Romeo und Julia | Page 6

William Shakespeare

Geschirr, Die Zügel aus des Mondes feuchtem Strahl; Aus
Heimchenknochen ist der Peitsche Griff, Die Schnur aus Fasern; eine
kleine Mücke Im grauen Mantel sitzt als Fuhrmann vorn, Nicht halb so
groß als wie ein kleines Würmchen, Das in des Mädchens müßgem
Finger nistet. Die Kutsch ist eine hohle Haselnuß, Vom Tischler
Eichhorn oder Meister Wurm Zurechtgemacht, die seit uralten Zeiten
Der Feen Wagner sind. In diesem Staat Trabt sie dann Nacht für Nacht;
befährt das Hirn Verliebter, und sie träumen dann von Liebe, Des
Schranzen Knie, der schnell von Reverenzen, Des Anwalts Finger, der
von Sporteln gleich, Der Schönen Lippen, die von Küssen träumen; Oft
plagt die böse Mab mit Bläschen diese, Weil ihren Odem Näscherei
verdarb. Bald trabt sie über eines Hofmanns Nase, Dann wittert er im
Traum sich Ämter aus, Bald kitzelt sie mit eines Zinshahns Federn Des
Pfarrers Nase, wenn er schlafend liegt, Von einer bessern Pfründe
träumt ihm dann; Bald fährt sie über des Soldaten Nacken, Der träumt
sofort von Niedersäbeln, träumt Von Breschen, Hinterhalten,
Damaszenern, Von manchem klaftertiefen Ehrentrunk; Nun trommelts
ihm ins Ohr: da fährt er auf Und flucht in seinem Schreck ein paar
Gebete Und schläft von neuem. Eben diese Mab Verwirrt der Pferde
Mähnen in der Nacht Und flicht in struppges Haar die Weichselzöpfe,
Die, wiederum entwirrt, auf Unglück deuten. Dies ist die Hexe, welche
Mädchen drückt, Die auf dem Rücken ruhn, und die sie lehrt, Als
Weiber einst die Männer zu ertragen. Dies ist sie--
ROMEO Still, o still, Mercutio! Du sprichst von einem Nichts.
MERCUTIO Wohl wahr, ich rede Von Träumen, Kindern eines
müßgen Hirns, Von nichts als eitler Phantasie erzeugt, Die aus so
dünnem Stoff als Luft besteht Und flüchtger wechselt als der Wind, der
bald Um die erfrorne Brust des Nordens buhlt Und, schnell erzürnt,
hinweg von dannen schnaubend, Die Stirn zum taubeträuften Süden
kehrt.
BENVOLIO Der Wind, von dem Ihr sprecht, entführt uns selbst. Man
hat gespeist; wir kamen schon zu spät.
ROMEO Zu früh, befürcht ich; denn mein Herz erbangt Und ahnet ein
Verhängnis, welches, noch Verborgen in den Sternen, heute nacht Bei
dieser Lustbarkeit den furchtbarn Zeitlauf Beginnen und das Ziel des

lästgen Lebens, Das meine Brust verschließt, mir kürzen wird Durch
einen schnöd verwirkten frühen Tod. Doch er, der mir zur Fahrt das
Steuer lenkt, Richt auch mein Segel!--Auf, ihr lustgen Freunde!
BENVOLIO Rührt Trommeln!
(Alle ab.)

FÜNFTE SZENE
(Ein Saal in Capulets Hause)
(Musikanten warten. Diener kommen.)
ERSTER DIENER Wo ist Schmorpfanne, daß er nicht abräumen hilft?
Der wird Teller wechseln, Teller scheuern!
ZWEITER DIENER Wenn die gute Lebensart in eines oder zweier
Menschen Händen sein soll, die noch obendrein ungewaschen sind: 's
ist ein unsaubrer Handel.
ERSTER DIENER Die Klappstühle fort! Rückt den Schenktisch beiseit!
Seht nach dem Silberzeuge! Kamerad, heb mir ein Stück Marzipan auf,
und wo du mich liebhast, sag dem Pförtner, daß er Suse Mühlstein und
Lene hereinläßt. Anton! Schmorpfanne!
(Andre Diener kommen.)
ZWEITER DIENER Hier, Bursch, wir sind parat.
ERSTER DIENER Im großen Saale verlangt man euch, vermißt man
euch, sucht man euch.
ZWEITER DIENER Wir können nicht zugleich hier und dort
sein.--Lustig, Kerle, haltet euch brav; wer am längsten lebt, kriegt den
ganzen Bettel.
(Sie ziehen sich in den Hintergrund zurück. Capulet etc. [und die
Seinen] mit den Gästen und Masken [und Dienerschaft].)
CAPULET Willkommen, meine Herrn! Wenn Eure Füße Kein
Leichdorn plagt. Ihr Damen, flink ans Werk! He, he. Ihr schönen Fraun,
wer von Euch allen Schlägts nun wohl ab zu tanzen? Ziert sich eine,
Ich wette, die hat Hühneraugen. Nun, Hab ichs Euch nah gelegt? Ihr
Herrn, willkommen! Ich weiß die Zeit, da ich 'ne Larve trug Und einer
Schönen eine Weis' ins Ohr Zu flüstern wußte, die ihr wohlgefiel. Das
ist vorbei, vorbei! Willkommen, Herren! Kommt, Musikanten, spielt!
Macht Platz da, Platz! Ihr Mädchen, frisch gesprungen!
(Musik und Tanz. [--Zu den Dienern:])
Mehr Licht, ihr Burschen, und beiseit die Tische! Das Feuer weg! Das

Zimmer ist zu heiß.-- Ha, recht gelegen kommt der unverhoffte Spaß.
Na, setzt Euch, setzt Euch, Vetter Capulet! Wir beide sind ja übers
Tanzen hin. Wie lang ists jetzo, seit wir uns zuletzt In Larven steckten?
ZWEITER CAPULET Dreißig Jahr, mein Seel.
CAPULET Wie, Schatz? So lang noch nicht, so lang noch nicht. Denn
seit der Hochzeit des Lucentio Ists etwa fünfundzwanzig Jahr, sobald
Wir Pfingsten haben; und da tanzten wir.
ZWEITER CAPULET 's ist mehr, 's ist mehr! Sein Sohn ist älter, Herr,
Sein Sohn ist dreißig.
CAPULET Sagt mir das doch nicht! Sein Sohn war noch nicht mündig
vor zwei Jahren.
ROMEO (zu einem Diener aus seinem Gefolge.) Wer ist das Fräulein,
welche dort den Ritter Mit ihrer Hand beehrt?
DER DIENER Ich weiß nicht, Herr.
ROMEO Oh, sie nur lehrt die Kerzen, hell zu glühn! Wie in dem Ohr
des Mohren ein Rubin, So hängt der Holden
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