Tahiti. Erster Band. | Page 8

Friedrich Gerstäcker
und Redensarten, im Verkehr mit den Fremden, aufgefangen
und behalten haben. »~Joranna boy~! -- wie geht's -- wie geht's Freund
-- komm herunter, komm herunter -- weißer Mann, Capitain sagt, soll
herunterkommen.«
»So?« lachte René in derselben Sprache, -- »weißer Mann Capitain sagt
also ich soll herunter kommen?«
Der Indianer nickte auf das freundlichste, daß er ihn so gut verstanden
hatte, und versicherte, sich zu seinen Begleitern wendend, diesen, daß
er die Sache jetzt augenblicklich in Ordnung bringen würde.
»Ja, komm herunter, komm herunter -- weißer Mann Capitain sagt«
wiederholte er noch einmal, dieses Factum vor allen Dingen außer
jeden Zweifel zu stellen.
»Und wenn ich, weißer Mann kein Capitain nun nicht will?« lachte
René.
»Nicht will?« rief der Führer der Eingebornen erstaunt aus, und sah den
Fremden an; dann aber, denn er konnte in dessen Gesicht immer noch
keinen Ernst entdecken, dies ebenfalls für einen guten Spaß desselben
haltend, den er zu ihrem eigenen Vergnügen gemacht habe, schaute er

sich nach den Andern um, lachte laut auf, und erzählte ihnen mit der
größten Freundlichkeit was der Weiße da oben eben so Lustiges gesagt
habe.
Die übrigen Eingebornen, die gleich von allem Anfang gar nichts
Anderes erwartet hatten, konnten darin aber nicht den mindesten Spaß
entdecken, und ein paar, zu diesem Zwecke an den Alten gerichtete
Worte machten diesen ebenfalls wieder ernsthaft und ließen ihn doch
an die Möglichkeit glauben daß der Fremde am Ende wirklich nicht
selber herunterkommen wollte, und ihn da herunter zu holen, war
jedenfalls eine mißliche Sache.
»Bah, bah« sagte der Alte jetzt kopfschüttelnd und mit einem Gesicht
als ob man einem unartigen Kinde irgend eine Thorheit verweisen
wolle -- »närrisch Ding, närrisch Ding -- weißer Mann Capitain guter
Mann, verlangen weiter Nichts wie herunterkommen.«
»Was bekommt Ihr dafür mich zu holen?« frug ihn aber René so gerade
mitten in alle seine Berechnungen hinein, daß er ihn ganz wieder außer
Fassung brachte, und er erst den Weißen, und dann seine Begleiter
erstaunt ansah, augenscheinlich unschlüssig ob er diese, etwas
indiscrete Frage so geradezu und der Wahrheit gemäß beantworten
solle. Er hielt es am Ende für besser es erst mit den Seinen zu berathen;
da diese aber nicht das mindeste Bedenken darin fanden seinem
Wunsche zu willfahren, wandte er sich wieder zu dem jungen
Franzosen und zählte ihm jetzt mit der größten Ernsthaftigkeit alle die
Artikel auf die sie bekommen würden, und zwar mit einem Eifer und
einer Genauigkeit, als ob das noch ein besonderer Beweggrund für ihn
selber sein müsse, jetzt augenblicklich niederzusteigen und ihnen den
Besitz aller dieser Herrlichkeiten nicht länger, widerrechtlicher Weise,
vorzuenthalten.
Zu ihrem Erstaunen ließ sich aber der Fremde selbst nicht durch die
Erwähnung des Handbeils und die fünf Yards rothen Kattun bestechen,
sondern blieb nur ruhig und unbeweglich in seiner Stellung. Angenehm
war es ihm aber nicht, diese Masse verschiedenartiger Gegenstände
aufzählen zu hören, und er konnte daraus nicht allein sehen wie viel
dem Harpunier daran gelegen gewesen war ihn wieder zu bekommen,

als auch wie sehr schon die Habgier dieser sonst einfachen und
gutmüthigen Leute erregt worden, den ausgesetzten Lohn so rasch als
möglich zu verdienen. Ueberredung half hier Nichts, so viel sah er
recht gut ein, wäre er selbst ihrer Sprache vollkommen mächtig
gewesen, und das einzige was sich noch mit ihnen im Guten anfangen
ließ, war ihnen an Geld und vielleicht Kleidern gleichen Nutzen zu
bieten, wo er dann wieder das zu seinen Gunsten hatte, daß sie bei
dessen Annahme ihre Gliedmaßen in keine Gefahr brachten.
»So?« sagte er also, da sie geendet hatten und nun nichts anderes zu
erwarten schienen als daß er nach solchen dargelegten Gründen, ihren
Beweisen nicht länger werden widerstehen können -- »so? -- das also
hat Euch weißer Mann Capitain Alles geboten, mich einzig und allein
wieder unten abzuliefern?«
»Ja Freund -- blos unten abzuliefern« lautete die Antwort.
»Todt oder lebendig?« frug aber der junge Mann mit größter
Kaltblütigkeit zurück, und erschreckte dadurch den Alten nicht wenig,
der jetzt zum ersten Mal an zu begreifen fing, daß der Fremde doch am
Ende nicht so ganz gutwillig mit ihnen gehen werde.
»Todt oder lebendig?« wiederholte er erstaunt und versuchte zu lachen,
was ihm aber mißglückte -- »todt? wir sollen doch weißen Mann nicht
todt abliefern -- lebendig versteht sich.«
»Und wenn sich nun weißer Mann zur Wehr setzt?« sagte René.
»Zur Wehr setzen?« frug der Alte, der das Wort nicht so recht zu
verstehen schien -- »zur Wehr setzen?«
»Nun ich meine, wenn weißer Mann unter keiner Bedingung gutwillig
mitgehen will und sich vertheidigt« erklärte es ihm der Fremde deutlich
genug.
»Aber fünf Yards rothen Kattun -- ein Handbeil -- zwei Messer«
begann der erstaunte Eingeborne alle die Herrlichkeiten wieder
aufzuzählen; René aber, dem Nichts daran lag sie nur hinzuhalten, was

er mit Leichtigkeit für den ganzen Tag hätte thun können da viele
dieser Leute fast gar
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