Notwendigkeit.
Nicht ohne Schauder greift des
Menschen Hand
In des Geschicks geheimnisvolle Urne.
In meiner
Brust war meine Tat noch mein:
Einmal entlassen aus dem sichern
Winkel
Des Herzens, ihrem mütterlichen Boden,
Hinausgegeben in
des Lebens Fremde,
Gehört sie jenen tück'schen Mächten an,
Die
keines Menschen Kunst vertraulich macht.
(Er macht heftige Schritte
durchs Zimmer, dann bleibt er wieder sinnend stehen.)
Und was ist dein Beginnen? Hast du dir's
Auch redlich selbst bekannt?
Du willst die Macht,
Die ruhig, sicher thronende erschüttern,
Die in
verjährt geheiligtem Besitz,
In der Gewohnheit festgegründet ruht,
Die an der Völker frommem Kinderglauben
Mit tausend zähen
Wurzeln sich befestigt.
Das wird kein Kampf der Kraft sein mit der
Kraft,
Den fücht ich nicht. Mit jedem Gegner wag ich's,
Den ich
kann sehen und ins Augen fassen,
Der, selbst voll Mut, auch mir den
Mut entflammt.
Ein unsichtbarer Feind ist's, den ich fürchte,
Der in
der Menschen Brust mir widersteht,
Durch feige Furcht allein mir
fürchterlich--
Nicht, was lebendig kraftvoll sich verkündigt,
Ist das
gefährlich Furchtbare. Das ganz
Gemeine ist's, das ewig Gestrige,
Was immer war, und immer wiederkehrt
Und morgen gilt, weil's
heute hat gegolten!
Denn aus Gemeinem ist der Mensch gemacht,
Und die Gewohnheit nennt er seine Amme.
Weh dem, der an den
würdig alten Hausrat
Ihm rührt, das teure Erbstück seiner Ahnen!
Das Jahr übt eine heiligende Kraft;
Was grau für Alter ist, das ist ihm
göttlich.
Sei im Besitze, und du wohnst im Recht,
Und heilig wird's
die Menge die bewahren.
(Zu dem Pagen, der hereintritt.)
Der schwed'sche Oberst? Ist er's? Nun, er komme.
(Page geht.
Wallenstein hat den Blick nachdenkend auf die
Türe geheftet.)
Noch ist sie rein--noch! Das Verbrechen kam
Nicht über diese
Schwelle noch--So schma ist
Die Grenze, die zwei Lebenspfade
scheidet!
Fünfter Auftritt
Wallenstein und Wrangel.
Wallenstein. (nachdem er einen forschenden Blick auf ihn geheftet)
Ihr nennt Euch Wrangel?
Wrangel.
Gustav Wrangel, Oberst
Vom blauen Regimente Südermannland.
Wallenstein.
Ein Wrangel war's, der vor Stralsund viel Böses
Mir zugefügt, durch
tapfre Gegenwehr
Schuld war, daß mir die Seestadt widerstanden.
Wrangel.
Das Werk des Elements, mit dem Sie kämpften,
Nicht mein
Verdienst, Herr Herzog! Seine Freiheit
Verteidigte mit Sturmes
Macht der Belt,
Es sollte Meer und Land nicht einem dienen.
Wallenstein.
Den Admiralshut rißt Ihr mir vom Haupt.
Wrangel.
Ich komme, eine Krone drauf zu setzen.
Wallenstein. (winkt ihm, Platz zu nehmen, setzt sich).
Euer Kreditiv. Kommt Ihr mit ganzer Vollmacht?
Wrangel. (bedenklich)
Es sind so manche Zweifel noch zu lösen--
Wallenstein. (nachdem er gelesen)
Der Brief hat Händ' und Füß'. Es ist ein klug,
Verständig Haupt, Herr
Wrangel, dem Ihr dienet.
Es schreibt der Kanzler: er vollziehe nur
Den eignen Einfall des verstorbnen Königs,
Indem er mir zur
böhm'schen Kron' verhelfe.
Wrangel.
