Viola Tricolor | Page 8

Theodor W. Storm
b?sen Schlange emporwand. Sie suchte ihn zu verscheuchen, sie fl��chtete sich vor ihm zu allen guten Geistern ihres Hauses, aber er verfolgte sie, er kam immer wieder und immer m?chtiger. War sie nicht nur von au?en wie eine Fremde in dies Haus getreten, das schon ohne sie ein fertiges Leben in sich schlo??--Und eine zweite Ehe--gab es denn ��berhaupt eine solche? Mu?te die erste, die einzige, nicht bis zum Tode beider fortdauern?--Nicht nur bis zum Tode! Auch weiter--weiter bis in alle Ewigkeit! Und wenn das?--Die hei?e Glut schlug ihr ins Gesicht; sich selbst zerfleischend, griff sie nach den h?rtesten Worten.--Ihr Kind--ein Eindringling, ein Bastard w��rde es im eigenen Vaterhause sein!
Wie vernichtet ging sie umher; ihr junges Gl��ck und Leid trug sie allein; und wenn der, welcher den n?chsten Anspruch hatte, es mit ihr zu teilen, sie besorgt und fragend anblickte, so schlossen sich ihre Lippen wie in Todesangst.--In dem gemeinschaftlichen Schlafgemache waren die schweren Fenstervorh?nge heruntergelassen, nur durch eine schmale L��cke zwischen denselben stahl sich ein Streifen Mondlicht herein. Unter qu?lenden Gedanken war Ines eingeschlafen, nun kam der Traum; da wu?te sie es: sie konnte nicht bleiben, sie mu?te fort aus diesem Hause, nur ein kleines B��ndelchen wollte sie mitnehmen, dann fort, weit weg--zu ihrer Mutter, auf Nimmerwiederkehr! Aus dem Garten, hinter den Fichten, welche die R��ckwand desselben bildeten, f��hrte ein Pf?rtchen in das Freie; den Schl��ssel hatte sie in ihrer Tasche, sie wollte fort--gleich.-Der Mond r��ckte weiter, von der Bettstatt auf das Kissen, und jetzt lag ihr sch?nes Antlitz voll beleuchtet in seinem blassen Schein.--Da richtete sie sich auf. Ger?uschlos entstieg sie dem Bett und trat mit nackten F��?en in ihre davor stehenden Schuhe. Nun stand sie mitten im Zimmer in ihrem wei?en Schlafgewand; ihr dunkles Haar hing, wie sie es nachts zu ordnen pflegte, in zwei langen Flechten ��ber ihre Brust. Aber ihre sonst so elastische Gestalt schien wie zusammengesunken; es war, als liege noch die Last des Schlafes auf ihr. Tastend, mit vorgestreckten H?nden, glitt sie durch das Zimmer, aber sie nahm nichts mit, kein B��ndelchen, keinen Schl��ssel. Als sie mit den Fingern ��ber die auf einem Stuhl liegenden Kleider ihres Mannes streifte, z?gerte sie einen Augenblick, als gewinne eine andere Vorstellung in ihr Raum; gleich darauf aber schritt sie leise und feierlich zur Stubent��r hinaus und weiter die Treppe hinab. Dann klang unten im Flur das Schlo? der Hoft��r, kalte Luft blies sie an, der Nachtwind hob die schweren Flechten auf ihrer Brust.--Wie sie durch den finstern Wald gekommen, der hinter ihr lag, das wu?te sie nicht; aber jetzt h?rte sie es ��berall aus dem Dickicht hervorbrechen; die Verfolger waren hinter ihr. Vor ihr erhob sich ein gro?es Tor; mit aller Macht ihrer kleinen H?nde stie? sie den einen Fl��gel auf; eine ?de, unabsehbare Heide dehnte sich vor ihr aus, und pl?tzlich wimmelte es von gro?en schwarzen Hunden, die in emsigem Laufe gegen sie daherrannten; sie sah die roten Zungen aus ihren dampfenden Rachen h?ngen, sie h?rte ihr Gebell immer n?her--t?nender-Da ?ffneten sich ihre halbgeschlossenen Augen, und allm?hlich begann sie es zu fassen. Sie erkannte, da? sie eben innerhalb des gro?en Gartens stehe; ihre eine Hand hielt noch die Klinke der eisernen Gittert��r. Der Wind spielte mit ihrem leichten Nachtgewande; von den Linden, welche zur Seite des Einganges standen, wirbelte ein Schauer von gelben Bl?ttern auf sie herab.--Doch--was war das?--Dr��ben aus den Tannen, ganz wie sie es vorhin zu h?ren glaubte, erscholl auch jetzt das Bellen eines Hundes, sie h?rte deutlich etwas durch die d��rren Zweige brechen. Eine Todesangst ��berfiel sie.--Und wieder erscholl das Gebell. "Nero", sagte sie; "es ist Nero."
Aber sie hatte sich mit dem schwarzen H��ter des Hauses nie befreundet, und unwillk��rlich lief ihr das wirkliche Tier mit den grimmigen Hunden des Traumes in eins zusammen; und jetzt sah sie ihn von jenseits des Rasens in gro?en Spr��ngen auf sich zukommen. Doch er legte sich vor ihr nieder, und jenes unverkennbare Winseln der Freude aussto?end, leckte er ihre nackten F��?e. Zugleich kamen Schritte vom Hofe her, und einen Augenblick darauf umfingen sie die Arme ihres Mannes; gesichert legte sie den Kopf an seine Brust.
Vom Gebell des Hundes aufgewacht, hatte er mit j?hem Schreck ihr Lager an seiner Seite leer gesehen. Ein dunkles Wasser glitzerte pl?tzlich vor seinem inneren Auge; es lag nur tausend Schritte hinter ihrem Garten an einem Feldweg unter dichten Erlenb��schen. Wie vor einigen Tagen sah er sich mit Ines an dem gr��nen Uferrande stehen; er sah sie bis in das Schilf hinabgehen und einen Stein, den sie vorhin am Wege aufgesammelt, in die Tiefe werfen. "Komm zur��ck, Ines!" hatte er gerufen, "es ist nicht sicher dort." Aber sie war noch immer stehengeblieben, mit den schwerm��tigen Augen in die Kreise starrend, welche langsam auf dem schwarzen Wasserspiegel ausliefen. "Das ist wohl unergr��ndlich?" hatte sie gefragt, da er sie endlich in seinen Armen
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