geworden. Wenn man aber bedenkt, wie wichtig strategisch Tunis f��r das mittell?ndische Meer gelegen ist, und was Frankreich durch den Zuwachs einer solchen Provinz gewonnen h?tte, dann kann man sicher nicht genug darauf bedacht sein, eine Vergr?sserung Frankreichs nach dieser Seite hin zu verhindern.
Ob je Tunis seinem Schicksal entgehen wird, einer europ?ischen Macht anheim zu fallen, das bezweifle ich. Eigentliche Civilisation ist hier ebenso wenig wie in Aegypten und in der T��rkei, und es wird von der Nachwelt gewiss als eines der gr?ssten Wunder betrachtet werden, dass solche Staaten im 19ten Jahrhundert vor den Thoren Europa's haben existiren k?nnen.
Staunen wir nicht dar��ber, wenn wir lesen, dass im Jahr 1823 n. Chr. in Tunis es fast zum Bruch mit der englischen Regierung gekommen w?re, weil die Juden anfingen, sich europ?isch zu kleiden und namentlich sich des Hutes bedienten, ja im selben Jahre f��r dasselbe Verbrechen, d.h. einen schwarzen Cylinder getragen zu haben, zwei Juden in Tunis die Bastonade bekamen und nur mit M��he durch Hrn. Nylsen, dem holl?ndischen Consul, welcher derzeit Toscana vertrat, ihre Freilassung erlangten. Aber solche Sachen passiren noch alle Tage, wenn auch nicht so eclatant und ?ffentlich.
Zwei Wagen, die Hr. Tulin, schwedischer General-Consul und preussischer Agent, herausgeschickt, brachten uns in anderthalb Stunden von der Goletta nach Tunis selbst. Der Weg war, da es seit Tagen geregnet hatte, entsetzlich, und je n?her wir der Stadt kamen, desto bodenloser wurde er. In der Stadt selbst waren denn die Strassen auch ganz ein Schmutzmeer; es war, als h?tte man sie mit Chocolade einen halben Fuss hoch begossen. Eine mohammedanische Stadt kann ich mir nun einmal nicht ohne Schmutz denken, und es w��rde mir selbst befremdend vorgekommen sein, wenn dem nicht so gewesen w?re; mich am��sirte nur mein Berliner Photograph, der fortw?hrend ausrief, dass es unter den Linden doch ganz anders sei. Damit man durch diese Schmutz��berschwemmung zu Fuss hindurchkommen kann, hat die europ?ische Colonie in Tunis ein eigenes Schuhwerk erfinden m��ssen, hohe Holzschuhe, welche auf noch h?heren eisernen Ringen ruhen, und die man mit Lederriemen unter sein Schuhwerk bindet.
Leider sollte es mir nur verg?nnt sein, in Tunis eine Nacht zu bleiben, denn die Fahrten der Dampfer waren der Art eingerichtet, dass ich ohne einen Verzug von zehn Tagen den am folgenden nach Malta abfahrenden nicht vers?umen durfte. Ich machte indess hier die interessante Bekanntschaft des Herrn von Maltzan, welcher sich Studien halber f��r l?ngere Zeit in Tunis aufhielt.
Baron von Maltzan, schon seit Jahren an der Nordk��ste von Afrika und in Arabien heimisch, ein poetisches Gem��th, was seinen Reisebeschreibungen allerdings einen eigenen Reiz verleiht, andererseits aber auch eben der poetischen Auffassung wegen Abbruch thut, hat der Wissenschaft einen grossen Dienst gethan durch Ver?ffentlichung seines Werkes ��ber Sardinien. Offenbar einer der besten Kenner der ph?nicischen Sprache und Alterth��mer, hat Niemand in Deutschland so sehr auf den Reichthum, den Sardinien in dieser Hinsicht birgt, aufmerksam gemacht, wie Maltzan.
Zu gleichem Zwecke hielt er sich in Tunis auf; bot doch die St?tte des alten Carthago eine wahre Fundgrube f��r unseren gelehrten Ph?nicier. Zudem hatte er entdeckt, dass der Sohn des Chasnadar ein ganzes Museum ph?nicischer Alterth��mer bes?sse mit kostbaren Inschriften. Nach vielen Schwierigkeiten gelang es Hrn. von Maltzan, Einsicht dieses Museums zu bekommen, aber alle seine Bem��hungen, Photographieen der interessanten und wichtigen Inschriften machen zu d��rfen, sind bis jetzt gescheitert.
Die Bev?lkerung von Tunis machte indess einen ebenso peinlichen Eindruck, wie die der algerischen Provinz, man sah, dass Cholera und Hungertyphus hier gew��thet hatten. Dazu die gr?sste Insolvenz der Regierung, alle Beamten von oben bis unten, das ganze Heer und die Marine hatten seit zwei Jahren keinen Lohn erhalten. Diese Thatsachen sprechen laut genug, wie es um den tunisischen Staat bestellt ist. M?ge die Finanzcommission, zusammengesetzt aus Norddeutschland, England, Frankreich und Italien, von der man jetzt Rettung und baldiges Eintreffen erwartet, nicht lange auf sich warten lassen.
Der R��ckweg nach Goletta und die Einschiffung ging auf dieselbe Weise von Statten, nur dass wir diesmal an Bord eines Dampfers kamen, der gerade doppelten Tonnengehalt hatte, wie die Germania, welche so eben die erste deutsche Nordpolfahrt zur��ckgelegt hat.
Man kann sich denken, wie wir an Bord dieser Nussschaale herumgeworfen wurden, aber wir hatten einen englischen Capit?n, der Rio-Janeiro, Canton, Danzig, Stettin und andere H?fen gesehen hatte, also ein alter Seel?we war; und trotz eines Sturmes, welcher auf dem Mittelmeere gar nicht spasshaft ist, kamen wir gut ��ber.
Aber wie sah es oft in der engen Caj��te aus! Der alte Capitain hatte n?mlich das Steckenpferd, sich eine ganze Menagerie an Bord zu halten, diese bestand aus seiner Frau, vielen Hunden, Katzen, H��hnern, V?geln, Enten und anderen Vier- und Zweif��sslern. Das Sonderbarste war, dass alle Thiere einen Namen hatten--da war ein Neufundl?nder Nelson, eine schlaue Katze, die Napoleon hiess, andere Thiere Wellington, Bl��cher, Malborough etc.; bitter beklagte indess der alte Capit?n, dass Bismarck desertirt sei.
Ich konnte Bismarck das nun gar nicht verdenken, denn wenn
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