; ich hab es ihm schon gesagt, und er hätte
sich meine Antwort auf diesen neuen Antrag selbst geben können.
Viola. Wenn ich euch liebte wie mein Herr, mit einer so quälenden, so
verzehrenden Liebe, so würd' ich mich durch eine solche Antwort nicht
abweisen lassen; ich würde gar keinen Sinn in ihr finden.
Olivia. Wie, was thätet ihr denn?
Viola. Ich würde Tag und Nacht vor eurer Thüre ligen, und so lange
hinein ruffen bis mir der Athem ausgienge: ich würde klägliche Elegien
über meine unglükliche Liebe machen, und sie selbst in der Todesstille
der Nacht laut vor euerm Fenster singen; euern Namen den
zurükschlagenden Hügeln entgegen ruffen, und die schwazhafte
Gevatterin der Luft
(die Echo)
an Olivia sich heiser schreyen machen! O ich wolte euch nirgends Ruhe
lassen, bis ihr Mitleiden mit mir hättet.
Olivia. Ihr könntet es vielleicht weit genug bringen. Was ist euer
Stand?
Viola. Über meine Glüks-Umstände, doch bin ich zufrieden; ich bin ein
Edelmann.
Olivia. Kehrt zu euerm Herrn zurük; ich kan ihn nicht lieben; er soll
mich mit seinen Gesandtschaften verschonen; ausser ihr wolltet noch
einmal zu mir kommen, um mir zu sagen, wie er meine Erklärung
aufgenommen hat; lebt wohl; ich dank' euch für eure Mühe: nemmt diß
zu meinem Andenken--
Viola. Ich bin kein Bote der sich bezahlen läßt; Gnädiges Fräulein,
behaltet euern Beutel: Mein Herr, nicht ich, bedarf eurer Gütigkeit.
Möchte sein Herz von Kieselstein seyn, und ihr so heftig in ihn verliebt
werden, als er's ist, damit ihr die ganze Qual einer verschmähten Liebe
fühltet! Lebt wohl, schöne Unbarmherzige!
(Sie geht ab.)
Olivia (allein.) Was ist euer Stand? Über meine Glüks-Umstände, doch
bin ich zufrieden; ich bin ein Edelmann--Ich wollte schwören daß du es
bist! Deine Sprache, dein Gesicht, deine Gestalt, deine Gebehrden und
dein Geist machen eine fünffache Ahnen-Probe für dich--nicht zu
hastig--sachte! Sachte!--Es müßte dann bestimmt seyn--wie, was für
Gedanken sind das? Kan man so plözlich angestekt werden? Es ist mir
nicht anders, als fühlt' ich die Annehmlichkeiten dieses jungen
Menschen, mit unsichtbarem leisem Tritt zu meinen Augen
hineinkriechen. Gut, laßt es gehn--He, Malvolio! -- (Malvolio tritt auf.)
Malvolio. Hier, Gnädige Frau, zu euerm Befehl.
Olivia. Lauffe diesem nemlichen wunderlichen Abgesandten, des
Herzogs seinem Diener, nach; er ließ diesen Ring zurük, ich wollte
oder wollte nicht; sag ihm, ich woll' ihn schlechterdings nicht. Ersuch
ihn, seinem Herrn nicht zu schmeicheln, und ihn nicht mit falschen
Hoffnungen aufzuziehen; ich sey nicht für ihn: wenn der junge Mensch
morgen dieser Wege kommt, will ich ihm Ursachen dafür geben. Eile,
Malvolio. (Malvolio geht ab.)
Olivia. Ich thue etwas, und weiß selbst nicht was; ich besorge, ich
besorge, meine Augen haben mein Herz überrascht! Schiksal, zeige
deine Macht: Wir sind nicht Herren über uns selbst; was beschlossen ist,
muß seyn, und so sey es dann!
(Sie geht ab.)
Zweyter Aufzug.
Erste Scene. (Die Strasse.) (Antonio und Sebastiano treten auf.)
Antonio. Ihr wollt also nicht länger bleiben? Und ihr wollt auch nicht
erlauben, daß ich mit euch gehe?
Sebastiano. Nein, verzeiht mir's; meine Sterne scheinen dunkel über
mir; der mißgünstige Einfluß meines Schiksals möchte auch das eurige
ansteken; erlaubt mir also, daß ich mich von euch beurlaube, um mein
Unglük allein zu tragen. Es würde eine schlechte Belohnung für eure
Freundschaft seyn, wenn ich euch auch nur den kleinsten Theil davon
auflegen wollte.
Antonio. Laßt mich wenigstens nur wissen, wohin ihr gehen wollt.
Sebastiano. Meine Reise ist in der That nichts anders, mein Herr, als
ein wunderlicher Einfall, ohne besondere Absicht--Doch diese edle
Bescheidenheit, womit ihr euch zurükhaltet, mir abzunöthigen, was ich,
wie ihr merket, gerne bey mir behalten wollte, verbindet mich, von
selbst näher gegen euch heraus zu gehen. Wisset also, Antonio, daß
mein Name Sebastiano und nicht Rodrigo ist, wie ich vorgab; mein
Vater war dieser Sebastiano von Messaline, von dem ihr ohne Zweifel
gehört haben müßt. Er hat mich mit einer Schwester hinterlassen, die in
der nemlichen Stunde mit mir gebohren worden; möcht' es dem
Himmel gefallen haben, daß wir auch ein solches Ende genommen
hätten. Aber ihr, mein Herr, verhindertet das; denn ungefehr eine
Stunde, eh ihr mich aus dem Schiffbruch aufnahmet, war meine
Schwester ertrunken.
Antonio. Ich bedaur' euch von Herzen.
Sebastiano. Eine junge Dame, mein Herr, welche, ob man gleich
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