und niedergedrückt
daherkam.
Die Goldäpfelbäuerin hatte eben Ärger gehabt. Die junge Magd, die
trotzig neben ihr an dem Gemüsebeet stand, hatte ihr alle jungen
Setzlinge weggeschwemmt. Es war ihr zu mühsam vorgekommen, den
zarten Pflänzchen sorgfältig, jedem einzeln mit der Gießkanne Wasser
zu geben, wie die Bäuerin ihr befohlen hatte. Mit dem großen Kübel
hatte sie den ganzen Wasserguß über das Beet geschüttet. In der
Bäuerin kochte der Zorn auf wie heiße Milch, die überlaufen will, als
sie die Zerstörung sah. Da kam das Trini hergelaufen. "Guten Abend!"
rief es noch außer Atem, "seht die schönen Beeren. Es sind die letzten,
wollen Sie sie?"
"Ich brauche nichts", rief die Bäuerin zornig. "Mach, daß du
fortkommst, ich habe keine Zeit für dich." "Wenn Sie sie nur ansehen
wollten, sie würden ihnen gefallen", meinte das Trini. "Habe ich dir
nicht gesagt, daß ich nichts will? Mach, daß du gehst", wiederholte die
Frau. Aber das Trini blieb immer noch stehen. Es dachte: Wenn die
Bäuerin nur Zeit hätte, die Beeren anzusehen, dann würde ihr schon die
Lust kommen, sie zu behalten.
Jetzt aber kochte es über in der Bäuerin, denn ihr Zorn hatte schon
lange einen Ausweg gesucht. Daß sie ihn nicht an der trotzigen Magd
ausließ, dafür mochte die Frau ihre Gründe haben.
"Hast du Harz an den Sohlen?" rief sie grimmig, "oder guckst du nach
den reifen Äpfeln aus, damit du weißt, welchen Baum ihr zuerst wieder
schütteln wollt, wie ihr es immer macht, du und das andere
Lumpenvolk?"
Das konnte aber das Trini nicht auf sich sitzen lassen, so etwas hatte es
nie getan.
"Ich habe nie, nie die Bäume geschüttelt und nicht einen einzigen
Apfel..."
"Du wirst nicht besser sein als alle anderen!" unterbrach die Bäuerin.
"Ich will kein Wort mehr hören, dort geht's hinaus!"
Damit erhob die Frau so rasch und drohend ihren Arm, daß es dem
Trini nicht mehr sicher zumute war. Es rannte aus dem Garten und um
die Hecke herum. Aber hier konnte es nicht mehr weiter. Auch sein
Blut war wegen der ungerechten Anschuldigung in Wallung geraten. Es
setzte sich auf den Boden hin, es mußte sich Luft machen.
"Nein, das habe ich nicht getan", rief es aufgeregt. "Ich habe nie die
Äpfelbäume geschüttelt, nie! Aber die Bäuerin ist nur ein Besen, ja, sie
ist nur ein Besen, das hat die Großmutter gesagt, und der liebe Gott will
nur etwas herausfegen mit ihr. Aber ich habe gar nichts gemacht, ich
habe nichts Böses getan." Hier hielt das Trini auf einmal inne. Denn
plötzlich stieg die Frage in ihm auf, was denn wohl der liebe Gott habe
ausfegen wollen in seinem Herzen, wenn es doch nichts Unrechtes
getan hatte. Nun wurde das Trini ganz still und nachdenklich. Nach
einer Weile stand es langsam auf. Es sah gar nicht mehr aufgebracht
aus. Halblaut sagte es noch: "Ja, es ist wahr, das war doch nicht recht."
Dem Trini war beim Nachdenken auf einmal eingefallen, daß es heute
wieder mehrmals das Maneli auf die Seite gestoßen und sich schnell
über die Beeren hergemacht hatte, die das Maneli auch gern
eingesammelt hätte. Es war aber immer still auf die Seite gewichen, das
Trini war ja viel stärker und flinker. So leistete ihm das Maneli niemals
Widerstand.
Nun wollte das Trini sein Unrecht wieder gutmachen und dem Maneli
schnell noch ein wenig von seinen Beeren abtreten. Es lief immer
eiliger, aber nicht bergan, der Wohnung der Großmutter zu, sondern
querfeldein eine ganze Strecke weit. Bei einem elenden, kleinen
Häuschen, an dem die alten Fensterscheiben halb oder ganz zerbrochen
und mit Papier verklebt waren, blieb es stehen und holte ein wenig
Atem. Es war jetzt dunkel geworden. Durch die zerbrochenen Scheiben
schimmerte ein dünnes Lichtlein. Auf einmal hörte das Trini ein leises
Schluchzen ganz in seiner Nähe. Es schaute sich um. Auf einem
Holzblock vor dem Häuschen saß ganz unbeweglich eine kleine Gestalt,
den Kopf auf die Arme gelegt. Trini trat hinzu.
"Was hast du, Maneli?" fragte es erstaunt, als es die kleine Gestalt
erkannt hatte, "warum weinst du so?"
Das Maneli hob den Kopf und sah so traurig aus, wie Trini es noch nie
gesehen hatte.
"Ich darf nicht hinein", sagte es schluchzend, "die Mutter ist krank und
schon zu Mittag hatten wir fast nichts mehr zu essen. Dann sagte sie,
für den Abend bringe ich, will's Gott, etwas heim, wenn ich in die
Beeren gehe und sie dann gleich ins Wirtshaus trage. Ich würde dann
ein Schwarzbrot mitbringen, meinte die Mutter. Aber sieh, Trini, nur
die habe ich." Damit hob das Maneli seinen Kratten in die Höhe und
Trini guckte hinein. Es war fast gar nichts darin, kaum der Boden des
Korbes war bedeckt. Das Trini fühlte seinen schweren Kratten am Arm.
Es war ihm, als werde er immer schwerer und drücke es nicht nur am
Arm, sondern auch auf dem Herzen.
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