Timon von Athen | Page 8

William Shakespeare
Niemals ist so viel Güte mit so viel Thorheit in einem Menschen beysammen gewesen--Was ist zu thun?--Er wird nicht h?ren, bis er fühlt; ich mu? freymüthig mit ihm sprechen, wenn er von der Jagd heimkommt! O! weh! weh! weh! (Caphis, Isidor und Varro treten auf.)
Caphis. Guten Abend, Varro; wie, kommt ihr auch um Geld zu fordern?
Varro. Das wird vermuthlich euer Gesch?ft auch seyn?
Caphis. Es ist nicht anders, und euers auch, Isidor?
Isidor. So ist es.
Caphis. Ich wollte, wir w?ren alle bezahlt.
Varro. Mir ist nicht wohl bey der Sache.
Caphis. Hier kommt der Lord. (Timon und sein Gefolge treten auf.)
Timon. Sobald wir zu Mittag gegessen haben, wollen wir wieder fort. Mein Alcibiades--Nun, was ist euer Begehren.
(Sie bieten ihm ihre Handschriften hin.)
Caphis. Gn?diger Herr, hier ist eine Rechnung von gewissen Schulden --
Timon. Schulden? Woher seyd ihr?
Caphis. Von Athen, hier, Gn?diger Herr.
Timon. Geht zu meinem Verwalter.
Caphis. Euer Gnaden wollen mir's zu gut halten, er hat mich diesen ganzen Monat durch von einem Tag auf den andern vertr?stet; mein Herr wird durch eine dringende Veranlassung gen?thiget, das Seinige einzufordern, und bittet demüthig, Euer Gnaden m?chte, nach dero bekannten Gro?muth ihm sein Recht angedeyhen lassen.
Timon. Mein ehrlicher Freund, komm den n?chsten Morgen wieder.
Caphis. Nein, Gn?diger Herr--
Timon. M??ige dich, guter Freund.
Varro. Eines gewissen Varro's Bedienter, gn?diger Herr.
Isidor. Von Isidor, er bittet um schleunige Bezahlung.
Caphis. Wenn Euer Gnaden die Noth wü?te, worinn mein Herr stekt. --
Varro. Die Verschreibung, gn?diger Herr, ist schon vor sechs Wochen verfallen --
Isidor. Euer Haushofmeister wei?t mich ab, und ich bin ausdrüklich zu Euer Gnaden geschikt worden.
Timon. La?t mich nur zu Athem kommen,--
(zu seinen Begleitern)
Ich bitte euch, meine werthesten Herren, gehet hinein, ich werde euch in einem Augenblik aufwarten--
(Die Lords gehen ab.)
Kommt hieher;
(zu Flavius)
Wie geht das zu, da? ich auf eine so schimpfliche Art mit ungestümen Anfordrungen wegen Schulden, verfallnen Handschriften, und Vorenthaltung l?ngst richtig zumachender Zahlungen angefallen werde?
Flavius. Mit eurer Erlaubni?, meine Herren; es ist izt keine gelegne Zeit für euer Gesch?fte; wartet bis nach Mittag, damit ich Seiner Gnaden inzwischen begreiflich machen kan, warum ihr noch nicht bezahlt seyd.
Timon. Thut das, meine Freunde.
(zu Flavius.)
Seht, da? ihnen wohl begegnet werde.
(Timon geht ab.)
Flavius. Ich bitte euch, kommt herein.
(Flavius geht ab.)

Dritte Scene. (Apemanthus und ein Harlequin zu den Vorigen.)
Caphis. Wartet, wartet, hier kommt der Narr mit Apemanthus, wir wollen ein wenig Spa? mit ihnen haben.
Varro. An den Galgen mit ihm, er wird uns eins anh?ngen.
Isidor. Da? ihn die Pest,--den Hund!
Varro. Wie geht's, Narr?
Apemanthus. Redst du mit deinem Schatten?
Varro. Ich rede nicht mit dir.
Apemanthus. Das ist wahr, du redst mit dir selbst. Komm, la? uns gehn.
(Zum Narren.)
Isidor. Der Narr hangt schon an deinem Rüken.
Apemanthus. Nein, du stehst einzeln.
Caphis. Weil du noch nicht an ihm bist. Wo ist der Narr hingekommen?
Apemanthus. Er hat die lezte Frage gethan. Arme Schelme und Wucherers Sclaven! Kuppler zwischen Geld und Mangel!
Alle. Was sind wir, Apemanthus?
Apemanthus. Esel.
Alle. Was?
Apemanthus. Wenn ihr euch selbst kenntet, so brauchtet ihr mich nicht zu fragen. Rede du mit ihnen, Narr.
Harlequin. Was lebt ihr gutes, meine Herren?
Alle. Grossen Dank, Narr; was macht eure Frau?
Narr. Sie sezt eben Wasser über, um solche Hühnchen abzubrühen, wie ihr seyd. Ich wünschte wir k?nnten das Vergnügen haben, euch zu Corinth* zu sehen.
{ed.-* Ein unter gewissen Leuten übliches Wort anstatt Bordell, vermuthlich von der Ausgelassenheit dieser alten Griechischen Stadt hergenommen; wovon (Alexander ab Alexandro) sagt:(Corinthi super mille Prostitutae in templo Veneris assiduae degere & inflammata libidine quaestui meretricio operam dare & velut Sacrorum ministrae Deae famulari solebant.) Warbürton.}
Apemanthus. Grossen Dank für den guten Wunsch! (Ein Page zu den Vorigen.)
Narr. Seht, hier kommt meiner Frauen Page.
Page. Wie geht's, Capitain, Was macht ihr in dieser weisen Gesellschaft? Wie befindst du dich, Apemanthus?
Apemanthus. Ich wollt', ich h?tte eine Ruthe in meinem Maul, um dir eine heilsame Antwort geben zu k?nnen.
Page. Ich bitte dich Apemanthus, lies mir die Aufschrift auf diesen Briefen; ich wei? nicht, wem jeder geh?rt.
Apemanthus. Kanst du nicht lesen?
Page. Nein.
Apemanthus. Es wird also an dem Tag, da du geh?ngt werden wirst, nicht viel Gelehrtheit sterben--Dieser ist an Lord Timon, dieser an Alcibiades. Geh, du wardst ein Huren-Sohn gebohren, und wirst als ein Huren- Wirth sterben.
Page. Und du wardst als ein Hund geworffen, und wirst verhungern, wie ein Hund. Antworte mir nicht, ich gehe.
(Er geht ab.)
Apemanthus. Narr, ich will mit euch zum Lord Timon gehn.
Harlequin. Wollt ihr mich dort verlassen?
Apemanthus. Wenn Timon bey Hause ist--Ihr drey dient bey drey Wucherern?
Alle. Ich wollte, sie dienten uns.
Apemanthus. Das wollt' ich auch--Ein so feiner Streich, als jemals ein Henker einem Dieb gespielt hat!
Harlequin. Seyd ihr Drey Wucherers-Leute?
Alle. Ja, Narr.
Harlequin. Ich glaub', es giebt in der ganzen Welt keinen Wucherer, der nicht einen Narren zum Diener hat. Meine Frau geh?rt auch in diese Zunft, und ich bin ihr Narr; wenn die Leute zu euern Herren gehn um Geld zu borgen, so kommen sie traurig, und gehn lustig fort; aber in meiner Frauen Haus gehn sie lustig hinein, und traurig wieder
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