sollst so finstern Blicks nicht von mir gehn! Zeig deine Blumen!
Melitta. Hier!
Phaon (eine Rose herausnehmend). Nimm diese Rose! (Er steckt sie ihr an den Busen.) Sie sei Erinnrung dir an diese Stunde, Erinnerung, da? nicht blo? in der Heimat Da? auch in fernem Land es--Freunde gibt.
(Melitta, die bei seiner Ber��hrung zusammengefahren, steht jetzt mit hoch klopfender Brust, beide Arme hinabh?ngend, mit gesenktem Haupt und Aug' unbeweglich da. Phaon hat sich einige Schritte entfernt und betrachtet sie von weitem.)
Man ruft von innen. Melitta!
Melitta. Riefst du mir?
Phaon. Ich nicht!--Im Hause!
Melitta (die Kr?nze, die ihr entfallen sind, zusammenraffend). Ich komme schon!
Phaon. Bist du so karg, Melitta? Verdient denn meine Gabe kein Geschenk?
Melitta. Ich, ein Geschenk? Was h?tt' ich Arme wohl?
Phaon. Gold schenkt die Eitelkeit, der rauhe Stolz, Die Freundschaft und die Liebe schenken Blumen. Hier hast du Blumen ja--
Melitta (die Blumen von sich werfend). Wie? diese hier, Die jene wilden M?dchen dort gepfl��ckt, Sie die bestimmt f��r--Nimmermehr!
Phaon. Was sonst?
Melitta. Da? sie doch diese Str?uche so gepl��ndert! Da ist auch nirgends einer Blume Spur, (Am Rosenstrauche emporblickend.) An jenem Zweige h?ngt wohl eine Rose, Doch ist sie allzu hoch, ich reiche nicht!
Phaon. Ich will dir helfen!
Melitta. Ei, nicht doch!
Phaon. Warum? So leicht geb ich nicht meinen Anspruch auf!
Melitta (auf die Rasenbank steigend). So komm; ich beuge dir den Zweig!
Phaon. Ganz recht!
Melitta (auf den Zehen emporgehoben, den Zweig, an dessen ?u?erstem Ende die Rose h?ngt, herabbeugend). Reichst du?
Phaon (der, ohne auf die Rose zu achten, nur Melitten betrachtet hat). Noch nicht!
Melitta. Doch jetzt!--Weh mir, ich gleite! Ich falle!
Phaon. Nein, ich halte dich!
(Der Zweig ist ihren H?nden emporschnellend entschl��pft, sie taumelt und sinkt in Phaons Arme, die er ihr ge?ffnet entgegenh?lt.)
Melitta. O la? mich!
Phaon (sie an sich haltend). Melitta!
Melitta. Weh mir, la? mich! Ach!
Phaon. Melitta! (Er dr��ckt rasch einen Ku? auf ihre Lippen.)
F��nfter Auftritt
Sappho, einfach gekleidet, ohne Kranz und Leier. Vorige.
Sappho (eintretend). Du l??t dich suchen, Freund!--Doch ha, was seh ich?
Melitta. Horch, die Gebieterin?
Phaon. Wie, Sappho hier? (Er l??t sie los.)
(Pause.)
Sappho. Melitta!
Melitta. Hohe Frau!
Sappho. Was suchst du hier?
Melitta. Ich suchte Blumen.
Sappho. Und nicht ohne Gl��ck!
Melitta. Die Rose hier--
Sappho. Sie brennt auf deinen Lippen.
Melitta. Sie h?ngt so hoch.
Sappho. Vielleicht nicht hoch genug! Geh!
Melitta. Soll ich etwa?--
Sappho. Geh nur immer, geh!
(Melitta ab.)
Sechster Auftritt
Sappho. Phaon.
Sappho (nach einer Pause). Phaon!
Phaon. Sappho!
Sappho. Du standst so fr��h Von unserm Mahle auf. Du wardst vermi?t!
Phaon. Den Becher lieb ich nicht, noch laute Freuden!
