Schelmuffskys wahrhaftige, kuriöse und sehr gefährliche Reisebeschreibung zu Wasser und z | Page 7

Christian Reuter
Holland und die zwei portugiesischen Abgesandten,
und brachte ein jedweder eine vornehme Dame neben sich an der Hand

mit hinein geschleppt. O sapperment! als sie mich und meinen Herrn
Bruder Grafen dastehen sahen, was machten sie alle mit einander vor
Reverenzen gegen uns, und absonderlich die Menscher[11], die sahen
uns, der Tebel hol mer, mit rechter Verwunderung an. Da nun die ganze
Kompagnie beisammen war, welche mitspeisen sollte, nötigten sie
mich und meinen Herrn Bruder Grafen, daß wir die Oberstelle an der
Tafel einnehmen mußten, welches wir auch ohne Bedenken taten. Denn
ich setzte mich nun ganz zu oberst an, neben mir zur linken Hand saß
der Herr Bruder Graf und neben mir rechts an der Ecke saßen
nacheinander die vornehmen Damens, weiter hinunter hatte ein
jedweder auch seinen gehörigen Platz eingenommen. Unter währender
Mahlzeit nun wurde von allerhand Staatssachen diskuriert, ich und der
Bruder Graf aber schwiegen dazu stockstille und sahen, was in der
Schüssel passierte, denn wir hatten in drei Tagen keiner keinen Bissen
Brot gesehen.
[11] Frauenspersonen, Damen.
Wie wir uns aber beide brav dicke gefressen hatten, so fing ich hernach
auch an, von meiner wunderlichen Geburt zu erzählen, und wie es mit
der Ratte wäre zugangen, als sie wegen des zerfressenen seidenen
Kleides hätte sollen totgeschlagen werden. O sapperment! wie sperrten
sie alle Mäuler und Nasen auf, da ich solche Dinge erzählte, und sahen
mich mit höchster Verwunderung an. Die vornehmen Damens fingen
gleich an darauf, meine Gesundheit zu trinken, welchen die ganze
Kompagnie Bescheid tat. Bald sagte eine, wenn sie soff: Es lebe der
vornehme Herr von Schelmuffsky! bald fing eine andere drauf an: Es
lebe die vornehme Standesperson, welche unter dem Namen
Schelmuffsky seine hohe Geburt verbirgt! Ich machte nun allemal eine
sehr artige Miene gegen die Menscher, wenn sie meine Gesundheit so
nach der Reihe soffen. Die eine vornehme Dame, welche flugs neben
mir an der Tischecke zur rechten Hand saß, die hatte sich wegen der
Begebenheit von der Ratte ganz in mich verliebt. Sie druckte mir wohl
über hundertmal die Fäuste überm Tische, so gut meinte sie es mit mir,
weil sie sich in mich so sehr verliebt hatte, doch war es nicht zu
verwundern, weil ich so artig neben ihr saß und alles dazumal, der
Tebel hol mer, flugs über mich lachte. Nachdem ich nun mit meinem

Erzählen fertig war, so fing mein Herr Bruder auch gleich an, von
seinem Herkommen zu schwatzen und wo seine zweiunddreißig Ahnen
alle herkommen, und erzählte auch, in welchem Dorfe seine
Großmutter begraben läge und wie er, als er noch ein kleiner Junge von
sechzehn Jahren gewesen, einunddreißig Pumpelmeisen zugleich auf
einmal in einem Sprenkel gefangen hätte und was das Zeugs mehr alle
war; allein er brachte alles so wunderlich durcheinander vor und
mengte bald das Hundertste in das Tausendste hinein und hatte auch
kein gut Mundwerk, denn er stammerte gar zu sehr, daß er auch, wie er
sah, daß ihm niemand nicht einmal zuhörte, mitten in seiner Erzählung
stille schwieg und sah, was sein Teller guts machte. Wenn ich aber zu
diskurieren anfing, Ei sapperment! wie horchten sie alle wie die
Mäuschen, denn ich hatte nun so eine anmutige Sprache und kunnte
alles mit so einer artigen Miene vorbringen, daß sie mir nur, der Tebel
hol mer, mit Lust zuhörten.
Nachdem der Wirt nun sah, daß niemand mehr aß und die Schüsseln
ziemlich ausgeputzt waren, ließ er die Tafel wieder abräumen. Wie
solches geschehen, machte ich und der Bruder Graf ein sehr artig
Kompliment gegen die sämtliche Kompagnie und standen von der
Tafel auf. Da sie das über Tische nun sahen, fingen sie alle miteinander
an auch aufzustehen. Ich und der Herr Bruder Graf nahmen hierauf
ohne Bedenken zuerst wieder unsern Weg zum Tafelgemach hinaus
und marschierten nach unserm Zimmer zu. Die sämtliche Kompagnie
aber begleitete uns über den schönen Saal weg und bis an unsere
Treppe, wo wir wieder hinaufgehen mußten, allda nahmen sie von uns
gute Nacht und wünschten uns eine angenehme Ruhe. Ich machte nun
gegen sie gleich wieder ein artig Kompliment und sagte, wie daß ich
nämlich ein brav Kerl wäre, der etwas müde wäre, wie auch der Herr
Graf, und daß wir in etlichen Wochen in kein Bette gekommen wären.
So zweifelten wir gar nicht, daß wir wacker schlafen würden, und sie
möchten auch wohl schlafen. Nach dieser sehr artig gegebenen Antwort
ging nun ein jedweder seine Wege, ich und mein Herr Bruder Graf
gingen gleich auch die Treppe vollends hinauf und nach unsrer Stube
zu. Wie wir da hineinkamen, so pfiff ich dem Hausknechte, daß er uns
ein Licht bringen mußte, welcher auch augenblicks damit sich einstellte
und wieder seiner Wege ging.

Dann legten wir uns beide in das schöne Bette, welches in der Stube
stund. Sobald als der Herr Bruder Graf sich dahineinwälzte, fing er
gleich an zu schnarchen, daß
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