Romeo und Juliette | Page 8

William Shakespeare
ein Stük Marzipan auf die Seite kriegst; und wenn du mich
lieb hast, so sorge, daß der Thorhüter Susanna Mühlstein und Nell,
Antoni und den Potpan hereinläßt--
2. Bedienter. Gut, Junge, das will ich.
3. Bedienter. Man sieht sich nach euch um, man ruft euch, man fragt
nach euch, man sucht euch, im grossen Saal.
2. Bedienter. Wir können nicht an zween Orten zugleich seyn; hurtig,
ihr Jungens; seyd eine Weile munter, und wer alle andre überlebt,
kriegt alles!--
(Sie gehen ab.)
(Die Gäste und Damen, nebst den Masken treten sämtlich auf.)
1. Capulet. Willkommen, meine Herren--Und ihr, meine Damen, ihr

habt noch keine Hüner-Augen an den Zehen, wir wollen eins lustig mit
einander machen. Ich will doch nicht hoffen, meine Königinnen, daß
mir eine unter euch ein Tänzchen abschlagen wird--eine jede, die sich
lange bitten läßt, hat Hüner-Augen, das schwör' ich;--He? bin ich euch
zu nah gekommen?--Willkommen allerseits, ihr Herren; ich weiß die
Zeit auch noch, da ich eine Maske trug, und einem jungen Fräulein
hübsche Sachen ins Ohr flüstern konnte; aber es ist vorbey, vorbey,
vorbey!
(Die Musik fangt an; man tanzt.)
Mehr Lichter her, ihr Schurken, und die Tische aus dem Weg; und laßt
das Feuer abgehen, es ist zu warm im Zimmer--Gelt, junger Herr, ein
unvermutheter Spaß ist der angenehmste--Nun sezt euch, sezt euch,
mein guter Vetter Capulet, denn die Tanz-Zeit ist doch bey euch und
mir vorbey: Wie lang ist es wohl, seit ihr und ich das leztemal auf
einem Masken-Bal tanzten?
2. Capulet. Bey unsrer Frauen! dreißig Jahre.
1. Capulet. Wie, Mann? Es ist noch nicht so lang, es ist noch nicht so
lang; es war an Lucentio's Hochzeit; es wird auf kommende Pfingsten
fünf und zwanzig Jahre, daß wir in Masken tanzten.
2. Capulet. Es ist mehr, es ist mehr; sein Sohn ist älter, Herr; sein Sohn
hat schon dreißig.
1. Capulet. Das werdet ihr mir nicht weiß machen; sein Sohn war vor
zwey Jahren noch nicht mündig.
Romeo (in einem andern Theil des Saals.) Wer ist die junge Dame, die
dort jenem Ritter die Hand giebt?
Bedienter. Ich weiß es nicht.
Romeo. O, sie glänzt mehr als alle diese Fakeln zusammen genommen;
ihre Schönheit hängt an der Stirne der Nacht, wie ein reiches Kleinod
an eines Mohren Ohr: Und welch eine Schönheit! Sie ist zu reich zum
Gebrauch, und zu kostbar für diese Erde. So glänzt die schneeweisse
Daube aus einem Schwarm von Krähen, wie dieses Fräulein unter ihren
Gespielen glänzt. Wenn der Tanz vorbey ist, will ich mir den Plaz
merken, wo sie steht, und ihr meine Hand geben. Welch eine
Glükseligkeit ihre Hand zu berühren!--Nein, ich habe noch nie
geliebt--Schwör es, mein Auge; vor dieser glüklichen Nacht wußtest du
nicht, was Schönheit ist.
Tybalt (der dem Romeo bey den lezten Worten sich nähert.) Der

Stimme nach sollte dieß ein Montague seyn--hol mir einen Degen,
Junge--wie? der Sclave darf sich erfrechen in einer Maske hieher zu
kommen, und unsrer feyerlichen Lust zu spotten? Nein, bey der
bejahrten Ehre meines Geschlechts, es ist keine Sünde, den
Nichtswürdigen zu todt zu schlagen.
Capulet. Wie, wie, Vetter? Warum so stürmisch?
Tybalt. Oheim, hier ist einer unsrer Feinde, ein Montague; ein Bube der
gekommen ist, uns unter die Nase zu lachen, und unsre Familien-
Freude zu stören--
Capulet. Ist es vielleicht der junge Romeo?
Tybalt. Er selbst, der Schurke Romeo!
Capulet. Gieb dich zu frieden, lieber Vetter, laß ihn gehen; er sieht
einem jungen wakern Edelmann gleich; und, wenn ich die Wahrheit
sagen soll, er hat den Ruf eines tugendhaften wohlgesitteten Jünglings,
der Verona Ehre macht. Ich wollte nicht um unsre ganze Stadt, daß ihm
in meinem Hause was zu Leide gethan würde. Seyd also ruhig, thut als
ob ihr ihn nicht kennet; ich will es so haben, und wenn ihr einige
Achtung für mich habt, so heitert eure Stirne auf, und macht keine
Gesichter, die sich so übel zu einer Lustbarkeit schiken.
Tybalt. Sie schiken sich, wenn ein solcher Bube sich zum Gast
aufdringt: ich will ihn nicht dulden!
Capulet. Das sollt ihr aber! Wie, Herr Junge?--Ihr sollt, sag ich--Geht,
geht, bin ich hier Meister oder ihr? Geht, geht--Ihr wollt ihn nicht
dulden? Hol mich Gott, ihr würdet mir einen feinen Lermen unter
meinen Gästen anrichten! Ihr wollt mir hier den Eisenfresser machen?
Gelt, das wollt ihr?
Tybalt. Wie, Oehm, es ist eine Schande--
Capulet. Geht, geht, ihr seyd ein abgeschmakter Knabe--
(auf die Seite zu einem von der Gesellschaft.)
Ist es so, in der That?--
(zu Tybalt)
ihr könnt was anfangen, das euch gereuen wird, ich weiß was ich sage--
(Seitwärts;)
wohl gesprochen, meine Kinder--
(zu Tybalt,)
Ihr seyd ein Hasenfuß, geht--seyd ruhig, oder--
(seitwärts.)

Mehr Lichter, mehr Lichter, es ist eine Schande, so dunkel ist's--
(zu Tybalt)
ich will euch ruhig machen--
(Seitwärts:)
Wie, munter, meine Herzen!
Tybalt. Geduld und Zorn vertragen sich nicht wohl
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