Todsünden | Page 2

Hermann Heiberg
folgendes.
Hermann Heiberg ist am 17. November 1840 in Schleswig, der jetzigen Provinzialhauptstadt, als Sohn eines Rechtsanwalts geboren. Die Heibergs, eine angesehene Patrizierfamilie, spielten in der kleinen Stadt seit langem eine gro?e Rolle. Heibergs Mutter, die noch lebt, entstammt dem gr?flichen Hause Baudissin-Knoop. Er verlebte eine sehr glückliche Jugend, man lie? ihm als Knaben Luft und Licht ... und er war ein frischer, fr?hlicher Junge, kein Stuben- und Ofenhocker. Seine Jugend wirft denn auch einen lichten, lachenden Schein in all seine Bücher,... er ist einer der gr??ten und naturwahrsten Kinderdarsteller der Gegenwart, ebenso wie er die Kleinstadt, in der eben seine Jugend dahinflo?, meisterhaft zu vergegenw?rtigen wei?. Nachdem Heiberg das Gymnasium seiner Vaterstadt durchlaufen hatte, wollte er das Studium der Rechte ergreifen; doch verhinderten die damaligen Wirrnisse in Schleswig-Holstein und andere Umst?nde die Ausführung dieses Entschlusses. Heiberg ward Kaufmann und zwar Buchh?ndler. Seine Lehrjahre, die er sp?ter im "Januskopf", diesem vortrefflichen Buchh?ndlerroman, geschildert hat, absolvierte er in Kiel. Dann übernahm er in Schleswig die selbst?ndige Leitung einer von seinem Vater begründeten, aber bisher von fremder Hand verwalteten Buchhandlung, die er wenige Jahre sp?ter, nachdem er inzwischen ein Jahr in K?ln gewesen, als Eigentum an sich brachte. Nach dem Krieg von 1866 verkaufte er sein aufblühendes und mit einer eigenen Druckerei versehenes Gesch?ft, um nach Berlin zu übersiedeln. Hier ward er vorerst gesch?ftlicher Leiter der Nordd. Allg. Ztg., dann der Spenerschen Zeitung, doch bald wurde der energische und tüchtige Mann in die Direktion der Preu?ischen Bankanstalt berufen. In seiner neuen Stellung sammelte er die vielseitigsten Erfahrungen, zumal sie ihn zu h?ufigen und ausgedehnten Reisen durch Deutschland, die Schweiz, Holland, Belgien, D?nemark, Frankreich und England veranla?te. Wo ist ein Schriftsteller mit einer so eigentümlichen und bewegten Vergangenheit, ein Schriftsteller, der als th?tiger Mann im Leben stand, nicht es als mü?iger Zuschauer beobachtete?... Die Bank liquidierte; er stellte sich auf eigne Fü?e und besch?ftigte sich vorwiegend mit der Einleitung zur Finanzierung von Eisenbahn- und Tramway-Unternehmungen; erhielt auch einige male allein oder im Verein mit anderen bedeutsame Vertretungen--so war er z.B. einmal vorübergehend Bevollm?chtigter der chinesischen Regierung für eine Finanzierung in London--, zog sich aber endlich doch, mehrfach um die Früchte seines Flei?es und seiner Geschicklichkeit gebracht und grenzenlos angewidert von allem, was "Gesch?ft" hei?t, zurück. Im Jahre 1881 schrieb er dann, "um meine mi?mutigen Gedanken zu t?ten," wie er sagt, jene reizenden "Plaudereien mit der Herzogin von Seeland." Der gro?e Erfolg, den dieses anmutige und originelle Buch fand, ermunterte ihn zum Weiterschaffen, und so lebt er denn noch jetzt als Schriftsteller in Berlin W., an der Seite einer liebenswürdigen Frau, mit der er sich 1865 verm?hlt hat, umgeben von einem blühenden Kinderkreis, rastlos und erfolgreich th?tig.
Hiermit legt der Verein der Bücherfreunde der deutschen Leserwelt sein neuestes Werk vor.
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Es war Herbstzeit, doch bisher hatte kein Sturm die B?ume ihrer Bl?tter entkleidet. Wohin das Auge blickte, sah es noch Laub, aber die W?lder hatten doch ihr Aussehen bereits ver?ndert: wundervolle kupferrote und in scharfem Eiergelb prangende Farben tauchten neben dem Grün, das der Sommer gezeigt, auf, und wie mit Silber bedeckt erschien ein einzelner Baum, der, hoch die andern überragend, emporstrebte aus einem parkartigen Geh?lz, welches das versteckt und düster gelegene Erbgut Falsterhof rings umgab.
An einem solchen Herbsttage, um die D?mmerung, wandte sich ein Mann, der eben die Drei?ig zurückgelegt hatte, in die zu dem Gute führende Kastanienallee.
Aber bald hemmte er seine Schritte und horchte gespannt nach dem Hofe hinüber. Als von dort das Gebell eines Hundes an sein Ohr schlug, ?nderte er, den unheimlich klugen Mund in dem scharfknochigen, bartlosen Gesicht bewegend, die Richtung, zw?ngte sich durch zwei eine stille, gro?e Wiese flankierende Feldsteine hindurch und ging, wiederholt vorsichtig um sich schauend, auf einem Umwege dem Geh?ft zu.
Nach zehn Minuten hatte er ein zur Linken des Herrenhauses sich hinstreckendes, dichtes Geh?lz erreicht, durchschritt es, bis er an einen Gemüsegarten gelangte, und schlich dann an einem diesen begrenzenden Wirtschaftsgeb?ude entlang. Hier übersprang er, den gebahnten Weg verlassend, einen mit Brennesseln bestandenen Graben und befand sich zuletzt nur noch wenige Schritte entfernt von einem hier emporragenden Flügel des Gutshauses.
Es war ein wohl über zwei Jahrhunderte alter, aus breiten, starken Backsteinen abgeführter, verwitterter Bau, umrankt von Epheu und Schlinggew?chsen, und dem Auge um so unfreundlicher und düsterer erscheinend, als die Fenster tief eingeladen waren, und gro?e B?ume ihn beschatteten.
Vor zwei Monaten war, über siebzig Jahre alt, der Besitzer von Falsterhof, Klaus von Brecken, gestorben, und seit vierzehn Tagen k?mpfte seine ebenso alte Frau Marianne, geborene Sand, mit dem Tode. Das wu?te der Mann, der hier horchend still stand und sich so Gewi?heit verschaffen wollte über Verlauf oder Ende der Krankheit.
Das Schlafzimmer der Greisin lag nach hinten hinaus; es schaute mit seinen Fenstern auf einen jetzt von dem Fremden betretenen, von Gebüsch eingefriedigten kleinen Rasenfleck. Monate konnten vergehen, bevor es jemandem einfiel, diesen abgeschiedenen Winkel
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