nimmt. In seinen drei "Discours" macht er sodann den freilich vergeblichen Versuch nachzuweisen, da?? seine Trag??dien den Lehren der Poetik allenthalben entsprechen.
Engl?¤ndern wurde die Poetik durch die Italiener und Franzosen vermittelt, doch spielte sie bei ihnen nie eine so gro??e Rolle, und auch diese beschr?¤nkte sich fast ausschlie??lich auf jene drei "Einheiten." Da?? Shakespeare diese kannte, geht aus der Ansprache an die Schauspieler im Hamlet, den Prologen zu Heinrich V. und dem "Chorus" der Zeit im Winterm?¤rchen (IV(1)) hervor. Da er sich sonst ihnen gegen??ber noch weit gleichg??ltiger verh?¤lt als seine dramatischen Zeitgenossen (ein _Marlow, Jonson, Greene, Beaumont_ und _Fletcher_), so m??chte ich doch hier nicht unterlassen, wenigstens auf eine interessante Tatsache hinzuweisen, weil sie bisher m.W. nicht beobachtet worden ist. Die beiden letzten[4] Dramen aus seiner Feder sind das "Winterm?¤rchen" und der "Sturm." W?¤hrend nun in dem ersteren die "Einheiten" weit gr??blicher verletzt werden als in irgend einem anderen St??cke, hat er diese im "Sturm" und in ihm allein so streng wie nur irgend m??glich durchgef??hrt. Sollte er damit haben zeigen wollen, da?? f??r den wahren Dramatiker die Einhaltung oder die Vernachl?¤ssigung der Regeln," (S. XVIII) soweit die Wirkung in Betracht kommt, gleichg??ltig ist? Um die Mitte des 17. Jahrh. haben dann Milton, in der Einleitung zu seiner Trag??die "Samson Agonistes" (1671), und insbesondere Dryden, namentlich in seinem "Essay ??ber dramatische Poesie" (1668), der aristotelischen Poetik ein besonderes Interesse zugewandt, letzterer allerdings ganz unter dem Einflu?? von _Corneille Rapin, de Bossu_ und Boileau.
Die Besch?¤ftigung mit unserer Poetik in Deutschland beginnt, wie erw?¤hnt, mit Lessing. Goethe und durch ihn veranla??t auch Schiller (nach 1797) haben sich lebhaft mit ihr befa??t. In ihrem Gedankenaustausch ??ber die Schrift spiegelt sich die Eigenart der beiden Dichterf??rsten in charakteristischer Weise wieder, doch hat man die Empfindung, da?? in diesem Briefwechsel Schiller durchaus der Gebende ist. Noch wenige Jahre (1826) vor seinem Tode ist Goethe in seiner ganz kurzen "Nachlese zur Poetik" nochmals auf den Gegenstand zur??ckgekommen, worin er, wohl durch seine k??nstlerische Weltanschauung verleitet, eine ganz falsche ??bersetzung des Schlusses der Trag??diendefinition gibt.
Im 19. Jahrh. ist es, von der m?¤chtigen Wirkung der bereits erw?¤hnten Abhandlung von Bernays abgesehen, vor allem die ??sthetik, die sich allenthalben mit unserer Poetik auseinandersetzt, so _E. M??ller, Vischer, Volkelt, G??nther, Walter, W. Dilthey, Lippe, Bosanquet, Nietzsche, Baumgart_ und _Carri?¨re_, um nur diese zu nennen. In den Hauptfragen wie ??ber den Ursprung der Poesie, den Begriff des Kunstsch??nen, den Endzweck der Dichtung, sind manche dieser Forscher zwar zu neuen und eigenartigen aber im gro??en und ganzen keineswegs einwandfreieren oder sichereren Ergebnissen gelangt, als sie schon in den kurzen, fast ohne Begr??ndung hingeworfenen (S. XIX) Lehrs?¤tzen des Aristoteles uns vorliegen.
* * * * *
5. Die Quellen der Poetik.
Originalit?¤t ist ein rein relativer Begriff, ja in einem gewissen Sinne gibt es eine solche ??berhaupt nicht, ist doch jeder Denker ein Erbe der Vergangenheit[5] und irgendwie von Vorg?¤ngern, wenn nicht direkt abh?¤ngig, so doch, und zwar oft unbewu??t, beeinflu??t. Andrerseits steckt nicht minder h?¤ufig in der Art, wie ein Forscher den ihm vorliegenden Stoff verarbeitet, in der Beleuchtung, in die er ihn r??ckt, in dem Zusammenhang in den er ihn einreiht oder, falls er sich mit ihm im Widerspruch befindet, in der Begr??ndung seines entgegengesetzten Standpunkts ein ebenso hoher Grad von Selbst?¤ndigkeit und Originalit?¤t als in dem ganz Neuen, das er im ??brigen bringen mag. So ist denn zweifellos auch die Poetik des Aristoteles nicht wie Athene in voller R??stung aus dem Haupte des Zeus entsprungen, auch er hat, und zwar nachweisbar, eine umfangreiche Literatur ??ber seinen Gegenstand, vor allem in den Schriften der Sophisten, schon vorgefunden und so weit zweckdienlich verwertet oder auch zu widerlegen sich veranla??t gef??hlt. Gegen das Verdammungsurteil, das Platon gegen das Epos und Drama geschleudert hat, bildet die Poetik als Ganzes gleichsam einen stillschweigenden Protest, der in einer Anzahl Stellen sogar deutlich und greifbar hervortritt, obwohl er den Namen seines Lehrers niemals nennt.
Da?? einzelne Gedankeng?¤nge Platons ??ber die Dichtkunst (S. XX) auf Aristoteles eingewirkt, seinen Theorien eine gewisse Richtung gegeben und ihn bewogen haben zu ihm seinerseits Stellung zu nehmen, ist fast selbstverst?¤ndlich und allgemein anerkannt.
Wenn aber neuerdings in einem geistvollen und formvollendeten Buche,[6] das sich nicht nur an fachkundige Leser wendet, der Versuch gemacht worden ist, dem Verfasser der Poetik jede Originalit?¤t abzusprechen und sie zu einem blo??en Echo platonischer Gedanken herabzusetzen, so mu?? gegen diese tendenzi??se Entstellung des wirklichen Tatbestandes der sch?¤rfste Einspruch erhoben werden. Die Widerlegung dieser Verirrung eines sonst trefflichen Gelehrten im Einzelnen kann hier nicht unternommen werden, ich mu?? mich damit bescheiden, auf einige wenige Punkte aufmerksam zu machen, die aber allein schon gen??gen d??rften, die angewandte Beweisf??hrung in ein grelles Licht zu setzen und den Versuch selbst ad absurdum zu f??hren. Angesichts seiner unten[5b] zitierten, durch nichts gemilderten Behauptungen ist die Beobachtung geradezu verbl??ffend, da?? diese sich, soweit das Verh?¤ltnis des Aristoteles
Continue reading on your phone by scaning this QR Code
Tip: The current page has been bookmarked automatically. If you wish to continue reading later, just open the
Dertz Homepage, and click on the 'continue reading' link at the bottom of the page.