Tahiti. Erster Band. | Page 9

Friedrich Gerstäcker
keinen Begriff von Zeit oder dem Werth derselben
haben, unterbrach ihn mitten in der schon gehörten Liste und sagte
freundlich, während er eine ganze handvoll Silbergeld aus seiner
Tasche nahm und ihnen vorzeigte:
»Was wollt Ihr denn thun, wenn ich Euch nun ebensoviel an baarem
Gelde gebe, als Euch weißer Mann Capitain für mich versprochen hat,
heh und dann bei Euch bleibe und mit Euch lebe und wohne?« --
Das war jedenfalls ein Vorschlag zur Güte, und die Eingeborenen
beriethen lange unter sich was sie damit thun sollten; endlich
erkundigte sich der Alte näher danach wie viel Geld das eigentlich sei,
was er da in der Hand halte. René zählte es über -- es waren sechs
Fünf-Frankenthaler und vielleicht zehn Franken an kleiner Münze Geld,
was sie hier, in ihrem Verkehr mit Tahiti, recht gut kannten.
Für eine solche Summe wußten sie auch gut genug, daß sie selbst in
Papetee ebensoviel an Waaren bekommen könnten als ihnen geboten
worden; erstlich aber war der Verkehr mit jenem Platz nicht sehr
bedeutend, und dann hatten sie ja auch die Sachen noch nicht hier,
während sie dieselben von Bord des Wallfischfängers gleich richtig und
ohne weitere Mühe überliefert bekamen.
Die Unterhandlung fiel für den Matrosen ungünstig aus, und der Alte
suchte ihn nun, gewissermaßen als Entschuldigung seiner abschlägigen
Antwort, und als einziges Motiv ihrer Weigerung, auseinanderzusetzen,
wie sich auf dieser Insel Niemand ohne Beistimmung ihres ~Fua~ oder
Königs von fremden Völkern aufhalten dürfe und daß sie also, wenn sie
auch selber wünschten ihn bei sich zu behalten, ihn darin doch nicht
unterstützen dürften. »Ja,« setzte dann der Alte mit vieler
Aufrichtigkeit und auch gewiß Wahrheit hinzu -- »wollten wir jetzt
selbst Dein Geld nehmen, und Dich zufrieden lassen, wir könnten Dich
doch nicht schützen, und der König würde bald Andere schicken, die
Dich trotzdem abholten.«
René sah dies recht gut ein, und beschloß also deshalb mit Sr. Majestät
selber zu unterhandeln -- wie aber das möglich zu machen? stieg er

hinunter, so gab er sich vollkommen in die Gewalt seiner Feinde, und
überfielen und banden ihn diese nachher, so konnten sie ihm mit
leichter Mühe abnehmen was er bei sich hatte, ohne daß er je im Stande
gewesen wäre auch nur eine Centime seines Geldes wieder zu
bekommen -- und Sr. Majestät zuzumuthen hier oben heraufzuklettern,
mit einem entlaufenen Matrosen wegen einiger Thaler zu unterhandeln
war doch auch ein wenig viel verlangt. Nichtsdestoweniger beschloß er
den Versuch zu machen, denn hinunter wollte er auf keinen Fall eher
steigen, bis nicht der Delaware die Insel verlassen hätte. Er bat also den
Alten, der überhaupt der Leiter der Schaar zu sein schien, ihn erst noch
einmal kurze Zeit hier oben zu lassen, und indessen selber hinunter zu
Sr. Majestät zu gehen, oder wenigstens einen von seinen Leuten
hinunter zu schicken, der dem König Kunde von seinem Vorschlag
brächte, ihn um die Erlaubniß längeren Aufenthaltes auf dieser Insel
und Schutz zu bitten, bis sich das fremde Schiff entfernt hätte, wofür er
denn seinerseits Willens sei, Sr. Majestät, falls diese ihm seine
Sicherheit garantire, zwanzig Fünf-Frankenthaler -- ein Capital für
diese Menschen -- auszuzahlen.
»Ja -- sehr gut das,« sagte der Alte nach einer kurzen Pause ernster
Ueberlegung -- »sehr gut das, weißer Mann nicht Capitain kann mit
~fu-a~ sprechen, aber muß hinunter gehn -- König nicht heraufkommen
hier oben auf Berg -- König sehr faul, nicht viel Berge steigen.«
»Ja, ich kann ihm da aber doch nicht helfen,« lachte René -- »wenn er
die zwanzig großen Stücke Silber verdienen will, muß er auch etwas
mehr dafür thun, als blos mit dem Scepter winken. Also marsch Ihr
guten Freunde, bringt Sr. Majestät meinen freundlichen Gruß und
Handschlag, und meldet ihm, was ich ihm hiemit entbieten lasse. Er
soll einen vortrefflichen Vasallen an mir haben, und kann auch, wenn
er es nur irgend anzustellen weiß, noch weit mehr Nutzen aus mir
ziehen; ich bin gelehrig, und wer weiß ob ich mich nicht selbst ganz
vortrefflich zu Schwiegersohn und Nachfolger eignen würde.«
Der Alte verstand sicher nicht die Hälfte von alle dem, was ihm der
Fremde da in seinem leichten fröhlichen Muth vorplauderte, soviel aber
begriff er, daß er dem König eine gewisse Summe, und zwar eine

ziemlich bedeutende bot, ihn frei zu lassen und nicht die mindeste
Absicht habe vorher herunter zu kommen. Ging nun der König diese
Bedingung ein, so verlor er selber jedenfalls seinen Antheil an dem
ausgesetzten Lohne, ging er sie aber nicht ein, so war der ganze Weg
doch umsonst gewesen, und es erschien ihm also weit besser gleich das
Letztere von vornherein anzunehmen, und den jungen Burschen, der da
oben doch so freundlich lachte, und sich gewiß nicht gegen sie wehren
würde, nur vor allen Dingen erst einmal herunterzuholen und
mitzunehmen: das Andere konnten sie ja nachher unten ausmachen. Ein
paar mit seinen Begleitern rasch
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