und
ähnlichen Wirkungen. Was uns anbetrifft, so bleiben wir also dabei und
sagen, dass die in Cyrenaica wachsende Thapsia garganica oder Drias
das alte Silphium ist.
Diese, wie wir so eben gesehen haben, so sehr pflanzenreiche Insel ist
äusserst thieram. Fast wäre man versucht anzunehmen, dass das
nekropolenartige des ganzen Landes, denn wie Cyrenaica sich heute
dem Besucher zeigt, kann man es als Eine grosse Todtenstadt
bezeichnen, auch Einfluss auf die Leben suchenden Thiere gehabt habe.
In den Küstenstrichen finden sich zwar ziemlich viel wilde Thiere, als
Hasen, Kaninchen, Gazellen und die Vierfüssler, welche im
Allgemeinen am Nordrande von Afrika gefunden werden, aber in
geringerem Maasse als in Tunis, Algerien und dem so wildreichen
Marokko. Ausser der Hyäne und dem Schakal sind reissende Thiere gar
nicht vorhanden. Wildschweine finden sich in den Schluchten der
Hochebene, aber auch in geringer Zahl. Ueberall stösst man aber auf
den Maulwurf, dessen Spuren man sogar weit nach Süden in der Ebene
verfolgen kann. Die Vogelwelt ist ebenfalls sparsam und durch keine
besonderen Arten vertreten. Schlangen und Scorpionen, Eidechsen und
anderes Gewürm sind dieselben, wie die auf dem Nordabhange des
Atlas, in den südlichen Ebenen ist die Hornviper häufig. An den steilen
Felsparthien des Hochlandes haben zahlreiche Bienenschwärme in den
Höhlungen ihre Nester angelegt, und wie im Alterthum bildet denn
auch noch heute der Honig ein Hauptproduct des Landes. Ein von
Süden kommendes Thier, die Heuschrecke, bildet auch in der Jetztzeit
noch oft die grosse Landplage der Bewohner. Die meist so berühmten
Pferde der Cyrenaica sind sehr heruntergekommen, was Form und
Schönheit anbetrifft, Dauerhaftigkeit, Gelehrigkeit und Kraft ist ihnen
aber auch jetzt noch eigen. Hauptreichthum der Bewohner machen die
Rinder, Schafe[6] und Ziegenheerden aus, von denen nach Malta hin
exportirt werden, Esel und Maulthiere hat man nur zum eigenen Bedarf
und sie sind nicht besser, als die in den berberischen Staaten. Die
südlichen Ebenen haben vorzügliche Kameelzüchtereien, von denen
auch nach Egypten hin exportirt werden.
Die Bewohner des Landes sind nomadisirende Araber. Jedenfalls sind
Spuren der griechischen, ptolemäischen und römischen Herrschaft
nirgends zu erkennen, wie denn auch nach Vernichtung dieser
Herrschaften ihre eigentlichen Unterthanen, Griechen und Römer mit
vernichtet wurden oder auswanderten. Die dann eindringenden
libyschen Völker sind von den Arabern absorbirt worden, wenigstens
ist heute nichts mehr vom Libyerthum zu bemerken, die alles
nivellisirende mohammedanische Religion hat zwischen Berbern und
Arabern, die ohnedies äusserlich sich so nahe stehen, jeden Unterschied
aufgehoben. Der heutige Bewohner Cyrenaicas, der nur arabisch
spricht (Mischmasch von maghrebinisch und ägyptisch), ist mittlerer
Grösse, mager, hat ein längliches Gesicht, in der Jugend mit vollen
Backen, fallen sie im Alter sehr ein und die Backenknochen treten stark
hervor, stechende schwarze Augen von buschigen Brauen überwölbt,
eine starkgebogene, lange Nase, verhältnissmässig grosser Mund und
spitzes Kinn sind die allgemeinsten Gesichtszüge. Der Bart ist spärlich,
Haupthaar lang und schwarz. Die Frauen, welche wie überall da, wo sie
eine untergeordnete Stellung zum Manne einnehmen, auch körperlich
unverhältnissmässig klein sind, haben in der Jugend volle und hübsche
Formen, und eben das Volle rundet denn auch die scharfen
Gesichtszüge ab, die im Alter aber ebenso markirt wie beim Manne
hervortreten, ohne dass die tausend Falten der Haut im Stande sind, die
scharf vorspringenden Knochenparthien zu verdecken. Die Nase ist bei
den Frauen mehr gerade als gebogen.
Männer und Frauen lieben es, sich mit Antimon zu zeichnen; machen
allerlei bunte Figuren aufs Gesicht, Brust, Arme und Hände. Die
Frauen färben auch die Unterlippe schwarz, umrändern die Augen mit
Kohöl und färben die Nägel roth. Ihre Kleidung ist die der übrigen
nomadisirenden Völker Nordafrikas und keine Frau, mit Ausnahme der
Städterinnen, geht verschleiert. In der übrigen Lebensweise ist auch
kein Unterschied, Basina, diese Gerstenpolenta, mit stark gepfefferter
Sauce bildet ebenfalls das Nationalgericht. Auch hier haben die
Nomaden gar keinen Fortschritt gemacht, wie zur Zeit der Rebecca
geht noch heute das Weib mit dem Kruge zum Brunnen, um Wasser zu
schöpfen, wie zur Zeit Abrahams pflügt der Mann noch mit demselben
Pfluge, ohne dass er sich Mühe gegeben hätte, einen besseren kennen
zu lernen. Auf dem Boden hockend essen heute noch alle mit den
Fingern aus Einer Schüssel, wie Jesus Christus mit seinen Jüngern.
Etwas haben die Snussi indess für gute Sitte durch strengere
Beobachtungen der mohammedanischen Vorschriften gesorgt. Früher
z.B. war es bei einigen Stämmen Sitte, dass ein verheiratheter Mann
einem Fremden seine Frau anbot, heute würde man vergeblich in ganz
Cyrenaica eine Tribus suchen, wo eine solche Unsitte herrschte. Aber
Lesen und Schreiben ist nirgends bekannt, wie denn überhaupt auf dem
Lande nirgends eine Medressa oder Schule besteht, und auch die Sauya,
welche die Snussi angelegt haben, keine Schulen unterhalten.
Nach ziemlich sicheren Abschätzungen, vom französischen Consulate
in Bengasi mitgetheilt, stellen die Gesammtstämme von der grossen
Syrte an gerechnet (Mündung des Fareg) bis zur ägyptischen Grenze
72,000 bewaffnete Fussgänger und 3500 Cavaliere, danach könnte man
die Gesammtbevölkerung von Cyrenaica auf
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