Von der Seele | Page 7

Carl Ludwig Schleich
einzig dastehende, still verschlossene Kammer wunderbaren rhythmischen Spiels, die ihn in eigener Weise bef?higt, mit den Eindr��cken der Au?enwelt innen frei zu schalten und zu walten. Haben nicht auch diese seine der Phantasie zugeborenen T?tigkeiten ihre offenbare, zwingende Beziehung zur Rhythmik? Ist nicht eigentlich die Phantasie die Gabe, sich mit allen seinen Gedanken in den Rhythmus des Andern au?er uns, sei es Mensch, Tier, Pflanze oder ein Unbelebtes, selbst ein Gedachtes, hineinzuversetzen? Wo w?re der K��nstler, der einen Gegenstand voll und ��berzeugend darzustellen verm?chte, wenn er nicht zuvor v?llig eins geworden w?re mit dem Rhythmus und der Wesensart des Darzustellenden, der nicht aufjauchzte, wenn er sein eigenes inneres Empfinden, die Schwingungen des pers?nlichen Ichs verschmelzen f��hlt mit dem erschauten Objekt? Das ist aber nur m?glich, wenn er gleichschwingend den Einklang f��hlt, in dem der Rhythmus des Gegenstandes mit der eigenen inneren Rhythmik verschmilzt. Sich "hineinversetzen" hei?t doch nichts anderes, als sich das Gef��hl des Anderen und sei es eines Gegenstandes einzuverleiben mit Hilfe der Phantasie und so selbst Lebloses mit dem Strom des eigenen Lebens betrachtend zu erf��llen. Wehe dem K��nstler, der nicht rhythmisch verschmilzt mit dem Objekt, das er darstellen will: er mu? ein Stein sein k?nnen, wenn er ihn malt, eine Blume, wenn er ihres Kelches Sch?nheit herbeizaubern will, ein Kind, wenn er sprechen will, wie Kinder sprechen, und eine Wolke, wenn er mit ihr seine Lieder wandern lassen will. Der echte K��nstler steckt in Woge und Wald, die er malt, ist K?nig und Bettler, wenn er sie darstellt, hat ihren Stolz und ihren Hunger, tr?gt ihren Szepter und ihren Bettelstab.
Wie reich macht doch die Phantasie, indem sie den Verwandlungsmantel ��ber unsere Seele legt, so da? schlechterdings nichts unerreichbar wird! Aber auch der Wissenschaftler, der Entdecker und der Erfinder wird niemals zu neuen Offenbarungen gelangen, wenn nicht die Intensit?t seines Einf��hlens in die Materie ihn bef?higt, den Rhythmus des zu Schauenden bis zu dem geheimen Motor der kreisenden Atome zu erfassen und das Geschaute auch anderen, weniger Einf��hlungsf?higen zu ��bermitteln. Wo w?re der Redner, der Erzieher, der Prophet, der wirken k?nnte ohne diese rhythmische Durchdringung seiner Lauscher, ohne die F?higkeit Strudel der innersten Bewegung zu erzeugen, in welchen Zweifel, Furcht, Eigenliebe versinken, wie Holzst��ckchen in den gurgelnden Schlund! Wie w?re eine Ethik denkbar, die sich nicht den Rhythmus des h?herstehenden, anbetungsw��rdigen Ideals zu eigen machte, das uns die Phantasie als lockendes Ziel eines k?niglichen Gef��hls der inneren Harmonie vorh?lt?
Wie k?nnte man Liebe erwecken, wenn nicht ein Gleichstrom siegenden Wollens die Geliebte mit berauschendem Wort in den Feuerstrom entfesselter Leidenschaften hineinrisse?
Ich bin am Ende meiner Ausf��hrungen. Wollte ich alle Beziehungen des Rhythmischen zur Seele auch nur aufz?hlen, so w��rde wohl kaum ein Gebiet seelischer Aktionen unerw?hnt bleiben. Ich mu? mich mit diesen kurzen Andeutungen begn��gen.
Der Rhythmus ist der Allbeherrscher alles physischen und psychischen Geschehens. Der Puls des Universums schl?gt in allem, was ist und lebt. Das Gehirn der Menschen ist ein Gestade nur, das er mit ewigem Wellenliede umrauscht, eine Harfe nur, auf der er seine Sonnenlieder und Schattenklagen singt, ein Prisma nur, durch das seine hellen und dunklen Lichtwellen zitternd jagen und das, vielgestaltig und zu buntem Strahlenb��schel zerstreut, den umgeformten Rhythmus wieder in das All zur��cksendet. War Rhythmus der Pendelschlag von Kraft und Hemmung, so ist die Seele ein diesem Pendelspiel spezifisch eingeschalteter, organischer Widerstand. Nicht die Lebenskraft ist das Besondere, der Kraft kann noch unendlich viel Wunderbareres vorbehalten sein als der Menschengeist,--sondern die eigent��mliche Hemmung, die die Weltkraft zwingt, sich in uns so r?tselhaft zu spalten, ist der Gegenstand wissenschaftlicher Betrachtung. Wo sich die Weltkraft entz��ndet an der atomistischen Reibefl?che des Organischen, da blitzt das Leben auf und erlischt wie der Meteorstein, der aufgl��ht, wenn sein Sturz ins Chaos hineinger?t in die sausenden Rhythmen der irdischen Atmosph?re.

HUMOR
Die Menschheit hat stets um so mehr Worte ��ber eine Angelegenheit gemacht, je weniger sie von ihr begriff. Und die Wissenschaft, diese bed?chtige Frau Registratorin, die alles Menschliche, fein s?uberlich zu Millionen Aktenb��ndeln geordnet, in den Schubf?chern der ?ffentlichen Bureaus einer k?niglichen Logik aufbewahren l??t, um nur hier und da die Aktenst??e anders zu gruppieren und dabei viel Staub aufzuwirbeln, bezeugt, was jeder Katasterbeamte schon lange wei?: je dunkler ein Proze? ist, desto h?her t��rmen sich die ihn behandelnden Dokumente. So kann ich denn auch nur die Manuskriptensammlung derer, die sich den Kopf ��ber die drolligste Sache der Welt, ��ber das Lachen, zerbrochen haben, um ein Exemplar vermehren, nat��rlich ohne jeden Anspruch, damit den Zauber von dem neckischen Spiel der Seele zu nehmen oder gar das heilige Lachen als einen ganz profanen Vorgang zu entlarven. Ich will nur versuchen, einige Gesichtswinkel zu zeichnen, unter denen man den Humor und die humoristischen Zust?nde von einer Seite beleuchten kann, die vielleicht neu und reizvoll genug ist, um die Aufmerksamkeit derer, die schon ��ber diese Dinge nachgedacht haben, vor��bergehend festzuhalten. Dabei mu? ich
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