Venetianische Epigramme | Page 8

Johann Wolfgang von Goethe
Schenkel,
Kindisch
der liebliche Theil den Teppich herab. Ach wer einst zuerst

dich liebet, er findet die Blüte
Schon verschwunden, sie nahm frühe
das Handwerk hinweg.
CXXXIX.
Caffé wollen wir trinken mein Fremder! - da meynt sie branliren; Hab
ich doch, Freunde, mit Recht immer den Caffé gehaßt.
CXL.
Seyd ihr ein Fremder, mein Herr? bewohnt ihr Venedig? so fragten
Zwey Lacerten die mich in die Spelunke gelockt.
Rathet! - Ihr seyd
ein Franzos! ein Napolitaner! Sie schwatzten Hin und wieder und
schnell schlürften sie Kaffe hinein.
Thun wir etwas! Sagte die
Schönste, sie setzte die Tasse
Nieder, ich fühlte sogleich ihre
geschäftige Hand.
Sacht ergriff ich und hielte sie fest; da streckte die
zweyte Zierliche Fingerchen aus und ich verwehrt es auch ihr.
Ach!
es ist ein Fremder! so riefen sie beyde; sie scherzten Baten Geschencke
sich aus, die ich doch sparsam verlieh.
Drauf bezeichneten sie mir die
entferntere Wohnung
Und zu dem wärmeren Spiel spätere Stunden
der Nacht.
Kannten diese Geschöpfe sogleich den Fremden am
Weigern,
O so wißt ihr warum blaß der Venetier schleicht.
CXLI.
Gieb mir statt "Der " ein ander Wort o Priapus
Denn ich
Deutscher ich bin übel als Dichter geplagt.
Griechisch nennt ich dich
Phallos, das klänge doch prächtig den Ohren, Und lateinisch ist auch
Mentula leidlich ein Wort.
Mentula käme von Mens, der
ist etwas von hinten,
Und nach hinten war mir niemals ein froher
Genuß.
CXLII.
Camper der iüngere trug in Rom die Lehre des Vaters
Von den
Thieren uns vor wie die Natur sie erschuf,
Bäuche nahm und gab,

dann Hälse, Pfoten und Schwänze.
Alles gebrochenes Deutsch so wie
geerbter Begriff.
Endlich sagt' er: "Vierfüßiges Thier wir haben's
vollendet
Und es bleibet uns nur, Freunde, das Vöglen zurück!"

Armer Camper du hast ihn gebüst den Irrthum der Sprache,
Denn
acht Tage darnach lagst du und schlucktest Merkur.
CXLIII.
Knaben liebt ich wohl auch, doch lieber sind mir die Mädchen, Hab ich
als Mädchen sie satt, dient sie als Knabe mir noch.
CXLIV.
Köstliche Ringe besitz ich! Gegrabne fürtreffliche Steine
Hoher
Gedanken und Styls fasset ein lauteres Gold.
Theurer bezahlt man die
Ringe geschmückt mit feurigen Steinen, Blinken hast du sie oft über
dem Spieltisch gesehn.
Aber ein Ringelchen kenn ich, das hat sich
anders gewaschen, Das Hans Carvel einmal traurig im Alter besas.

Unklug schob er den kleinsten der zehen Finger ins Ringchen, Nur der
größte gehört, würdig, der eilfte, hinein.
CXLV.
Alle sagen mir, Kind, daß du mich betriegest,
O betriege mich nur
immer und immer so fort.
CXLVI.
Welche Hoffnung ich habe? Nur eine die heut mich beschäftigt,
Morgen mein Liebchen zu sehn das ich acht Tage nicht sah.
CXLVII.
Alles was ihr wollt, ich bin euch wie immer gewärtig
Freunde, doch
leider allein schlafen, ich halt es nicht aus.
CXLVIII.

Nackend willst du nicht neben mir liegen, du süße Geliebte, Schamhaft
hältst du dich noch mir im Gewande verhüllt.
Sag mir: begehr ich
dein Kleid? begehr ich den lieblichen Körper? Nun, die Schaam ist ein
Kleid! zwischen Verliebten hinweg!
CXLIX.
Lange sucht ich ein Weib mir, ich suchte, da fand ich nur Dirnen,
Endlich erhascht ich dich mir Dirnchen, da fand ich ein Weib.
CL.
Eine Liebe wünscht ich und konnte sie niemals gewinnen.
Wünschen
läßt sich noch wohl, aber verdienen nicht gleich.
CLI.
Fürchte nicht, liebliches Mädchen, die Schlange die dir begegnet! Eva
kannte sie schon, frage den Pfarrer mein Kind.
CLII.
Ob erfüllt sey was Moses und was die Propheten gesprochen
An dem
heiligen Christ, Freunde, das weiß ich nicht recht.
Aber das weiß ich:
erfüllt sind Wünsche, Sehnsucht und Träume, Wenn das liebliche Kind
süß mir am Busen entschläft.
CLIII.
Weit und schön ist die Welt, doch o wie dank ich dem Himmel Daß ein
Gärtchen beschränkt, zierlich mein eigen gehört.
Bringet mich wieder
nach Hause! was hat ein Gärtner zu reisen? Ehre bringt's ihm und
Glück, wenn er sein Gärtchen versorgt.
CLIV.
Ach! sie neiget das Haupt die holde Knospe, wer gießet
Eilig
erquickendes Naß neben die Wurzel ihr hin?
Daß sie froh sich

entfalte, die schönen Stunden der Blüthe
Nicht zu frühe vergehn,
endlich auch reife die Frucht.
Aber auch mir - mir sinket das Haupt
von Sorgen und Mühe.
Liebes Mädchen! Ein Glas schäumenden
Weines herbei.
CLV.
In dem engsten der Gäßchen es drängte sich kaum durch die Mauern
Saß mir ein Mädchen im Weg als ich Venedig durchlief.
Sie war
reizend, der Ort, ich ließ mich Fremder verführen
Ach ein weiter
Canal that sich dem Forschenden auf.
Hättest du Mädchen wie deine
Canäle Venedig und 
Wie die Gäßchen in dir, wärst du
die herrlichste Stadt.
CLVI.
Ein ander Handwerck und doch wer möchte dich nicht hier am Strande
sehen
CLVII.
Laß die Quellen die und suche die Quelle
Lieblich fließt
sie im Thal die Quelle der Liebe
Dürstend lehnt sich der Wanderer zu
seiten der Quelle
Löscht die brennende Qual und eilt gestärckt

weiter zum Ziel und segnet die Quelle
CLVIII.
Glücklich wer einst dich genießt wenn du das Wachsthum vollendet
dem du die Schenckelchen zart über den Körper legst
CLIX.
Was ist oben
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