General gewichen war, da reute es ihn, denn er war vormittags ein gar
menschlicher Herr, und bekam fast grosse Anfechtung in seinem
Gewissen, dass er mit viel unschuldigem Blut sein Wort und seinen Eid
sollt' lösen. Also liess er den Feldprediger kommen und klagte ihm
seine Not. Der Feldprediger meinte zwar, massen der Feldhauptmann
einen Schwur getan hätte, der Gott leid sei, so sei brechen besser als
halten. Das glaubte der Feldhauptmann nicht, denn er hielt sein Wort
und seinen Schwur über alles teuer. Aber nach langem Besinnen kam's
auf einmal wie Sonnenschein in sein Angesicht, und sagte: "Was ich
geschworen habe, das will ich auch halten, Punktum!" Als aber die
schwedischen Zimmerleute das Stadttor hatten eingehauen, und der
Feldhauptmann ritt selber mit drei Fähnlein hinein, befahl er, alle
Hunde im Städtlein zu töten, aber die Menschen liess er leben, und
wurden selbigen Tages neunzehn grosse Metzgerhunde, drei
Schäferhunde, vierundsechzig Pudel, acht Windhunde, zwölf
Dachshunde und zwei gar feine Möpperlein jämmerlich teils
zusammengehauen, teils mit Büchsen zu Tod geschossen. Also hat der
Feldhauptmann das menschliche Blut verschont und doch seinen Eid
gehalten. Denn er hatte den Schwur getan: Kein Hund soll am Leben
bleiben, und ist auch keiner daran geblieben.
Böser Markt
In der grossen Stadt London und rings um sie her gibt es
ausserordentlich viel gute Narren, die an anderer Leute Geld oder
Sackuhren oder kostbaren Fingerringen eine kindische Freude haben
und nicht ruhen, bis sie dieselben haben. Dies bringen sie zuweg
manchmal durch List und Betrug, noch öfter durch kühnen Angriff,
manchmal am hellen, lichten Tag und an der offenen Landstrasse.
Einem geratet es, dem andern nicht. Der Kerkermeister zu London und
der Scharfrichter wissen davon zu erzählen. Eine seltsame Geschichte
begegnete aber eines Tages einem vornehmen und reichen Mann. Der
König und viele andere grosse Herren und Frauen waren an einem
schönen Sommertage in einem grossen königlichen Garten versammelt,
dessen lange, gewundene Gänge sich in der Ferne in einem Wald
verloren. Viele andere Personen waren auch zugegen, denen es nicht
auf einen Gang und auf ein paar Stunden ankam, ihren geliebten König
und seine Familie froh und glücklich zu sehen. Man ass und trank, man
spielte und tanzte; man ging spazieren in den schönen Gängen und
zwischen dem duftenden Rosengebüsch, paarweise und allein, wie es
sich traf. Da stellte sich ein Mensch, wohl gekleidet, als wenn er auch
dazu gehörte, mit einer Pistole unter dem Rock in einer abgelegenen
Gegend an einen Baum, wo der Garten an den Wald grenzt, dachte: es
wird schon jemand kommen. Wie gesagt, so geschehen. Kommt ein
Herr mit funkelndem Fingerring, mit klingenden Uhrenketten, mit
diamantnen Schnallen, mit breitem Ordensband und goldnem Stern,
will spazieren gehn im kühlen Schatten und denkt an nichts. Indem er
an nichts denkt, kommt der Geselle hinter dem Baum hervor, macht
dem guten Herrn ein bescheidenes Kompliment, zieht die Pistole
zwischen dem Rock und Kamisol heraus, richtet ihr Maul auf des Herrn
Brust und bittet ihn höflich, keinen Lärm zu machen, es brauche
niemand zu wissen, was sie miteinander zu reden haben. Man muss
übel dran sein, wenn man vor einer Pistole steht, weil man nicht weiss,
was drin steckt. Der Herr dachte vernünftig: Der Leib ist kostbarer als
das Geld; lieber den Ring verloren als den Finger; und versprach zu
schweigen. "Gnädiger Herr", fuhr jetzt der Geselle fort: "wären Euch
Eure zwei goldenen Uhren nicht feil für gute Bezahlung? Unser
Schulmeister richtet die Uhr alle Tage anderst, man weiss nie, wie man
dran ist, und an der Sonnenuhr sind die Zahlen verwischt." Will der
reiche Herr wohl oder übel, so muss er dem Halunken die Uhren
verkaufen für ein paar Stüber oder etwas, so man kaum ein Schöpplein
dafür kann trinken. Und so handelt ihm der Spitzbube Ring und
Schnallen und Ordensstern und das goldne Herz, so er vorne auf der
Brust im Hemd hatte, Stück für Stück ab um schlechtes Geld und
immer mit der Pistole in der linken Hand. Als endlich der Herr dachte:
Jetzt bin ich absolviert, gottlob! fing der Spitzbube von neuem an:
"Gnädiger Herr, weil wir so gut miteinander zurechtkommen, wollet
Ihr mir nicht auch von meinen Waren etwas abhandeln?" Der Herr
denkt an das Sprichwort, dass man müsse zu einem bösen Markt ein
gutes Gesicht machen, und sagt: "Lasst sehen!" Da zog der Bursche
allerlei Kleinigkeiten aus der Tasche hervor, so er vom
Zweibatzenkrämer gekauft oder auch schon auf einem ungewischten
Bank gefunden hatte, und der gute Herr musste ihm alles abkaufen,
Stück für Stück um teures Geld. Als endlich der Spitzbube nichts mehr
als die Pistole übrig hatte und sah, dass der Herr noch ein paar schöne
Dublonen in dem grünen, seidenen Geldbeutel hatte, sprach er noch:
"Gnädiger Herr, wolltet Ihr mir für den Rest, den Ihr da, in den Händen
habt, nicht die Pistole abkaufen? Sie ist vom besten
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