Sappho. Nicht laute. Das scheint fast ein Vorwurf.
Phaon. Wie?
Sappho. Ich habe wohl gefehlt, da? ich die Feier Der Ankunft laut und rauschend angestellt!--
Phaon. So war es nicht gemeint!
Sappho. Das volle Herz Es sucht oft lauter Freude vollen Jubel, Um in der allgemeinen Lust Gew��hl Recht unbemerkt, recht stille sich zu freun.
Phaon. Ja, so!
Sappho. Auch mu?t' ich unsern guten Nachbarn F��r ihre Liebe wohl mich dankbar zeigen, Das freut sich nur bei Wein! Du wei?t es wohl! In Zukunft st?rt kein l?stig Fest uns wieder Die Stille, die du mehr nicht liebst, als ich!
Phaon. Ich danke dir.
Sappho. Du gehst?
Phaon. Willst du? Ich bleibe!
Sappho. Zu gehn oder zu bleiben bist du Herr!
Phaon. Du z��rnest!
Sappho (bewegt). Phaon!
Phaon. Willst du etwas?
Sappho. Nichts.-- Doch eins! (Mit ��berwindung.) Ich sah dich mit Melitten scherzen--
Phaon. Melitta? Wer? Ei ja ganz recht! Nur weiter!
Sappho. Es ist ein liebes Kind!
Phaon. So scheint's, o ja!
Sappho. Die Liebste mir von meinen Dienerinnen, Von meinen Kindern m?cht ich sagen, denn Ich habe stets als Kinder sie geliebt. Wenn ich die Sklavenbande nicht zerrei?e, So ist es nur, da die Natur uns s��?re Versagt, um jene Eltern-, Heimatlosen Nicht vor der Zeit dem Aug' der Lehrerin, Der Mutter zarter Sorgfalt zu entziehn. So war ich's stets gewohnt, und in dem Kreise Von Mytilenes besten B��rgerinnen Ist manche die in freudiger Erinnrung Sich Sapphos Werk aus fr��hern Tagen nennt.
Phaon. Recht sch?n, recht sch?n!
Sappho. Von all den M?dchen Die je ein spielend Gl��ck mir zugef��hrt, War keine teurer mir als sie, Melitta, Das liebe M?dchen mit dem stillen Sinn. Obschon nicht hohen Geists, von m??'gen Gaben Und unbehilflich f��r der K��nste ��bung, War sie mir doch vor andern lieb und wert Durch anspruchsloses, fromm-bescheidnes Wesen, Durch jene liebevolle Innigkeit, Die langsam, gleich dem stillen Gartenw��rmchen, Das Haus ist und Bewohnerin zugleich, Stets fertig bei dem leisesten Ger?usche Erschreckt sich in sich selbst zur��ckzuziehn, Und um sich f��hlend mit den weichen F?den Nur zaudernd waget Fremdes zu ber��hren, Doch fest sich saugt, wenn es einmal ergriffen, Und sterbend das Ergriffne nur verl??t.
Phaon. Recht sch?n, f��rwahr, recht sch?n!
Sappho. Ich w��nschte nicht, Verzeih mein teurer Freund! ich w��nschte nicht, Da? je ein unbedachtsam fl��cht'ger Scherz In dieses M?dchens Busen W��nsche weckte Die unerf��llt mit bitterm Stachel martern, Ersparen m?cht ich gern ihr die Erfahrung, Wie ungestillte Sehnsucht sich verzehret, Und wie verschm?hte Liebe nagend qu?lt. Mein Freund!--
Phaon. Wie sagtest du?
Sappho. Du h?rst mich nicht!
Phaon. Ich h?re: Liebe qu?lt!
Sappho. Wohl qu?lt sie! Mein Freund, du bist jetzt nicht gestimmt, wir
Continue reading on your phone by scaning this QR Code
Tip: The current page has been bookmarked automatically. If you wish to continue reading later, just open the
Dertz Homepage, and click on the 'continue reading' link at the bottom of the page.