Roemische Geschichte, Band 8 | Page 6

Theodor Mommsen
ebenso auf der von Aquileia in
das Savetal fuehrenden Strasse bei Nauportus (Ober-Laibach) hatten
sich ansehnliche Handelsniederlassungen gebildet; Dalmatien, Bosnien,
Istrien und die Krain galten als roemisches Gebiet und wenigstens das
Kuestenland war in der Tat botmaessig; aber die rechtliche

Staedtegruendung stand noch ebenso aus wie die Baendigung des
unwirtlichen Binnenlandes. Hier aber kam noch ein anderes Moment
hinzu. In dem Kriege zwischen Caesar und Pompeius hatten die
einheimischen Dalmater ebenso entschieden fuer den letzteren Partei
ergriffen wie die dort ansaessigen Roemer fuer Caesar; auch nach der
Niederlage des Pompeius bei Pharsalos und nach der Verdraengung der
Pompeianischen Flotte aus den illyrischen Gewaessern setzten die
Eingeborenen den Widerstand energisch und erfolgreich fort. Der
tapfere und faehige Publius Vatinius, der frueher in diese Kaempfe mit
grossem Erfolg eingegriffen hatte, wurde mit einem starken Heere nach
Illyricum gesandt, wie es scheint in dem Jahre vor Caesars Tode und
nur als Vorhut des Hauptheeres, mit welchem der Diktator selbst
nachfolgend die eben damals maechtig emporstrebenden Daker
niederzuwerfen und die Verhaeltnisse im ganzen Donaugebiet zu
ordnen beabsichtigte. Diesen Plan schnitten die Dolche der Moerder ab;
man musste sich gluecklich schaetzen, dass die Daker nicht ihrerseits in
Makedonien eindrangen, und Vatinius selbst focht gegen die Dalmater
ungluecklich und mit starken Verlusten. Als dann die Republikaner im
Osten ruesteten, ging das illyrische Heer in das des Brutus ueber und
die Dalmatiner blieben laengere Zeit unangefochten. Nach der
Niederwerfung der Republikaner liess Antonius, dem bei der Teilung
des Reiches Makedonien zugefallen war, im Jahre 715 (39) die
unbotmaessigen Dardaner im Nordwesten und die Parthiner an der
Kueste (oestlich von Durazzo) zu Paaren treiben, wobei der beruehmte
Redner Gaius Asinius Pollio die Ehren des Triumphes gewann. In
Illyricum, welches unter Caesar stand, konnte nichts geschehen,
solange dieser seine ganze Macht auf den sizilischen Krieg gegen
Sextus Pompeius wenden musste; aber nach dessen gluecklicher
Beendigung warf Caesar selbst sich mit aller Kraft auf diese Aufgabe.
Die kleinen Voelkerschaften von Doclea (Cernagora) bis zu den
Japuden (bei Fiume) wurden in dem ersten Feldzug (719 35) zur
Botmaessigkeit zurueckgebracht oder jetzt zuerst gebaendigt. Es war
kein grosser Krieg mit namhaften Feldschlachten, aber die
Gebirgskaempfe gegen die tapferen und verzweifelnden Staemme und
das Brechen der festen, zum Teil mit roemischen Maschinen
ausgeruesteten Burgen waren keine leichte Aufgabe; in keinem seiner
Kriege hat Caesar in gleichem Grade eigene Energie und persoenliche

Tapferkeit entwickelt. Nach der muehsamen Unterwerfung des
Japudengebiets marschierte er noch in demselben Jahre im Tal der
Kulpa aufwaerts zu deren Muendung in die Save; die dort gelegene
feste Ortschaft Siscia (Sziszek), der Hauptwaffenplatz der Pannonier,
gegen den bisher die Roemer noch nie mit Erfolg vorgegangen waren,
ward jetzt besetzt und zum Stuetzpunkt bestimmt fuer den Krieg gegen
die Daker, den Caesar demnaechst aufzunehmen gedachte. In den
beiden folgenden Jahren (720, 721 34, 33) wurden die Dalmater, die
seit einer Reihe von Jahren gegen die Roemer in Waffen standen, nach
dem Fall ihrer Feste Promona (Promina bei Dernis, oberhalb Sebenico)
zur Unterwerfung gezwungen. Wichtiger aber als diese Kriegserfolge
war das Friedenswerk, das zugleich sich vollzog und zu dessen
Sicherung sie dienen sollten. Ohne Zweifel in diesen Jahren erhielten
die Hafenplaetze an der istrischen und dalmatinischen Kueste, soweit
sie in dem Machtbereich Caesars lagen, Tergeste (Triest), Pola, Iader
(Zara), Salome (bei Spalato), Narona (an der Narentamuendung), nicht
minder jenseits der Alpen, auf der Strasse von Aquileia ueber die
Julische Alpe zur Save, Emona (Laibach), durch den zweiten Julier
zum Teil staedtische Mauern, saemtlich staedtisches Recht. Die Plaetze
selbst bestanden wohl alle schon laengst als roemische Flecken; aber es
war immer von wesentlicher Bedeutung, dass sie jetzt unter die
italischen Gemeinden gleichberechtigt eingereiht wurden. Der
Dakerkrieg sollte folgen; aber der Buergerkrieg ging zum zweitenmal
ihm vor. Statt nach Illyricum rief er den Herrscher in den Osten; und
der grosse Entscheidungskampf zwischen Caesar und Antonius warf
seine Wellen bis in das ferne Donaugebiet. Das durch den Koenig
Burebista geeinigte und gereinigte Volk der Daker, jetzt unter dem
Koenig Cotiso, sah sich von beiden Gegnern umworben - Caesar wurde
sogar beschuldigt, des Koenigs Tochter zur Ehe begehrt und ihm
dagegen die Hand seiner fuenfjaehrigen Tochter Julia angetragen zu
haben. Dass der Daker im Hinblick auf die von dem Vater geplante,
von dem Sohn durch die Befestigung Siscias eingeleitete Invasion sich
auf Antonius' Seite schlug, ist begreiflich; und haette er ausgefuehrt,
was man in Rom besorgte, waere er, waehrend Caesar im Osten focht,
vom Norden her in das wehrlose Italien eingedrungen, oder haette
Antonius nach dem Vorschlag der Daker die Entscheidung statt in
Epirus vielmehr in Makedonien gesucht und dort die dakischen

Scharen an sich gezogen, so waeren die Wuerfel des Kriegsgluecks
vielleicht anders gefallen. Aber weder das eine noch das andere
geschah; zudem brach eben damals der durch Burebistas kraeftige
Hand geschaffene Dakerstaat wieder auseinander; die inneren Unruhen,
vielleicht auch von Norden her die Angriffe der germanischen
Bastarner und
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