Er sagt, was wahr ist. Der Hochselige
Hat immer groß gedacht von
Euer Gnaden
Fürtrefflichem Verstand und Feldherrngaben,
Und
stets der Herrschverständigste, beliebt' ihm
Zu sagen, sollte Herrscher
sein und König.
Wallenstein.
Er durft' es sagen.
(Seine Hand vertraulich fassend.)
Aufrichtig, Oberst Wrangel--Ich war stets
Im Herzen auch gut
schwedisch--Ei, das habt ihr
In Schlesien erfahren und bei Nürnberg.
Ich hatt' euch oft in meiner Macht und ließ
Durch eine Hintertür
euch stets entwischen.
Das ist's, was sie in Wien mir nicht verzeihn,
Was jetzt zu diesem Schritt mich treibt--Und weil
Nun unser
Vorteil so zusammengeht,
So laßt uns zu einander auch ein recht
Vertrauen fassen.
Wrangel.
Das Vertraun wird kommen,
Hat jeder nur erst seine Sicherheit.
Wallenstein.
Der Kanzler, merk ich, traut mir noch nicht recht.
Ja, ich gesteh's--Es
liegt das Spiel nicht ganz
Zu meinem Vorteil--Seine Würden meint,
Wenn ich dem Kaiser, der mein Herr ist, so
Mitspielen kann, ich
könn' das gleiche tun
Am Feinde, und das eine wäre mir
Noch eher
zu verzeihen als das andre.
Ist das nicht Eure Meinung auch, Herr
Wrangel?
Wrangel.
Ich hab hier bloß ein Amt und keine Meinung.
Wallenstein.
Der Kaiser hat mich bis zum Äußersten
Gebracht. Ich kann ihm nicht
mehr ehrlich dienen.
Zu meiner Sicherheit, aus Notwehr tu ich
Den
harten Schritt, den mein Bewußtsein tadelt.
Wrangel.
Ich glaub's. So weit geht niemand, der nicht muß.
(Nach einer Pause.)
Was Eure Fürstlichkeit bewegen mag,
Also zu tun an ihrem Herrn
und Kaiser,
Gebührt nicht uns zu richten und zu deuten.
Der
Schwede ficht für seine gute Sach'
Mit seinem guten Degen und
Gewissen.
Die Konkurrenz ist, die Gelegenheit
Zu unsrer Gunst, im
Krieg gilt jeder Vorteil,
Wir nehmen unbedenklich, was sich bietet;
Und wenn sich alles richtig so verhält--
Wallenstein.
Woran denn zweifelt man? An meinem Willen?
An meinen Kräften?
Ich versprach dem Kanzler,
Wenn er mir sechzehntausend Mann
vertraut,
Mit achtzehntausend von des Kaisers Heer
Dazuzustoßen--
Wrangel.
Euer Gnaden sind
Bekannt für einen hohen Kriegesfürsten,
Für
einen zweiten Attila und Pyrrhus.
Noch mit Erstaunen redet man
davon,
Wie Sie vor Jahren, gegen Menschendenken,
Ein Heer wie
aus dem Nichts hervorgerufen.
Jedennoch--
Wallenstein.
Dennoch?
Wrangel.
Seine Würden meint,
Ein leichter Ding doch möcht' es sein, mit
nichts
Ins Feld zu stellen sechzigtausend Krieger,
Als nur ein
Sechzigteil davon
(er hält inne)
Wallenstein.
Nun, was?
Nur frei heraus!
Wrangel.
Zum Treubruch zu verleiten.
Wallenstein.
Meint er? Er urteilt wie ein Schwed' und wie
Ein Protestant. Ihr
Lutherischen fechtet
Für eure Bibel, euch ist's um die Sach';
Mit
eurem Herzen folgt ihr eurer Fahne.--
Wer zu dem Feinde läuft von
euch, der hat
Mit zweien Herrn zugleich den Bund gebrochen.
Von
all dem ist die Rede nicht bei uns--
Wrangel.
Herr Gott im Himmel! Hat
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