entsprungen
Eine Quelle des Verlangens.
Und der Tränen Flut wird suchen
Stets die Fluten des Gesanges,
Bis
sie einst durch Gottes Wunder
Selig ineinander fallen.
Doch nun eilet mit den Blumen
Nach dem Kloster Rosablanke,
Weil von Schülern dicht umrungen
Apo sich der Linde nahet.
Er mag gern mit seinem Zuge
Durch Biondettens Straße prangen,
Und sie bei dem nahen Turme,
Wo er hauset, stolz enlassen.
Ernsthaft mit gezogenem Hute
Folgt die Schar dem finstern Manne;
Vom Altare springt herunter
Schnell Meliore, ihn erwartend.
Nahet nach demütgem Gruße
Ruhig dann dem finstern Manne.
"Daß ich heut versäumt die Schule" --
Spricht er -- "muß ich leider
klagen.
Ungeduldig, ohne Ruhe,
Konnt ich nicht die Zeit erwarten,
Und
ging aus, sie aufzusuchen,
Aber ich bin irr gegangen."
Zu ihm spricht mit höhnscher Zunge
Apo, scharf ins Aug ihm fassend:
"Und der Irrgang scheint gelungen,
Angenehm ist dieser Schatten.
Dieser Baum hegt geistge Zungen.
Einen Vogel zu erhaschen,
Bist
du zum Altar gesprungen,
Und doch führst du leere Taschen." --
"Meister, nein! das Haupt der Mutter
Krönt ich mit dem Rosenkranze,
Während ich, bis du zum Turme
Kehretest, deiner hier geharret.
Denn ich wollte dich ersuchen,
In der Kürze mir zu sagen,
Was in
der versäumten Stunde
Mir vom Liebestrank entgangen.
Denn der Töne Macht und Wunder
Kann ich mir schon deutlich
machen;
Dieses Baumes geistge Zungen
Über mich sind
ausgegangen."
Apo spricht: "Der Töne Wunder
Lehrte dich der Linde Schatten,
Lerne nun von diesem Brunnen
Auch die Kunst des Liebestrankes."
--
"Meister, höchlich ich bewundre,
Wie du fein mich höhnend strafest;
Ach! zu tief ist mir der Bunnen,
Und der Eimer schöpft nur
Wasser.
Auf des Glanzes Spiegel unten
Sah ich oft ein Antlitz strahlend
Durch die grünen Zweige funkeln,
Aber nimmer steigts zum Rande.
Treulos immer ists verschwunden,
Wenn ich weisheitsdurstig nahte.
Nur das Bild von Gottes Mutter
Weilte ruhig meinen Klagen.
Und so krönt ich sie mit Blumen,
Daß, nach gleichem Preis
verlangend,
Auch das schönre Bild des Brunnens
Gütger meiner
Andacht achte.
Doch noch immer muß im Durste
Ich am kalten Rande schmachten,
Möcht hinab zu einem Kusse
Stürzend mich im Tode baden." --
"Trage Wasser in den Brunnen." --
Spricht der Meister -- "bis zum
Rande,
Dann magst du die durstge Zunge
Bald im kühlen Spiegel
laben." --
"Meister, was dir nie gelungen",
Spricht Meliore, "soll ich wagen?
Seit dem Teufel hat die Schule
Wasser in den Born getragen.
Doch des Himmels Spiegel unten
Ist noch nie heraufgewallet;
Von
der Schule zu gesunden
Will den Blick ich aufwärts schlagen."
So sprach er im Jugendmute,
Als er fühlt der Rede Stachel.
Apo
spricht: "Ich sag dem Kruge:
Gehe, bis du brichst, zum Wasser!
Kühner Knabe, willst du Funken,
Fange eh du streichst die Katze!"
Zornig geht er dann zum Turme,
Und Meliore steht verlachet.
