Büchsenschmied in
London und zwei Dublonen unter Brüdern wert." Der Herr dachte in
der Überraschung: "Du dummer Dieb!" und kauft die Pistole. Als er
aber die Pistole gekauft hatte, kehrte er den Stiel um und sprach "Nun
halt, sauberer Geselle, und geh augenblicklich voraus, wohin ich dich
heissen werde, oder ich schiesse dich auf der Stelle tot." Der Spitzbube
aber nahm einen Sprung in den Wald und sagte: "Schiesst herzhaft los,
gnädiger Herr; sie ist nicht geladen." Der Herr drückte ab, und es ging
wirklich nicht los, wie nebenstehende Figur beweist; denn sonst müsste
man Rauch sehen. Er liess den Ladstock in den Lauf fallen, und es war
kein Körnlein Pulver darin. Der Dieb aber war unterdessen schon tief
im Wald, und der vornehme Engländer ging schamrot zurück, dass er
sich also habe in Schrecken setzen lassen, und dachte an vieles.
Brassenheimer Siegesnachrichten vom Jahre 1813
Im Spätjahr 1813 erfuhren wir Brassenheimer von dem Krieg in
Sachsen auch lange nichts anders, als lauter Liebes und Gutes, wer
nämlich französisch gesinnt war, und niemand hatte bei Turmstrafe das
Herz, etwas anderes zu wissen, noch viel weniger zu sagen,
ausgenommen ein lustiger Kumpan, der Spielmann in der untern Gasse,
hat's gemerkt. Was tut der Spielmann? Er geht ins Amtshaus. "Herr
Amtmann, die Hochzeiten- und Kirchweihtänze wollen heuer gar nicht
recht geraten. Wolltet Ihr mir und meinen Kameraden nicht erlauben,
dann und wann an einem Sonntag abends im Roten Löwen eine
Komödie zu spielen für ein Geringes?" Der Amtmann erwiderte:
"Reichenauer, das lob' ich an Euch, dass Ihr Euch lieber auf eine
geziemliche Art forthelfen und Euern Mitbürgern einen lustigen Abend
dafür machen wollt, als dass Ihr wieder Schulden macht oder stehlt."
Also kündeten sie auf den nächsten Sonntag eine nagelneue Komödie
an. Es sei die neueste, sagten sie, die es gibt. In derselben Komödie
musste einer mitspielen, der hiess Franz, und hatte eine Frau mit
Namen Viktoria, ein gar stattliches, handfestes Weibsbild. Im Verlauf
der Komödie musste es sich schicken, dass der Franz mit einem
fremden Mann Verdruss bekam. Der Zank gebar Schimpf, der Schimpf
gebar Schläge, und wer die meisten bekam, war nicht der fremde Mann,
sondern der Franz, also dass er zuletzt seine Frau zu Hilfe rief. Weil sie
aber Viktoria hiess, konnte er nicht Apollonia oder Kunigunda rufen,
und also fügete es sich, dass, je mehr er Schläge bekam und je besser
sie aufsassen, desto lauter rief er: "Viktoria! Viktoria!" Daran haben
wir Brassenheimer, was verständige Leute unter uns sind, zum ersten
Mal gemerkt, wie es damals in Sachsen stehen mochte, und was es zu
bedeuten hatte, wenn man schrie: "Viktoria! Viktoria!" Der Herr
Amtmann hat zum Glück nichts gemerkt.
Brennende Menschen
Zwar von feurigen Mannen hat man schon oft gehört, aber seltener von
brennenden Frauen. Eine Apothekersfrau geht nachts mit der Magd in
den Keller und will etwas holen. Die Magd steigt mit dem Licht auf
eine Stellasche, greift auf den Schaft, wirft eine grosse Flasche voll
Branntwein um, worin ungefähr 6-8 Mass waren, und zerbricht sie, der
Branntwein strömt plötzlich herab, so über die Magd, so über die Frau.
Das Licht kommt der Magd an den Ärmel. Die Magd fangt an
lichterloh zu brennen, rot mit gelbem Schein. Die Frau will ihr zu Hilfe
eilen. Die Frau brennt auch an. Beide rennen brennend die Treppe
hinauf in den Hof. Der Apothekerjung sieht's und springt davon, meint,
es woll' ihn einer holen, mit dem man nicht gern geht, den der
Hausfreund nicht nennen darf. Im Hof am Brunnen begiessen sie sich
mit Wasser. Das Wasser wird nicht Meister über den Branntewein.
Endlich wirft sich die Magd auf den Dunghaufen im Hof und wälzt sich
darauf. Die Frau wirft sich ebenfalls auf den Dunghaufen und wälzt
sich auch. Beide löschten aus; die Magd wurde noch geheilt, aber die
Frau musste sterben. Merke: Wenn man brennt, muss man sich auf
einem Misthaufen wälzen. Solches ist auch gut für die, welche den
Branntewein inwendig im Leib haben.--
Brotlose Kunst
In der Stadt Aachen ist eine Fabrik, in welcher nichts als Nähnadeln
gemacht werden. Das ist keine brotlose Kunst. Denn es werden in jeder
Woche 200 Pfund Nadeln verfertigt, von denen 5000 Stück auf ein
Pfund gehen; Facit: eine Million, und der Meister Schneider und die
Näherin und jede Hausmutter weiss wohl, wieviel man für einen
Kreuzer bekommt, und es ist nicht schwer auszurechnen, wie viel Geld
an den Aachener Nadeln in der Fabrik selbst und durch den Handel
jährlich verdient und gewonnen wird. Das Werk geht durch Maschinen,
und die meisten Arbeiter sind Kinder von acht bis zehn Jahren. Ein
Fremder besichtigte einst diese Arbeiten und wunderte sich, dass es
möglich sei, in die allerfeinsten Nadeln mit einem noch feinern
Instrument ein Loch zu stechen, durch welches nur der allerfeinste, fast
unsichtbare Faden kann gezogen werden. Aber ein Mägdlein, welchem
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