Wallensteins Tod | Page 2

Friedrich von Schiller
unterhandelt hat,
Das werde man nicht dir auf Rechnung
setzen?
Dem Schweden soll sein Wort für deines gelten,
Und
deinen Wiener Feinden nicht!
Terzky.
Du gabst nichts Schriftliches--Besinn dich aber,
Wie weit du
mündlich gingst mit dem Sesin.
Und wird er schweigen? Wenn er
sich mit deinem
Geheimnis retten kann, wird er's bewahren?
Illo.
Das fällt dir selbst nicht ein! Und da sie nun
Berichtet sind, wie weit
du schon gegangen,
Sprich! was erwartest du? Bewahren kannst du


Nicht länger dein Kommando, ohne Rettung
Bist du verloren, wenn
du's niederlegst.
Wallenstein.
Das Heer ist meine Sicherheit. Das Heer
Verläßt mich nicht. Was sie
auch wissen mögen,
Die Macht ist mein, sie müssen's
niederschlucken,
--Und stell ich Kaution für meine Treu',
So
müssen sie sich ganz zufrieden geben.
Illo.
Das Heer ist dein; jetzt für den Augenblick
Ist's dein; doch zittre vor
der langsamen,
Der stillen Macht der Zeit. Vor offenbarer
Gewalt
beschützt dich heute noch und morgen
Der Truppen Gunst; doch
gönnst du ihnen Frist,
Sie werden unvermerkt die gute Meinung,

Worauf du jetzo fußest, untergraben,
Dir einen um den andern listig
stehlen--
Bis, wenn der große Erdstoß nun geschieht,
Der treulos
mürbe Bau zusammenbricht.
Wallenstein.
Es ist ein böser Zufall!
Illo.
Oh! einen glücklichen will ich ihn nennen,
Hat er auf dich die
Wirkung, die er soll,
Treibt dich zu schneller Tat--Der schwed'sche
Oberst--
Wallenstein.
Er ist gekommen? Weißt du, was er bringt?
Illo.
Er will nur dir allein sich anvertraun.

Wallenstein.
Ein böser, böser Zufall--Freilich! Freilich!
Sesina weiß zu viel und
wird nicht schweigen.
Terzky.
Er ist ein böhmischer Rebell und Flüchtling,
Sein Hals ist ihm
verwirkt; kann er sich retten
Auf deine Kosten, wird er Anstand
nehmen?
Und wenn sie auf der Folter ihn befragen,
Wird er, der
Weichling, Stärke g'nug besitzen?--
Wallenstein. (in Nachsinnen verloren)
Nicht herzustellen mehr ist das Vertraun.
Und mag ich handeln, wie
ich will, ich werde
Ein Landsverräter ihnen sein und bleiben.
Und
kehr ich noch so ehrlich auch zurück
Zu meiner Pflicht, es wird mir
nichts mehr helfen--
Illo.
Verderben wird es dich. Nicht deiner Treu',
Der Ohnmacht nur wird's
zugeschrieben werden.
Wallenstein. (in heftiger Bewegung auf und ab gehend)
Wie? Sollt' ich's nun im Ernst erfüllen müssen,
Weil ich zu frei
gescherzt mit dem Gedanken?
Verflucht, wer mit dem Teufel spielt!--
Illo.
Wenn's nur dein Spiel gewesen, glaube mir,
Du wirst's in schwerem
Ernste büßen müssen.
Wallenstein.
Und müßt' ich's in Erfüllung bringen, jetzt,
Jetzt, da die Macht noch

mein ist, müßt's geschehn--
Illo.
Wo möglich, eh' sie von dem Schlage sich
In Wien besinnen und
zuvor dir kommen--
Wallenstein. (die Unterschriften betrachtend)
Das Wort der Generale hab ich schriftlich--
Max Piccolomini steht
nicht hier. Warum nicht?
Terzky.
Es war--er meinte--
Illo.
Bloßer Eigendünkel!
Es brauche das nicht zwischen dir und ihm.
Wallenstein.
Es braucht das nicht, er hat ganz recht--
Die Regimenter wollen nicht
nach Flandern,
Sie haben eine Schrift mir übersandt
Und
widersetzen laut sich dem Befehl.
Der erste Schritt zu Aufruhr ist
geschehn.
Illo.
Glaub mir, du wirst sie leichter zu dem Feind
Als zu dem Spanier
hinüber führen.
Wallenstein.
Ich will doch hören, was der Schwede mir
Zu sagen hat.
Illo. (pressiert)

Wollt Ihr ihn rufen, Terzky?
Er steht schon draußen.
Wallenstein.
Warte noch ein wenig.
Es hat mich überrascht--Es kam zu schnell--

Ich bin es nicht gewohnt, daß mich der Zufall
Blind waltend, finster
herrschend mit sich führe.
Illo.
Hör ihn fürs erste nur. Erwäg's nachher.
(Sie gehen.)
Vierter Auftritt
Wallenstein. (mit sich selbst redend)
Wär's möglich? Könnt' ich nicht mehr, wie ich wollte? Nicht mehr
zurück, wie mir's beliebt? Ich müßte
Die Tat vollbringen, weil ich sie
gedacht,
Nicht die Versuchung von mir wies--das Herz
Genährt mit
diesem Traum, auf ungewisse
Erfüllung hin die Mittel mir gespart,

Die Wege bloß mir offen hab gehalten?--
Beim großen Gott des
Himmels! Es war nicht
Mein Ernst, beschloßne Sache war es nie.
In
dem Gedanken bloß gefiel ich mir;
Die Freiheit reizte mich und das
Vermögen.
War's unrecht, an dem Gaukelbilde mich
Der
königlichen Hoffnung zu ergötzen?
Blieb in der Brust mir nicht der
Wille frei,
Und sah ich nicht den guten Weg zur Seite,
Der mir die
Rückkehr offen stets bewahrte?
Wohin denn seh ich plötzlich mich
geführt?
Bahnlos liegt's hinter mir, und eine Mauer
Aus meinen
eignen Werken baut sich auf,
Die mir die Umkehr türmend hemmt!

(Er bleibt tiefsinnig stehen.)
Strafbar erschein ich, und ich kann die Schuld,
Wie ich's versuchen
mag! nicht von mir wälzen;
Denn mich verklagt der Doppelsinn des
Lebens,
Und--selbst der frommen Quelle reine Tat
Wird der
Verdacht, schlimmdeutend, mir vergiften.
War ich, wofür ich gelte,

der Verräter,
Ich hätte mir den guten Schein gespart,
Die Hülle hätt'
ich dicht um mich gezogen,
Dem Unmut Stimme nie geliehn. Der
Unschuld,
Des unverführten Willens mir bewußt,
Gab ich der
Laune Raum, der Leidenschaft--
Kühn war das Wort, weil es die Tat
nicht war.
Jetzt werden sie, was planlos ist geschehn,
Weitsehend,
planvoll mir zusammenknüpfen,
Und was der Zorn und was der frohe
Mut
Mich sprechen ließ im Überfluß des Herzens,
Zu künstlichem
Gewebe mir vereinen
Und eine Klage furchtbar draus bereiten,

Dagegen ich verstummen muß. So hab ich
Mit eignem Netz
verderblich mich umstrickt,
Und nur Gewalttat kann es reißend lösen.

(Wiederum stillstehend.)
Wie anders! da des Mutes freier Trieb
Zur kühnen Tat mich zog, die
rauh gebietend
Die Not jetzt, die Erhaltung von mir heischt.
Ernst
ist der Anblick der
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