2. Bedienter. Mit Euer Gnaden Erlaubniß, Lord Lucius macht euch aus
Freundschaft und Erkenntlichkeit ein Geschenk von vier milchweissen
Pferden, mit Silber angeschirrt.
Timon. Ich werde sie auf eine edle Art annehmen;
(zu Flavius.)
Sorget davor, daß ihnen wohl gewartet werde. (Ein dritter Bedienter.)
Was giebt's? was neues?
3. Bedienter. Mit Euer Gnaden Erlaubniß, der hochgebohrne Lord
Lucullus bittet sich Euere Gesellschaft morgen auf eine Jagd aus, und
hat Euer Gnaden zwo Kuppeln Windhunde hergeschikt.
Timon. Ich will mit ihm jagen; ich will sie annehmen, und nicht
vergessen, ihm einen schönen Ersaz zu thun.
Flavius (vor sich.) Wo will das hinkommen? Er befiehlt uns immer
Provisionen zu machen, und macht grosse Präsente, und alles aus einer
leeren Kiste. Und doch will er nicht leiden, daß ich ihm zeige, was für
ein Bettler seine Freygebigkeit ist; seine Versprechungen fliegen soweit
über sein Vermögen hinaus, daß er für alles was er spricht, für jedes
Wort, schuldig werden müßte. Er ist so gut, daß er Intressen bezahlt,
um Andern Freygebigkeiten zu erzeigen. Alle seine Güter stehen in den
Schuldbüchern seiner Gläubiger. Gut! ich wollte ich würde mit einer
guten Art meines Diensts entsezt, eh ich gezwungen werde ihn zu
verlassen. Glüklicher ist wer gar keine Freunde zu füttern hat, als
solche, die noch schlimmer sind als seine erklärten Feinde selbst. Mein
Herz blutet mir vor meinen Herren.
(Er geht ab.)
Timon. Ihr thut euch selbst unrecht, ihr verringert eure Verdienste zu
sehr. Hier, Milord, ein kleines Merkmal unsrer Freundschaft.
1. Lord. Ich nehm' es mit höchstem Dank an.
2. Lord. Er hat das großmüthigste Herz von der Welt.
Timon. Ah, ich erinnere mich erst izt, Milord, daß euch neulich das
Castanien-braune Pferd, worauf ich ritt, wohl zu gefallen schien: Es ist
euer, weil es euch gefällt.
3. Lord. O ich bitte euch um Verzeihung, Milord, was das betrift.
Timon. Nehmt mein Wort dafür, Milord; ich weiß, niemand kan etwas
nach Verdienst loben, als was er liebt. Ich schäze meines Freundes
Geschmak nach meinem eignen! ich spreche in vollem Ernst--Meine
Herren, ich werde mich bey euch melden lassen.
Alle Lords. O! niemand wird uns so willkommen seyn.
Timon. Alle Besuche, und besonders die eurigen, sind mir so werth und
angenehm, daß es nicht genug ist, wenn ich euch davor danke; ich
könnte Königreiche unter meine Freunde austheilen, und es nie müde
werden. Alcibiades, du bist ein Soldat, und also selten reich; deine
Einkünfte sind unter den Todten, und deine Ländereyen ligen in einem
Schlachtfeld --
Alcibiades. Es ist noch Land's genug einzunehmen, Milord.
1. Lord. Wir sind euch so gänzlich verpflichtet--
Timon. Das bin ich euch.
2. Lord. So unendlich verbunden--
Timon. Alles auf meiner Seite. Lichter, mehr Lichter!
3. Lord. Wir wünschen euch eine beständige Dauer der
vollkommensten Glükseligkeit, Lord Timon.
Timon. Zum Dienst meiner Freunde.
(Die Lords gehen ab.)
Achte Scene.
Apemanthus. Was das für ein Gelerm ist, für ein Geschnäbel, und für
Scharr- Füsse! Ich zweifle, ob ihre Beine das Geld werth sind, das man
für sie ausgegeben hat. Freundschaft ist voller Hefen; mich däucht,
falsche Herzen sollten niemals gesunde Beine haben. So tauschen
ehrliche Narren ihr Geld an Complimente.*
{ed.-* Wenn in dieser Rede wenig Sinn und Zusammenhang ist, so
muß man wissen, daß sie im Original in Reimen geschrieben ist, wie
viele andre in diesem Stüke. Die Reime scheinen dem Shakespear viel
zu schaffen gemacht zu haben; sein freyer und feuriger Genie geht
darinn wie ein Läuffer in Courier-Stiefeln.}
Timon. Nun, Apemanthus, wenn du nicht mürrisch wärest, so wollt' ich
gut gegen dich seyn.
Apemanthus. Nein, ich will nichts; denn wenn ich auch noch bestochen
würde, so bliebe niemand übrig, der dich durch die Hechel ziehen
würde, und denn würdest du noch mehr sündigen. Du verschenkst so
lange, Timon, besorg' ich, daß du in kurzem dich selbst weggeben wirst.
Wozu sollen alle diese Gastmähler, dieser Prunk und dieser eitle
Aufwand?
Timon. O wenn du anfängst über alle Geselligkeit loszuziehen, so
schwör ich, ich will dir keinen Blik mehr gönnen. Lebe wohl, und
komme mit einer bessern Musik wieder.
Apemanthus. So--du willt mich izt nicht hören, du sollst auch nicht! Ich
will dir das einzige Mittel entziehen, was dich noch retten könnte. O,
daß die Ohren der Leute nur für guten Rath taub sind, und nicht für
Schmeicheley.
(Geht ab.)
Zweyter Aufzug.
Erste Scene. (Ein öffentlicher Plaz in der Stadt.) (Ein Senator tritt auf.)
Senator. Und unlängst, fünf tausend; dem Varro und dem Isidorus ist er
neuntausend schuldig, und dann meine vorhergehende Schuld; das
macht zusammen fünf und zwanzig--Nimmt denn die Wuth der
Verschwendung kein Ende bey ihm? Es kan nicht dauern, es kan nicht.
Wenn ich Geld brauche, so darf ich nur einen Bettler-Hund stehlen, und
ihn dem Timon geben; der Hund münzt mir Geld. Wenn ich gern mein
Pferd verkaufte, um zehen bessere dafür zu kauffen, gut, so
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