verhindert.
Ich will damit nicht sagen, dass die Araber sich nicht civilisiren liessen;
sie haben sicher dieselben Anlagen, Fähigkeiten, Gefühle, wie wir; aber
sie wollen keine Civilisation, ihre Religion erlaubt es nicht. Und eben
deshalb werden sie verschwinden, denn die Civilisation lässt sich nun
einmal nicht aufhalten, und die Völker, welche nicht mit fort wollen,
werden absorbirt oder vernichtet werden. So sehen wir denn auch
unaufhaltsam den Islam seinem Ende entgegen gehen, sowohl Araber
als Türken können sich gegen das Christenthum nicht halten; ohne dass
diesen Völkern ein Zwang angethan wird, gehen sie ihrem Untergange
entgegen. Und selbst in der christlichen Religion sehen wir bei den
Völkern, welche durch die Religion gefesselt sind, ein geistiges
Verkommen, einen Rückschritt; der Franzose sieht und constatirt mit
Bangen keine Zunahme der Bevölkerung, und in Spanien, in Italien,
wie sieht es da aus!
Dem Islam gegenüber ist aber selbst die katholische Religion
Fortschritt, deshalb wird auch das mohammedanische Element über
kurz oder lang dem Christenthum in Algerien unterliegen, so sehr sich
die französische Regierung auch Mühe giebt, die Araber zu civilisiren,
zu pflegen, zu begünstigen und auf Kosten der Europäer zu
bevorzugen.
Wir fanden in Marseille alles in bester Ordnung, und wie immer die
liebenswürdigste und zuvorkommendste Aufnahme bei unserm
deutschen Consul, Hrn. Schnell.
Wie wenig übrigens sonst von den Marseillern auf deutsche Sitte und
Sprache gegeben wird, geht daraus hervor, dass nicht ein einziges
deutsches Journal im ersten Club der Stadt, dem Cercle des Phocéens,
vorhanden war, von den englischen war nur die Times vorhanden. Die
eigentlichen Marseiller sind eben nur Krämer, keine Kaufleute; der
Grosshandel ist einzig in den Händen eingewanderter Franzosen oder
Schweizer.
Aber grossartig ist die Stadt und hat in Hrn. Maupas, dem vorletzten
Präfecten, einen wahren Haussmann[1] gehabt. Die Präfectur, die neue
Börse, das kaiserliche Palais, das bischöfliche Schloss, ohne viele
andere Gebäude zu nennen, sind alle Prachtbauten, und die neuen
Stadttheile, die Faubourgs mit den beiden grossartigen Häfen Port
Napoléon und Joliette machen Marseille zu einer der glänzendsten
Städte des Mittelmeeres.
Und auch die Umgebung hat merkwürdige Veränderungen erlitten.
Früher von kahlen Kalkfelsen bordirt, welche die Meeresufer pittoresk,
aber nicht schön machten, hat man durch sorgfältige Bewässerungen
und Auftragen von Humus grüne, mit Pinien und anderen Bäumen
geschmückte Hügel geschaffen, und der Prado von Marseille ist einer
der schönsten der Welt. Wer nach Marseille kommt, versäume ja nicht,
nach der sogenannten Reserve zu gehen, auf dem Wege nach Toulon
längs dem Meere gelegen; eine Restauration, im grossartigsten
Verhältnisse aufgeführt, von der aus man die prachtvollste Aussicht auf
Stadt, Meer und die vorliegenden Inseln hat.
Doch alle diese Einzelheiten sind in den Reisebüchern zu finden, und
ich für meinen Theil hatte Marseille schon so oft gesehen, vom
Anfange seines neuen Daseins an (da wo die prächtigen Häuser
unterhalb des bischöflichen Palais sich hinziehen, hatte ich vor Jahren
gebadet), dass ich gar keine Lust verspürte, den Aufenthalt unnöthig zu
verlängern.
Es war mir deshalb sehr erwünscht, dass Consul Schnell sich
bereitwilligst erbot, meine sämmtlichen Kisten nach Malta spediren zu
wollen; auf diese Art wurde es möglich, dass ich gleich am folgenden
Tage Passage an Bord des nach Tunis fahrenden Dampfers nehmen
konnte, um so auf diesem Umwege Malta zu erreichen. Der directe
Dampfer sollte erst am 27. November und mit ihm mein Gepäck
abgehen, wir gingen Nachmittags desselben Monats am 20. an Bord.
Unser Schiff, Cayd genannt, war kein der Messagerie gehörender
Dampfer, sondern ein von dieser Gesellschaft gemiethetes Boot,
welches der Compagnie der Navigation mixte zugehörte. Klein und
mangelhaft eingerichtet, war das Schiff bis Philippeville mit
Passagieren aller Classen überfüllt, und selbst die erste Classe hatte ein
knotiges Aussehen. Mit Ausnahme eines Engländers, der wie ich nach
Tunis wollte und ein sehr gebildeter und feiner Gentleman war, bestand
die ganze Zahl der Passagiere aus Franzosen. Die zweite Classe war
theils mit französischen Officieren, theils mit Kaufleuten besetzt; das
Verdeck war überfüllt mit Soldaten aller in Algerien üblichen Truppen,
mit leichten Frauenzimmern, welche das Mutterland einer Colonie
sandte, und einigen arabischen Pilgern, welche von Mekka kamen.
Glücklicherweise dauerte die Fahrt nicht lange Zeit, und das Wetter
war andauernd günstig; schon am Sonntag Morgens, den 22. Novbr.,
waren die Berge Afrika's in Sicht, und um 2 Uhr lagen wir vor Stora,
dem kleinen Hafenorte von Philippeville. Stora ist für Philippeville
derselbe Platz, der Mers el Kebir für Oran ist, auch die topographische
Lage ist fast dieselbe. Aber sowohl an Wichtigkeit im Verkehr als an
Schönheit übertreffen die beiden Orte der Provinz Oran um ein
bedeutendes die der Provinz Constantine. Die Ausschiffung ging rasch
von Statten, da Barken genug vorhanden waren, und die Araber doch
unter französischer Herrschaft schon ein gutes Theil jener
Zudringlichkeit und Unverschämtheit verloren haben, welche sie da
ausgezeichnet, wo sie unter eigener oder türkischer Herrschaft stehen.
Aber nun, wo unser Schiff ruhig auf den glatten Wellen lag, merkte ich,
dass
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