gutzumachen suchen, was ich und andere mit mir
schlecht gemacht haben, aber nur noch in mir, in mir selbst. Alles
andere ist Sentimentalität und Pfuscherei.
* * * * *
Ich hatte heute Nacht (24./25. II. 05) ca. 3/4 2 Uhr nach dem ersten
Einschlafen wieder einen jener schon beschriebenen Gehirnzustände
(etwa der achte in der Reihe), dessen Hauptmerkmal mir zu sein scheint,
daß ich -- innerhalb des Traumzustandes -- aus einem unangenehmen
Traum mit aller Willenskraft ins wache Bewußtsein hinausstrebe. Es ist
der Grenzzustand des Erwachens aus einem peinigenden oder doch
beunruhigenden Traum das eigentliche Thema eines solchen
Traumzustandes. So erinnere ich mich augenblicklich nicht mehr des
Traumes im Traume selbst, sondern nur noch des Erwachenwollens, ja
scheinbar wirklich Erwachtseins im Traume. Ich schien mich endlich
mit aller Kraft aus dem Krampf des Traumes losgerissen zu haben, aber
ich glaubte nicht an mein wirkliches Erwachtsein. Da fühlte ich ein
Fünfpfennigstück zwischen den Zähnen. Ich biß darauf: jetzt war kein
Zweifel mehr: es widerstand, es schmeckte metallig; ich schien
wirklich wach. Währenddem wachte ich mehr und mehr auf. Im letzten
Stadium vor dem wirklichen Erwachen verwandelte mein offenbar
klarer werdender Intellekt das Geldstück in eine Emser Pastille, die sich
zu lösen begann und den salzig-säuerlichen Geschmack auf meiner
Zunge verstärkte. Hierauf wachte ich wirklich auf und war verwundert,
nichts in meinem Munde zu finden. (Ich hatte nebenbei bemerkt den
Tag -- aber nicht den Abend zuvor -- einige Emser Pastillen gegessen.)
* * * * *
Einem wirklichen Traume (28./29. Juli 05) folgend, möchte ich ein
dramatisches Märchen orientalischen Charakters schreiben. Der Traum
war etwa so: Eine Anzahl von uns, worunter mir noch M. Heimann,
später auch Frisch (und seine Frau) erinnerlich, waren von andern
eingeladen worden, Schriften (Dramen, Lyrisches, Lehrhaftes) eines
fremden, höchst merkwürdigen Kulturvolkes (Chinesen, Inder?)
kennenzulernen, um sie zu übersetzen. Es hieß, 12 Personen hätten
genug auf Jahre zu tun, wenn sie einen Vorstoß in diese fremde
wunderliche Literatur machen wollten. Zu dem Zweck wurden uns
große Bücher vorgelegt, die mit schönen mönchischen Handschriften
gefüllt waren, und uns Stellen vorgelesen, die uns außerordentlich
bedeutsam erschienen. Zu gleicher Zeit glitten wir im Traum
unmerklich mehr und mehr in dieses Land selbst, es wurde uns geraten,
seine Tempel, Gärten, Theater, Schlösser kennen zu lernen. Ein Trupp
von uns wurde herumgeführt. Ich erinnere mich eines ungeheuren
Lesesaales, in den man uns blicken ließ und dessen uns
entgegengesetzte Seite eine einzige gewaltige Glasscheibe abschloß,
durch die man eine Schweizer Landschaft mit einer Stadt erblickte, --
wie wir erfuhren: Bern und seine Alpen; augenscheinlich von jenen
Leuten der Wirklichkeit nachgebildet und hinter jener Scheibe als
Aussicht angebracht.
Nach einer Weile verlor ich meine Gefährten. Ich nahm einen eigenen
Führer und ließ mich von ihm, ich glaube nach einem Tempel, tragen.
Der Träger trug zwei Stangen, die oben Fußtritte wie die Stelzen hatten.
Auf diese trat man, während man sich an ihrem obersten Teile mit den
Händen und Armen festhielt. Der Träger trug dann das Ganze wie eine
doppelte Fahnenstange.
Der Mann, den ich genommen, lachte auf meine Befürchtung, ich
könne ihm zu schwer werden und versicherte, ich würde viel eher
loslassen als er. Er trug mich durch reißende Kanäle und zuletzt begann
ich sowohl müde zu werden, wie ihn zu fürchten. Hier schiebt sich
irgendwo eine Vorstellung ein, die ich in einem der Theater gesehen
haben muß und in der ein junges, süßes, zartes Geschöpf die Hauptrolle
gespielt haben muß. Worte und Erscheinung überwältigten mich mit
solcher Macht, daß ich in Tränen ausbrach. Und ich weinte so mit
meinem ganzen Wesen, aber ohne jede Bitterkeit, nur aus tiefster
Erregung der Seele, daß ich meine, dies Gefühl nie vergessen zu
können. Was das Stück enthielt, weiß ich nicht mehr. Das Wort
Samaria blieb haften und als hinterher wieder davon als von einem
Übersetzungsangebot gesprochen wurde, hörte ich, daß die Sonne darin
einmal mit Amanda angeredet wurde, was ich durch Alliebende (!) zu
übertragen vorschlug.
Chor (zu vorigem)
Gebrochen von des Lebens vielen Strafen, hinwandl' ich meinen Pfad
gebeugten Hauptes, schon nicht mehr hoffend auf des Himmels Gnade,
die süßen Boten lächelnden Erbarmens.
* * * * *
Wenn ich ein Musiker wäre, so würde ich eine Symphonie 'Vineta'
schreiben.
* * * * *
Ich wäre als Maler gewiß in Menzels Spuren gegangen, so sehr
interessiert mich jeder Gegenstand als rein malerisches Objekt.
* * * * *
Wenn man durch Zusammenstellung der beiden Hände geheimnisvolle
Figuren bildet, so habe ich ein besonderes Verständnis dafür und
möchte sie alle kennen lernen. Für mich ist die Mystik der Hände
unaussprechlich. (Dabei sind meine eigenen zwar klein, aber nicht
schön. Nur der Handrücken -- überhaupt die geballte Faust -- ist gut
und vielleicht die Daumen. Die andern Finger sind Herdentiere. Der
Handteller ist sehr bemerkenswert: Ein Chaos von Linien um ein
riesiges M.)
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