Schelmuffskys wahrhaftige, kuriöse und sehr gefährliche Reisebeschreibung zu Wasser und z | Page 6

Christian Reuter
zu dem Grafen an zu lächeln und meinte, ich würde es
unmöglich können Bescheid tun, weil der Herr Graf ein dicker,
korpulenter Herr und ich gegen ihn nur ein Aufschüßling wäre und in
meinen Magen das Glas voll Branntwein wohl schwerlich gehen würde.
Ich war aber her und setzte mit dem Glase voll Branntwein an und soff
es, der Tebel hol mer, flugs auf einen Schluck aus. O sapperment! was
sperrte der Wirt vor ein paar Augen auf und sagte heimlich zum Grafen,
daß was Rechts hinter mir stecken müßte. Der Graf aber klopfte mich
hierauf gleich auf meine Achseln und sagte: Herr Bruder, verzeihe mir,
daß ich dich zum Trinken genötigt habe, es soll hinfort nicht mehr
geschehen, ich sehe nun schon, was an dir zu tun ist, und daß
deinesgleichen von Konduite[7] wohl schwerlich wird in der Welt
gefunden werden. Ich antwortete dem Herrn Bruder Grafen hierauf sehr

artig wieder und sagte, wie daß ich wahrlich ein brav Kerl wäre und
noch erstlich zu was Rechts werden würde, wenn ich weiter in die Welt
hineinkommen sollte und wenn er mein Bruder und Freund bleiben
wollte, sollte er mich künftig mit dergleichen Dingen verschonen. O
sapperment! wie demütigte sich der Graf gegen mich und bat mirs auf
seine gebogenen Knien ab und sagte, dergleichen Exzesse sollten
künftig nicht mehr von ihm geschehen.
[7] feinem Benehmen.
Hierauf bezahlten wir den Wirt, setzten uns wieder auf unsern
Schellenschlitten und fuhren immer weiter in die Welt hinein. Wir
gelangten zu Ende des Oktobers, da es schon fast ganz dunkel worden
war in der berühmten Stadt Hamburg an, allwo wir mit unserm
Schlitten am Pferdemarkte in einem großen Hause einkehrten,
worinnen viel vornehme Standespersonen und Damens logierten.
Sobald als wir da abgestiegen waren, kamen zwei italiänische Nobels[8]
die Treppe oben heruntergegangen; der eine hatte einen messingenen
Leuchter in der Hand, worauf ein brennendes Wachslicht brannte, und
der andere eine große töpferne brennende Lampe, welche geschwippt
voll Bomolie[9] gegossen war, die hießen uns da willkommen und
erfreuten sich meiner wie auch des Herrn Bruders Grafen seiner guten
Gesundheit. Nachdem sie nun solche Komplimente gegen uns abgelegt
hatten, nahm mich der eine Nobel mit dem brennenden Wachslichte bei
der Hand und der andere mit der brennenden Bomolienlampe faßte den
Herrn Grafen bei dem Ärmel und führten uns da die Treppe hinauf, daß
wir nicht fallen sollten, denn es waren sechs Stufen oben ausgebrochen.
Wie wir nun die Treppe oben hinaufkamen, so präsentierte sich ein
vortrefflicher, schöner Saal, welcher um und um mit den schönsten
Tapezereien und Edelgesteinen ausgeziert war und von Gold und Silber
flimmerte und flammte. Auf demselben Saale nun stunden zwei
vornehme Staaten[10] aus Holland und zwei portugiesische Abgesandte,
die kamen mir und meinem Herrn Bruder Grafen gleichfalls
entgegengegangen, hießen uns auch willkommen und erfreuten sich
ebenfalls unserer guten Gesundheit und glücklichen Anherokunft. Ich
antwortete denselben flugs sehr artig wieder und sagte, wenn sie auch
noch fein frisch und gesund wären, würde es mir und dem Herrn

Grafen sehr lieb auch sein. Als ich mein Gegenkompliment nun auch
wieder abgelegt hatte, so kam der Wirt in einem grünen Samtpelze
auch dazu, der hatte nun ein groß Bund Schlüssel in der Hand, hieß uns
auch willkommen und fragte, ob ich und der Herr Graf belieben
wollten, noch eine Treppe höher mit ihm zu steigen, allwo er uns
anweisen wollte, wo wir unser Zimmer haben sollten.
[8] Leute von Adel.
[9] holländisch für Baumöl.
[10] Abgeordnete der Generalstaaten.
Ich und der Herr Bruder nahmen hierauf von der sämtlichen
Kompagnie mit einer sehr artigen Miene Abschied und folgten dem
Wirte, daß er uns in unser Zimmer führen sollte, welches wir zu unserer
Bequemlichkeit innehaben sollten. Sobald wir nun mit ihm noch eine
Treppe hinaufkamen, schloß er eine vortreffliche schöne Stube auf,
worinnen ein über alle Maßen galantes Bett stund und alles sehr wohl
in derselben Stube aufgeputzt war; daselbst hieß er uns unsere
Gelegenheit gebrauchen, und wenn wir was verlangten, sollten wir nur
zum Fenster hinunterpfeifen, so würde der Hausknecht alsobald zu
unsern Diensten stehen, und nahm hierauf von uns wieder Abschied.
Nachdem wir uns nun so ein bischen ausgemaustert hatten, so kam der
Wirt im grünen Samtpelze wieder hinauf zu uns und rief uns zur
Abendmahlzeit, worauf ich und der Herr Bruder Graf gleich mit ihm
gingen. Er führte uns die Treppe wieder hinunter über den schönen Saal
weg und in eine große Stube, allwo eine lange Tafel gedeckt stund, auf
welche die herrlichsten Traktamenten getragen wurden. Der Herr Wirt
hieß uns da ein klein wenig verziehen, die andern Herren wie auch
Damens würden sich gleich auch dabei einfinden und uns Kompagnie
leisten.
Es währte hierauf kaum so lange, als er davon geredet hatte, so kamen
zu der Tafelstube gleich auch hineingetreten die zwei italienischen
Nobels, welche uns zuvor bekomplimentiert hatten, ingleichen auch die
zwei Staaten aus
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