Sieben Jahre in Süd-Afrika. Erster Band. | Page 7

Emil Holub
von der See als auch aus dem
inneren Hochlande Kommenden den freundlichsten Eindruck macht
und der Hauptstadt einen besonderen Reiz verleiht. Nähern wir uns der
Stadt von der hohen See, so fallen uns schon aus großer Entfernung
zahlreiche weiße Pünktchen auf, welche sich am Fuße des
langgestreckten Löwenkopfes längs der See hinziehen, sie entpuppen
sich in der Nähe als Villen, die aus den im prächtigsten Grün
strotzenden Gärten hervorlugen und sich am Fuße der hier mit einem
Grasteppich bedeckten Hügel, dort schroff abfallenden Felsenhöhe
ungemein reizend und malerisch ausnehmen. Ein Tusculum der
wohlhabenden Bewohner der Capstadt, besonders der Handelsherren,
verbindet eine Pferdebahn, welche von 6 Uhr Morgens bis 10 Uhr
Nachts in Betrieb gesetzt ist, diese Vorstadt mit der Metropole. Der von
der Stadt entfernteste, nach der hohen See zu liegende Theil dieser
Vorstadt wird Sea-Point, der näherliegende, mit ihr
zusammenhängende Green-Point genannt. Da, wo sie sich vereinigen,
finden sich die Friedhöfe, von denen jener der Europäer den stillen
Cypressengärten Madeira's gleicht, während die höher am Bergabhange
liegenden Friedhöfe der Eingebornen, namentlich die Begräbnißstelle
der mohamedanischen Malayen mit ihren zahlreichen mit Inschriften
versehenen Grabsteinen für den Ethnographen großes Interesse bieten.
Neben den auf dunklen Schiefertafeln eingegrabenen Inschriften sind
diese Gräber blos mit aus Papier geschnitzten und von Zeit zu Zeit
erneuerten Blumen geschmückt.
Gewährt schon der Fuß des Löwenkopfes mit den schönen Villen einen
reizenden Anblick, so gilt dies in erhöhtem Grade von dem untersten
Hange des Teufelsberges. Hier reiht sich auf Meilen hin Dorf an Dorf,
Garten an Garten, die einzelnen nett und sauber gehaltenen Gehöfte oft
durch dichte Nadel- oder Eichengehölze von einander getrennt und
überschattet. Von hundert zu hundert Schritt taucht hier immer ein
neues anziehendes Bild auf, das zuweilen ausnehmend schön genannt
werden kann, wie z.B. die über diesem Punkte sich erhebende Partie

des Teufelsberges hier als eine interessante Felsenformation, dort als
Gehölze oder blühende Erikawiesen den Hintergrund bildet. Eine über
100 Meilen landeinwärts führende Eisenbahn verbindet diese Vorstädte
mit der Stadt. Züge gehen in der Regel stündlich ab. Ein besonderes
Interesse bietet die dritte Station dar, sie führt der königlichen
Sternwarte wegen, die etwas abseits gegen den Salt-River zu auf einer
zu einem Lustgarten umgewandelten Sanddüne erbaut ist, den Namen
»Observatory Road«. Unter der Leitung Prof. Gill's stehend, hat die
Sternwarte durch Herschel junior's epochemachende Arbeiten Weltruf
errungen. Auch der gegenwärtige Leiter und seine Gemahlin sind in
den englischen Kreisen wohl bekannt, sie namentlich durch das von ihr
veröffentlichte Werk: »Sechs Monate auf der Insel Ascension«, welche
Zeit sie auf dieser öden vulkanischen Insel in Gemeinschaft mit ihrem
Mann zubrachte, mit astronomischen, dem Durchgange des Mars
gewidmeten Beobachtungen beschäftigt.
Der bedeutendste und anziehendste der drei die Capstadt so
bezeichnenden und mit der Stadt selbst berühmt gewordenen Berge ist
der schon mehrmals erwähnte 1082 Meter hohe Tafelberg
(Table-mountain).
Mehr als ein Drittel der ganzen Höhe des Massivs nimmt der theils mit
angebauten Wiesen, theils mit Gras, Buschwerk und mannigfaltigen
Haidekräutern bewachsene Riesensockel ein, aus dem fast
perpendiculär die mächtige, zerklüftete, doch oben vollkommen
abgeflachte Kuppe aufsteigt. Stunden vergehen, bevor man auf die mit
Felsenblöcken bedeckte Hochfläche, die dem Berge den Namen gab,
gelangt, und oben angekommen, erheischt es die größte Vorsicht, um
nicht irre zu gehen! Es ist daher angezeigt, sich der Führung eines
Bewohners der Capstadt anzuvertrauen, an solchen bereitwilligen
Führern fehlt es aber nicht, denn die Bewohner der meisten Städte
Süd-Afrika's zeichnen sich durch ihre Freundlichkeit, ihre
Gastfreundschaft und ihr biederes Entgegenkommen aus. Namentlich
ist für jene, welche schöne Felsen-Scenerien bewundern wollen, das
Besteigen des Tafelberges von hohem Interesse; allein der Genuß, den
diese hie und da durch die natürlichen, oft so grotesken Felsenformen
und eine reiche tropische Vegetation fesselnden und die Mühe des

Besteigens so reichlich entlohnenden Bergeslehnen bieten, wird noch
von der schönen Aussicht überboten, die den Besucher erwartet, wenn
er müde von dem beschwerlichen Aufstieg an der flachen Kuppe
angelangt, den Blick rund herum über den Horizont schweifen läßt. Vor
uns dehnt sich scheinbar endlos nach Westen und Norden der Spiegel
des Oceans aus, die tief in das Land einschneidende Tafelbai verräth
uns jetzt noch das durch Jahrtausende thätige Bestreben des Meeres,
den schmalen Felsenriegel, der die Tafelbai von der Kalk- und
Simonsbai im Süden trennt, zu durchbrechen. In der Tafelbai selbst
aber erblicken wir die flache, durch einen Leuchtthurm und
Häusercomplexe gekennzeichnete Robbeninsel, auf der sich
gegenwärtig ein Asyl für Irrsinnige und ein Staatsgefängniß für
angesehene politische, den dunklen Racen angehörige Sträflinge
befindet.
Unter uns der im farbenreichen Grün strotzende Fuß des Tafelberges
und zwischen ihm und der Bai, in der zahllose, theils im sicheren Hafen,
theils außerhalb auf der freien Rhede liegende Schiffe von regem
Handel zeugen--die hellschimmernden Gebäude der Stadt, durch die
sich kreuzenden geraden Straßen als ein Complex von Rechtecken
hervortretend, deren Monotonie hie und da oasenförmig durch das
Grün der Gärten und Alleen angenehm unterbrochen erscheint. Dort
drüben
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