Richard III | Page 5

William Shakespeare
mich auf.
Anna. Steh, Heuchler, auf! Wünsch ich schon deinen Tod, So will ich
doch nicht sein Vollstrecker sein.
Gloster. So heiß mich selbst mich töten, und ich will's.
Anna. Ich tat es schon.
Gloster. Das war in deiner Wut. Sag's noch einmal, und gleich soll
diese Hand, Die deine Lieb' aus Lieb' erschlug zu dir, Weit treuere
Liebe dir zulieb' erschlagen; Du wirst an beider Tod mitschuldig sein.
Anna. Kennt' ich doch nur dein Herz!
Gloster. Auf meiner Zunge wohnt's.
Anna. Vielleicht sind beide falsch.
Gloster. Dann meint es niemand treu.
Anna. Nun wohl, steckt ein das Schwert.
Gloster. Gewährst du Frieden mir?
Anna. Das sollt Ihr künftig sehn.
Gloster. Darf ich in Hoffnung leben?
Anna. Ich hoffe, jeder tut's.

Gloster. Tragt diesen Ring von mir.
Anna. Annehmen ist nicht geben.
(Sie steckt den Ring an.)
Gloster. Sieh, wie der Ring umfasset deinen Finger, So schließt dein
Busen ein mein armes Herz; Trag beide, denn sie sind ja beide dein.
Und wenn dein treuster Diener eine Gunst Erbitten darf von deiner
gnäd'gen Hand, So sicherst du sein Glück ihm zu für immer.
Anna. Was ist es?
Gloster. Daß Ihr dies traur'ge Werk dem überlaßt, Der größre Ursach'
leidzutragen hat, Und Euch sogleich nach Crosby-Hof begebt; Wo ich,
nachdem ich feierlich bestattet In Chertsey-Münster diesen edlen König
Und reuevoll sein Grab genetzt mit Tränen, Mit aller schuld'gen Ehr'
Euch will besuchen. Aus mancherlei geheimen Gründen bitt ich,
Gewährt mir dies.
Anna. Von ganzem Herzen, und es freut mich sehr, Zu sehn, daß Ihr so
reuig worden seid.-- Wessel und Berkeley, kommt, begleitet mich.
Gloster. Sagt mir Lebwohl.
Anna. ‘s ist mehr als Ihr verdient, Doch weil Ihr, Euch zu schmeicheln,
mich gelehrt, So denkt, ich sagte schon Euch Lebewohl.
(Prinzessin Anna mit den beiden Edelleuten ab.)
Gloster. Nehmt auf die Leich', ihr Herrn.
ZweiterEdelmann. Nach Chertsey, edler Lord?
Gloster. Nein, zu den Karmelitern; dort erwartet mich.
(Der Zug mit der Leiche ab.)
Ward je in dieser Laun' ein Weib gefreit? Ward je in dieser Laun' ein
Weib gewonnen? Ich will sie haben, doch nicht lang behalten. Wie? ich,
der Mörder ihres Manns und Vaters, In ihres Herzens Abscheu sie zu
fangen, Im Munde Flüche, Tränen in den Augen, Der Zeuge ihres
Hasses blutend da; Gott, ihr Gewissen, all dies wider mich, Kein
Freund, um mein Gesuch zu unterstützen, Als Heuchlerblicke und der
bare Teufel, Und doch sie zu gewinnen! Alles gegen nichts! Ha! Entfiel
so bald ihr jener wackre Prinz, Eduard, ihr Gatte, den ich vor drei
Monden Zu Tewkesbury in meinem Grimm erstach? Solch einen
holden liebenswürd'gen Herrn, In der Verschwendung der Natur
gebildet, Jung, tapfer, weis' und sicher königlich, Hat nicht die weite
Welt mehr aufzuweisen: Und will sie doch ihr Aug' auf mich erniedern,
Der dieses Prinzen goldne Blüte brach Und sie verwitwet im betrübten

Bett? Auf mich, der nicht dem halben Eduard gleichkommt? Auf mich,
der hinkt und mißgeschaffen ist? Mein Herzogtum für einen
Bettlerpfennig, Ich irre mich in mir die ganze Zeit: So wahr ich lebe,
kann ich's gleich nicht finden, Sie find't, ich sei ein wunderhübscher
Mann. Ich will auf einen Spiegel was verwenden Und ein paar Dutzend
Schneider unterhalten, Um Trachten auszusinnen, die mir stehn. Da ich
bei mir in Gunst gekommen bin, So will ich's auch mich etwas kosten
lassen. Doch schaff ich den Gesellen erst ins Grab Und kehre
jammernd dann zur Liebsten um. Komm, holde Sonn', als Spiegel mir
zustatten Und zeige, wenn ich geh, mir meinen Schatten.
(Ab.)

DRITTE SZENE
Ebendaselbst. Ein Zimmer im Palast.
(Königin Elisabeth, Lord Rivers, Marquis von Dorset und Lord Grey
treten auf.)
Rivers. Seid ruhig, Fürstin: bald wird Seine Majestät Sich wieder im
erwünschten Wohlsein finden.
Grey. Es macht ihn schlimmer, daß Ihr's übel tragt: Um Gottes willen
also, seid getrost Und muntert ihn mit frohen Worten auf.
Elisabeth. Was würde mir begegnen, wär' er tot?
Grey. Kein ander Leid, als solches Herrn Verlust.
Elisabeth. Solch eines Herrn Verlust schließt jedes ein.
Grey. Der Himmel schenkt' Euch einen wackern Sohn, Wenn er dahin
ist, Tröster Euch zu sein.
Elisabeth. Ach! er ist jung, und bis zur Mündigkeit Führt über ihn die
Sorge Richard Gloster, Ein Mann, der mich nicht liebt, noch wen von
euch.
Rivers. Ist's ausgemacht, daß er Protektor wird?
Elisabeth. Es ist beschlossen, noch nicht ausgemacht: Allein es muß
sein, wenn der König abgeht.
(Buckingham und Stanley treten auf.)
Grey. Da sind die Lords von Buckingham und Stanley.
Buckingham. Eu'r königlichen Gnaden Heil und Glück!
Stanley. Gott mög' Eu'r Majestät erfreun wie ehmals!
Elisabeth. Die Gräfin Richmond, lieber Mylord Stanley, Sagt auf Eu'r
gut Gebet wohl schwerlich Amen. Doch, Stanley, ob sie Euer Weib

schon ist Und mich nicht liebt, seid, bester Lord, versichert, Ich haß
Euch nicht um ihren Übermut.
Stanley. Meßt, ich ersuch Euch, keinen Glauben bei Den Lästerungen
ihrer falschen Kläger;
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