Von Haparanda bis San Francisco | Page 5

Ernst Wasserzieher
das Klima der Rebe eben g��nstig w?re. Ein sehr hei?er Sommer folgt einem sehr kalten Winter mit einem Maximal-W?rme-Unterschied von 60-70o R��aumur.
Steigt man vom Flu? (der Mississippi wird von den Anwohnern allgemein blos "River" [Flu?] genannt), durch die "Flat" hinauf nach der oberen Stadt, so ��bersieht man allm?hlich die ganze Umgegend; unten den m?chtigen, in gro?en Bogen sich hinwindenden Strom, von bewaldeten H��geln ums?umt und begleitet. Aus dem bl?ulichen Wasserspiegel erheben sich wenig die flachen, waldigen, mit viel Unterholz bestandenen Inseln, oft von 50, ja 100 Hektar Bodenfl?che. Besteigt man den Turm der katholischen Kirche, so erweitert sich das Panorama noch. Zu F��?en die ganze, sich weit hinstreckende Stadt; aus dem Gr��n sehen die schlanken Th��rme und die wei?en freundlichen Wohnh?user heraus; jenseits nach Osten, in der unendlichen, meist angebauten Prairie tauchen einzelne Farmen empor; nach allen Seiten Wald, nichts als Wald und wieder Wald. Ruhe und Frieden ist das Gepr?ge dieser Landschaft, die zur Zeit der Indianer kaum stiller gewesen sein mag. Ein abgeschiedenes, weltvergessenes Idyll--so liegt Nauvoo mitten in dem gewaltigen, rauschenden Epos der amerikanischen V?lkerwelt, deren Wogen an ihm vor��berbranden, ohne es zu ber��hren. Nur dann und wann gemahnt ein Eisenbahnzug daran, der weit dr��ben bei Montrose vorbeibraust; und in stillen Sommern?chten h?rt man das Geheul der Mississippidampfer. Einen zauberischen Anblick gew?hrt ein solches Schiff, wenn es, mehrere Stockwerke ��ber der Flut sich auft��rmend, von elektrischem Licht umflossen, mit riesigen Schaufelr?dern durch das spiegelklare Wasser majest?tisch dahin rauscht. Einen Kiel haben diese Mississippidampfer nicht, und sie laufen deshalb, wo das Wasser bei den Anlegepl?tzen zu flach ist, einfach auf den sandigen Strand, wo sie ihre Landungsbr��cke, die sie vorn h?ngend mit sich f��hren, hinauswerfen.
Ein anderes, bunt bewegtes und lebendiges Bild bot Nauvoo zur Mormonenzeit.
Anfangs der drei?iger Jahre gab der 1805 im Staate Vermont geborene Joe Smith das "Book of Mormon" heraus, das er durch g?ttliche Inspiration und auf Grund von goldenen Platten, die er aus der Erde gegraben, die aber Niemand zu sehen bekam, geschrieben haben wollte. In dem Buche ist die Geschichte des aus Pal?stina nach Amerika gewanderten heiligen Mormon, sowie das Glaubensbekenntnis der nach ihm benannten Mormonen aufgezeichnet. Der Prophet fand Anh?nger und es bildete sich eine kleine Sekte um ihn, die zuerst im Staate New York, sp?ter in Ohio wohnte und 1833, aus diesem Staate vertrieben, nach Missouri ��bersiedelte. Von dort wiederum verjagt, zogen die Mormonen ��ber den Mississippi zur��ck und w?hlten die kleine Stadt Commerce in Illinois zum Wohnort. Hier fand ihr rastloses Wanderleben einen vorl?ufigen Abschlu?. Sie vergr??erten das St?dtchen, so da? es bald ��ber 2000 H?user z?hlte. Als erste Aufgabe betrachteten die Gl?ubigen es, ein w��rdiges Gotteshaus zu erbauen. Ein gro?er steinerner Tempel erhob sich auf einer der h?chsten Stellen von Nauvoo. Eine wohlgeordnete Regierung und Verwaltung, mit Joe Smith an der Spitze, wurde eingerichtet: Sidney und Brigham Young geh?rten zu den eifrigsten seiner Beamten. Rasch bl��hte die Ansiedelung empor, die Einwohnerzahl stieg auf 20000 bis 25000, nach anderen Berichten bis auf 30000. Alles w?re gut gegangen, wenn die Mormonen nicht Angriffe auf das Eigenthum, ja durch die allm?hlich sich bildende Lehre von der Vielweiberei (die Praxis ging der Theorie wohl voran) auf die Frauen der umwohnenden Heiden (das sind die Nichtmormonen) sich erlaubt h?tten. Hierdurch aufgereizt, griffen die friedlichen Bauern zu den Waffen, und es wurde ein f?rmlicher Kreuzzug gegen den Staat im Staate er?ffnet. Die Mormonen wurden besiegt, die Stadt zum gr??ten Teil zerst?rt, der Tempel in der Nacht zum 9. Oktober 1848 verbrannt. Joe Smith wurde gefangen und bald darauf in seiner Zelle des Gef?ngni?es zu Carthago (Hauptstadt des Countys) meuchlings umgebracht.[3] Die Reste der Mormonen zogen gen Westen und kamen nach langer, m��hseliger Wanderung durch Wildnis, Steppen und Gebirge, die an Abenteuern und Gefahren dem ber��hmten Zuge der 10000 Griechen nicht nachsteht, in Utah an, wo sie an den Ufern des gro?en Salzsees ein neues Jerusalem gr��ndeten.
Der Tempel, der der Stadt Nauvoo noch in seinen Tr��mmern zur Zierde gereichte, verschwand in den siebziger Jahren ganz vom Erdboden, indem ein gewinns��chtiger Deutscher, Namens Ritter, ihn kaufte, abbrach und die Steine zum Verkauf ausbot. Es fand sich jedoch kein K?ufer, und so liegen sie auf seinem Felde, teils zerschlagen, teils noch in ihren riesigen Dimensionen; die Skulpturen sind meist unkenntlich, ich erinnere mich nur, ein Relief der Sonne in Form eines menschlichen Antlitzes, von Strahlen umgeben, roh aus dem Sandstein gehauen, gesehen zu haben.
Die verlassenen H?user der Mormonen, soweit sie nicht zerst?rt und unbewohnbar waren, wurden von fremden Ansiedlern in Besitz genommen und bezogen; ich wohnte w?hrend des Winters 1882/83 in einem solchen. Es war nicht ver?ndert; ein einst?ckiger Backsteinbau mit drei Zimmern im Erdgescho? und einem im Giebel, von dem man den Mississippi sehen konnte. Ein Garten und daran schlie?ende Felder umgeben das einsam liegende H?uschen.[4] Mein Schlafzimmer hatte eine Th��r nach dem Garten, die nur mit einem
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