Salambo | Page 4

Gustave Flaubert
sich ein Neger auf dem Boden, mit stierem Blick, verrenktem Hals und Schaum auf den Lippen. Jemand schrie, er sei vergiftet. Da w?hnten sich alle vergiftet. Sie fielen ��ber die Sklaven her. Ein furchtbares Geschrei erhob sich, und ein Taumel wilder Zerst?rungswut erfa?te das trunkene Heer. Man schlug wie blind um sich, zerbrach und mordete. Einige schleuderten Fackeln in die Baumkronen. Andre lehnten sich ��ber die Br��stung der L?wengrube und schossen nach den L?wen mit Pfeilen. Die Verwegensten liefen zu den Elefanten, um ihnen die R��ssel abzuschlagen. Es gel��stete sie nach Elfenbein.
Inzwischen waren balearische Schleuderer, um gem?chlicher pl��ndern zu k?nnen, um die Ecke des Palastes gelaufen. Sie stie?en auf ein hohes Gitter aus indischem Rohr, durchschnitten die Riemen des verschlossenen Tores mit ihren Dolchen und befanden sich nun unter der Karthago zugewandten Palastfront in einem zweiten Garten mit verschnittenen Hecken. Lange Reihen dicht aneinander gepflanzter wei?er Blumen beschrieben hier auf dem azurblauen Boden weite Bogen gleich Sternenketten. Die dunkeln Geb��sche hauchten schw��le Honigd��fte aus. Mit Zinnober bestrichene Baumst��mpfe schimmerten wie blutige S?ulen. In der Mitte des Gartens trugen zw?lf kupferne Tr?ger je eine gro?e Glaskugel, in deren Rundungen bizarre r?tliche Lichter spielten; sie glichen riesigen, lebendigen, zuckenden Aug?pfeln. Die S?ldner leuchteten mit Pechfackeln, indes sie ��ber den absch��ssigen und tief umgegrabenen Boden stolperten. Da erblickten sie einen Weiher, der durch W?nde von blauen Steinen in mehrere Becken zerlegt war. Das Wasser war so klar, da? das Licht der Fackeln bis auf den Grund fiel und auf einem Bett von wei?en Steinen und Goldstaub zitterte. Das Wasser begann zu sch?umen. Spr��hende Funken glitten durch die Flut, und gro?e Fische, die Edelsteine am Maule trugen, tauchten zur Oberfl?che empor.
Die S?ldner steckten ihnen unter lautem Gel?chter die Finger in die Kiemen und trugen sie zu ihren Tischen.
Es waren die Fische der Barkiden. Sie stammten s?mtlich von jenen Urquappen ab, die das mystische Ei ausgebr��tet hatten, aus dem die G?ttin entstanden war. Der Gedanke, einen gottlosen Frevel zu begehen, reizte die Begierde der S?ldner. Flugs machten sie Feuer unter ehernen Becken und erg?tzten sich daran, die sch?nen Fische im kochenden Wasser zappeln zu sehen.
Die S?ldner schoben und dr?ngten sich. Sie hatten keine Furcht mehr. Von neuem begannen sie zu zechen. Die Salben, die ihnen von der Stirn trieften, flossen in schweren Tropfen auf ihre zerrissenen Waffenr?cke. Sie stemmten beide Ellbogen auf die Tische, die ihnen wie Schiffe zu schwanken schienen, und schauten mit stieren, trunkenen Blicken umher, um wenigstens mit den Augen zu verschlingen, was sie nicht mitnehmen konnten. Andre stampften mitten unter den Sch��sseln auf den purpurnen Tischdecken herum und zertr��mmerten mit Fu?tritten die Elfenbeinschemel und die tyrischen Glasgef??e. Ges?nge mischten sich in das R?cheln der Sklaven, die zwischen den Scherben der Trinkgef??e ihr Leben aushauchten. Man forderte Wein, Fleisch, Gold. Man schrie nach Weibern. Man phantasierte in hundert Sprachen. Einige glaubten sich im Dampfbade wegen des Brodems, der sie umwogte. Andre w?hnten sich beim Anblick des Laubwerks auf der Jagd und st��rmten auf ihre Gef?hrten ein wie auf Wild. Das Feuer sprang von Baum zu Baum, und die hohen gr��nen Massen, aus denen lange wei?e Rauchkringel emporstiegen, sahen wie Vulkane aus, die zu qualmen beginnen. Das Geschrei nahm zu. Im Dunkeln br��llten die verwundeten L?wen.
Mit einem Schlage erhellte sich die oberste Terrasse des Palastes. Die Mittelt��r tat sich auf, und eine weibliche Gestalt, Hamilkars Tochter, in einem schwarzen Gewande, erschien auf der Schwelle. Sie stieg die erste Treppe hinab, die schr?g vom obersten Stockwerk abw?rts lief, dann die zweite, die dritte. Auf der untersten Terrasse, am oberen Ende der Freitreppe mit den Schiffsschn?beln, blieb sie stehen. Unbeweglich und gesenkten Hauptes schaute sie auf die Soldaten hinab.
Hinter ihr standen zu beiden Seiten zwei lange Reihen bleicher M?nner in wei?en rotges?umten Gew?ndern, die in senkrechten Falten bis auf die F��?e herabwallten. Sie hatten weder B?rte noch Haare noch Brauen. In ringfunkelnden H?nden trugen sie riesige Lyren, und mit gellenden Stimmen sangen sie einen Hymnus auf Karthagos G?ttlichkeit. Es waren die Eunuchenpriester aus dem Tempel der Tanit, die Salambo des ?fteren in ihr Haus berief.
Salambo stieg die Galeerentreppe hinunter. Die Priester folgten. Dann schritt sie die Zypressenallee hin, langsam, zwischen den Tischen der Hauptleute, die ein wenig zur Seite r��ckten, als sie vor��berging.
Ihr Haar war mit einer Art violetten Staubes gepudert und nach der Sitte der kanaanitischen Jungfrauen hochget��rmt. Es lie? sie gr??er erscheinen, als sie wirklich war. An den Schl?fen festgesteckte Perlenschn��re hingen bis an die Winkel ihres Mundes herab, der wie ein aufgesprungener Granatapfel gl��hte. Auf der Brust trug sie einen Schmuck aus blitzenden Edelsteinen, bunt wie das Schuppenkleid einer Mur?ne. Ihre diamantgeschm��ckten Arme traten nackt aus der ?rmellosen schwarzen Tunika hervor, die mit roten Blumen bestickt war. Zwischen den Kn?cheln trug sie ein goldnes Kettchen, das ihre Schritte regelte, und ihr weiter dunkelpurpurner Mantel aus fremdl?ndischem seltenen Stoffe schleppte hinter ihr her.
Von
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