0. Romanze IV: Rosablanka und Biondetta
Nieder auf Bolognas Gassen
Brennt die volle Mittagssonne,
Und
aus hohen Schloten wallen
Weiß des dichten Rauches Wolken.
In den Kellern klimpern Flaschen,
Und auf kühlem Marmorboden
Wird mit silbernem Gerassel
Schon des Reichen Tisch geordnet.
Suchend hie und da den Schatten,
Schleichen von der Klosterpforte
Auch die Bettler zu dem Mahle,
Mit dem vollen Suppentopfe.
Und der Ochse lauscht am Wagen,
Wiederkäuend in der Sonne
Einsam auf dem heißen Markte,
Auf das Plätschern hoher Bronnen.
Aber in der Linde Schatten,
Wo die fromme Tänzrin wohnet,
Scheint der Mittag selbst entschlafen
An dem lieben, stillen Bronnen.
Leis umgrast von seinem Lamme
Auf dem dicht berasten Boden
Ruht ein süßer, kleiner Knabe,
Schlummerglühnd in goldnen Locken.
Jede Blüte hör ich fallen,
Hör des Knaben leisen Odem,
Und die
reine Rosablanke
Tritt einher mit ihrem Korbe.
Auf den Stufen des Altares,
Wo sie früh den Kranz geflochten,
Ladet sie zum armen Mahle
Kindlich ein die Mutter Gottes.
Eine goldne Honigwabe,
Auch ein Stückchen weißen Brotes
Und
die milchgefüllte Flasche
Nimmt sie aus dem weißen Korbe.
Da erwacht der blonde Knabe
Und steht harrend bei dem Bronnen,
Und es rief ihn Rosablanke:
"Komm, ich geb dir Honigbrote!"
Und er nahet mit dem Lamme
Freundlich sich der Jungfrau Schoße,
Auch ein Vöglein kommt zu Gaste
Von der Linde abgeflogen.
Liebreich lächelt Rosablanke,
Heißt sie allesamt willkommen,
Und
es spricht der blonde Knabe:
"Du bist mild, o fromme Tochter!
Was du teilest mit den Armen,
Das hast du dem Herrn geboten,
Der
sich deiner wird erbarmen
In der Stunde deines Todes!"
Von der Gäste lautem Danke
Ward Biondetta hergelocket,
Schaut
herab zur offnen Tafel,
Will mit ihrer Kunst sie loben.
Leis ergreift sie ihre Harfe,
Singet still herabgebogen:
"Heil dir,
Jungfrau, mit dem Lamme,
Mit dem Knaben, mit dem Vogel.
Über deinem frommen Mahle
Weile gern das Auge Gottes,
Denn so
liebe Gäste saßen
Einstens um das Tischlein Josefs.
Herr, dies Mahl laß dir gefallen
Zum Gedächtnis deines Sohnes,
Und die arme irdsche Harfe
Klinge bald am Himmelstore."
Als die Worte niederklangen,
Saß die Jungfrau stille horchend,
Ließt die Gäste munter naschen
Brot und Honig aus dem Schoße.
Und Biondetta flüstert sachte:
"Mägdlein, sieh nach deinem Korbe,
Denn das Lamm hat mit der Nase
Schon das weiße Tuch erhoben.
Kindisch horchend meiner Harfe,
Bist du um dein Brot gekommen:
Darf ich dich zu Gaste laden,
So tritt ein in meine Pforte!"
Doch nun spricht der blonde Knabe:
"Eh du gehest, fromme Tochter,
Gib drei Kerzlein mir vom Wachse,
Daß ich sie heut abend opfre.
Ich will dir ein Lied auch sagen,
Wenn ich wieder zu dir komme,
Von dem Knaben und dem Lamme
Und drei wundervollen Rosen.
Ich kenn deines Vaters Garten;
Will es Gott, so komm ich morgen."
Und sie gibt drei schön gemalte
Kerzen ihm, daß er sie opfre.
Eine rote,
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