Von der Seele | Page 6

Carl Ludwig Schleich
Kreise wahrnehmen k?nnen, und w��rden von jedem Sinne her der Welt als total anders erkennende Wesen gegen��berstehen. Wir k?nnen jetzt hinzuf��gen, da? wir schon mit blo?em Auge die festen Gegenst?nde nicht mehr als fest bezeichnen k?nnten, sondern da? wir etwas von ihrer innerlichen, rasenden Bewegung wahrzunehmen verm?chten. Wir sind also mit unserm rhythmischen Spiel von Puls- und Nervenaktion einerseits und Sinneseindr��cken andererseits so in den Rhythmus des Ganzen eingestellt, da? unser Harmoniegef��hl direkt abh?ngig ist von diesem rhythmischen Ma? unserer Wahrnehmung in Sekunden. Nat��rlich erkl?rt sich auf diese Weise am einfachsten das "Zeitliche" im Begriff alles Rhythmischen. _Zeit ist eben die mit dem Ma? unseres eigenen rhythmischen Wahrnehmens gemessene und empfundene Bewegung des Alls._ Das f��hrt uns direkt zu einem Verst?ndnis des _?sthetischen_.
Wir haben nur von denjenigen Rhythmen der Au?enwelt den Eindruck des Lebenf?rdernden, Erhebenden, Daseinsteigernden, welche sich dem Rhythmus unserer inneren Aktionen harmonisch einf��gen, richtiger, sofern wir sie in uns harmonisch zu verschmelzen imstande sind. Daseinsteigernd im ?sthetischen Sinne sind eben nur diejenigen Rhythmen, welche unserm pers?nlichen Sinnesrhythmus synchron zu verbinden sind bzw. ihn ohne Widerstand und Disharmonie zu erh?hen imstande sind.
Das schlie?t nicht aus, da? auch der Konflikt der Rhythmen au?er uns mit denen in uns als Kontrastempfindung nach vollzogenem Ausgleich lusterh?hend, doch nur indirekt wirken kann, aber im allgemeinen ist zu einer ?sthetischen Freude die Einf��gung der lusterweckenden Rhythmen in den Rhythmus unserer Nervenstr?me unerl??lich. Insofern hat alles deutlich erkennbar Rhythmische einen erheiternden, erhebenden, freudewirkenden Einflu?, ��berall besteht ein geheimes Verh?ltnis seiner Schwingungszahl zur Schwingungszahl unserer Nervensubstanz, mag das nun an einer sch?ngeschwungenen Linie, an einem Akkord, an einer Farbengebung, an einem Wohlgeruch oder an einem Hautgef��hl sich bet?tigen. Die Rhythmen der sch?nen Dinge m��ssen einf��gbar sein in die Rhythmen unserer Sinnesschwingungen, um ?sthetisch zu wirken, das ist das Grundgesetz der Kunst, so variabel f��r den einzelnen, weil eben diese innenwirkende Schwingungszahl eine durchaus pers?nliche Gleichung ist. Ist in diesem Verh?ltnis doch auch der eminente Einflu? alles Rhythmischen, seine suggestive ��bertragbarkeit begr��ndet. Der Redner, der Dichter, der Schauspieler rei?t mich darum in seinen Bann, weil dem Schwungrad seiner Begeisterung alle meine Seelenr?der sich im geheimen Gleichtakt einstellen, und ich bin im Bann eines jeden Menschen, dessen seelische Schwingungen mich gleichsinnig zu bewegen imstande sind. Die ganze Macht der Imitation, ja der ?hnlichkeiten, beruht auf diesem Einstellungsverh?ltnis zwischen Au?enwirkung und Innenbewegung. Und fragen wir, auf welchem Wege diese Rhythmusakkomodation sich abspielt, so gibt es nur einen erkennbaren Weg des Ausgleiches zwischen Wahrnehmung und innerer Anpassung, der ist die Marconiplatte des Nervus Sympathicus, dessen enormen und oft blitzartigen Einflu? auf Herzbewegungen und Gef??spannungen die ?rzte lange kennen. Hat aber die Herzbewegung Einflu? auf unsere Ein- und Ausschaltungen im zentralen Nervengebiet, so ist der Kontaktkreis geschlossen: der sympathische Au?enweltrhythmus erh?lt seine rhythmische Konsonanz im Innern. Die Vorg?nge sind also viel mechanischer, als man gemeinhin anzunehmen geneigt ist. Ein z��ndendes Wort, eine schlagende Formel, eine leuchtende Wahrheit hat oft die Kraft, unser ganzes Innere blitzartig zu erhellen, weil sie Spannkraft genug hat, die schlummernden Wellen unserer Seele mit rhythmischem Lichte zu durchbrausen. Dem metrischen, sch?n gef��gten Wortreiz liegt oft eine verborgene Harmonie zu unserem Atmungsrhythmus zugrunde, und es w?re eine dankbare Untersuchung, festzustellen, wie aus den m?glichen Atmungsvarianten sich die Versma?e herleiten lassen. Ist doch nicht, wie _B��cher_ meint, die Arbeit der Vater des Rhythmus und der Musik, sondern ist doch vielmehr der Rhythmus der Arbeit mit dem typischen Niederschlag des Hammers in der Exspirationspause, also beim Ausatmen, und das Ausholen beim Einatmen eben die direkte Folge des Atmungsrhythmus, so da? dieser selbst f��r Melodie und Rhythmus des Gesanges den Ursprung bedeutet. Rhythmus und Arbeit sind beides nur Funktion?re unserer Atmungsmechanik, die C?suren einer Melodie sind urspr��nglich die naturgem??en Pausen zum Atemholen.
Wir wissen, da? es Schwingungen der Luftwellen gibt, welche von einer solchen rhythmischen Schnelligkeit sind, da? wir sie mit dem Ohre allein nicht wahrnehmen k?nnen. Wir h?ren nicht mehr das Geigenspiel gewisser Zikadenarten, trotzdem es mit Kunsthilfe wahrnehmbar und berechenbar ist, ?hnliches mag bei vielen anderen Sinneswahrnehmungen der Fall sein, so da? schon aus diesen Tatsachen der Satz sich herleiten l??t, der Rhythmus unserer Nervenschwingungen ��bermittelt uns nur einen Teil der Weltallsrhythmen, und dieses Verh?ltnis l??t uns die M?glichkeit nicht von der Hand weisen, da? es Menschen mit einer Feinheit der Sinnesrhythmen geben mag, welche mehr Dinge wahrnehmen, als der Durchschnitt.--Haben wir bisher im wesentlichen die rhythmischen Wogen betrachtet, welche von den brausenden, chaotischen Kraftwellen stammen, die die Au?enwelt gegen die seelischen Gestade wirft in nimmer ruhendem, vom Weltallsodem gepeitschtem Wogenspiel, so bleibt uns noch ��brig, dem rhythmischen Hin- und Hergleiten der inneren, scheinbar aus eigenem Herd geborenen, summenden und kreisenden Nervenspindeln zu lauschen. War schon der Mensch als organisches Wesen in seiner Gesamtheit aufzufassen als ein System rhythmischer Durchflutungen f��r sich, abgetrennt vom Kraftspiel der anorganischen Masse, so ist noch viel mehr seine Seele eine f��r sich und vielleicht
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