trotz des vollstaendigen Sieges doch weder das
roemische Koenigtum wiederhergestellt noch auch nur die Tarquinier
zurueckgefuehrt haben. ---------------------------------------------- ^1 Die
bekannte Fabel richtet groesstenteils sich selbst; zum guten Teil ist sie
aus Beinamenerklaerung (Brutus, Poplicola, Scaevola)
herausgesponnen. Aber sogar die scheinbar geschichtlichen
Bestandteile derselben zeigen bei genauerer Erwaegung sich als
erfunden. Dahin gehoert, dass Brutus Reiterhauptmann (tribunus
celerum) gewesen und als solcher den Volksschluss ueber die
Vertreibung der Tarquinier beantragt haben soll; denn es ist nach der
roemischen Verfassung ganz unmoeglich, dass ein blosser Offizier das
Recht gehabt habe, die Kurien zu berufen. Offenbar ist diese ganze
Angabe zum Zweck der Herstellung eines Rechtsbodens fuer die
roemische Republik ersonnen, und recht schlecht ersonnen, indem
dabei der tribunus celerum mit dem ganz verschiedenen magister
equitum verwechselt und dann das dem letzteren kraft seines
praetorischen Ranges zustehende Recht, die Zenturien zu berufen, auf
die Kurienversammlung bezogen ward.
---------------------------------------------- Sind wir ueber den historischen
Zusammenhang dieses wichtigen Ereignisses im Dunkeln, so liegt
dagegen zum Glueck klar vor, worin die Verfassungsaenderung bestand.
Die Koenigsgewalt ward keineswegs abgeschafft, wie schon das
beweist, dass in der Vakanz nach wie vor der "Zwischenkoenig" eintrat;
es traten nur an die Stelle des einen lebenslaenglichen zwei
Jahreskoenige, die sich Feldherren (praetores) oder Richter (iudices)
oder auch bloss Kollegen (consules) ^2 nannten. Es sind die Prinzipien
der Kollegialitaet und der Annuitaet, die die Republik und das
Koenigtum unterscheiden und die hier zuerst uns entgegentreten.
------------------------------------ ^2 Consules sind die zusammen
Springenden oder Tanzenden, wie praesul der Vorspringen exul der
Ausspringer (o ekpes/o/n), insula der Einsprung, zunaechst der ins
Meer gefallene Felsblock. ------------------------------------ Dasjenige der
Kollegialitaet, dem der dritte spaeterhin gangbarste Name der
Jahreskoenige entlehnt war, erscheint hier in einer ganz
eigentuemlichen Gestalt. Nicht den beiden Beamten zusammen ward
die hoechste Macht uebertragen, sondern es hatte und uebte sie jeder
Konsul fuer sich so voll und ganz, wie der Koenig sie gehabt und
geuebt hatte. Es geht dies so weit, dass von den beiden Kollegen nicht
etwa der eine die Rechtspflege, der andere den Heerbefehl uebernahm,
sondern sie ebenso gleichzeitig in der Stadt Recht sprachen wie
zusammen zum Heere abgingen; im Falle der Kollision entschied ein
nach Monaten oder Tagen bemessener Turnus. Allerdings konnte
daneben, wenigstens im militaerischen Oberbefehl, eine gewisse
Kompetenzteilung wohl von Anfang an stattfinden, beispielsweise der
eine Konsul gegen die Aequer, der andere gegen die Volsker
ausruecken; aber sie hatte in keiner Weise bindende Kraft und jedem
der Kollegen stand es rechtlich frei, in den Amtskreis des andern zu
jeder Zeit ueberzugreifen. Wo also die hoechste Gewalt der hoechsten
Gewalt entgegentrat und der eine Kollege das verbot, was der andere
befahl, hoben die konsularischen Machtworte einander auf. Diese
eigentuemlich wenn nicht roemische, so doch latinische Institution
konkurrierender hoechster Gewalt, die im roemischen Gemeinwesen
sich im ganzen genommen praktisch bewaehrt hat, zu der es aber
schwer sein wird, in einem andern groesseren Staat eine Parallele zu
finden, ist offenbar hervorgegangen aus dem Bestreben, die koenigliche
Macht in rechtlich ungeschmaelerter Fuelle festzuhalten und darum das
Koenigsamt nicht etwa zu teilen oder von einem Individuum auf ein
Kollegium zu uebertragen, sondern lediglich es zu verdoppeln und
damit, wo es noetig war, es durch sich selber zu vernichten. Fuer die
Befristung gab das aeltere fuenftaegige Zwischenkoenigtum einen
rechtlichen Anhalt. Die ordentlichen Gemeindevorsteher wurden
verpflichtet, nicht laenger als ein Jahr, von dem Tage ihres Amtsantritts
an gerechnet ^3, im Amte zu bleiben und hoerten, wie der Interrex mit
Ablauf der fuenf Tage, so mit Ablauf des Jahres vor. Rechts wegen auf,
Beamte zu sein. Durch diese Befristung des hoechsten Amtes ging die
tatsaechliche Unverantwortlichkeit des Koenigs fuer den Konsul
verloren. Zwar hatte auch der Koenig von jeher in dem roemischen
Gemeinwesen unter, nicht ueber dem Gesetz gestanden; allein da nach
roemischer Auffassung der hoechste Richter nicht bei sich selbst
belangt werden durfte, hatte er wohl ein Verbrechen begehen koennen,
aber ein Gericht und eine Strafe gab es fuer ihn nicht. Den Konsul
dagegen schuetzte, wenn er Mord oder Landesverrat beging, sein Amt
auch, aber nur, solange es waehrte; nach seinem Ruecktritt unterlag er
dem gewoehnlichen Strafgericht wie jeder andere Buerger.
--------------------------------------------------- ^3 Der Antrittstag fiel mit
dem Jahresanfang (1. Maerz) nicht zusammen und war ueberhaupt
nicht fest. Nach diesem richtete sich der Ruecktrittstag, ausgenommen,
wenn ein Konsul ausdruecklich anstatt eines ausgefallenen gewaehlt
war (consul suffectus), wo er in die Rechte und also auch in die Frist
des Ausgefallenen eintrat. Doch sind diese Ersatzkonsuln in aelterer
Zeit nur vorgekommen, wenn bloss der eine der Konsuln weggefallen
war; Kollegien von Ersatzkonsuln begegnen erst in der spaeteren
Republik. Regelmaessig bestand also das Amtsjahr eines Konsuls aus
den ungleichen Haelften zweier buergerlicher Jahre.
-------------------------------------------------- Zu diesen hauptsaechlichen
und prinzipiellen Aenderungen kamen andere untergeordnete und mehr
aeusserliche, aber doch auch teilweise tief eingreifende
Beschraenkungen hinzu. Das Recht des Koenigs, seine Aecker durch
Buergerfronden zu bestellen, und das besondere Schutzverhaeltnis, in
welchem
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