Richard III | Page 6

William Shakespeare
Und würde sie auf gült'gen Grund verklagt, Tragt
ihre Schwäche, die gewiß entsteht Aus kranken Grillen, nicht bedachter
Bosheit.
Elisabeth. Saht Ihr den König heute, Mylord Stanley?
Stanley. Wir kommen, Herzog Buckingham und ich, Nur eben jetzt von
Seiner Majestät.
Elisabeth. Was ist für Anschein seiner Beßrung, Lords?
Buckingham. Die beste Hoffnung, Eu'r Gemahl spricht munter.
Elisabeth. Gott geb' ihm Heil! Bespracht Ihr Euch mit ihm?
Buckingham. Ja, gnäd'ge Frau: er wünscht den Herzog Gloster Mit
Euren Brüdern wieder auszusöhnen Und diese mit dem Oberkämmerer
Und hieß vor Seiner Hoheit sie erscheinen.
Elisabeth. Wär' alles gut! Doch das wird nimmer sein: Ich fürchte,
unser Glück hat seine Höh'.
(Gloster und Hastings.)
Gloster. Sie tun mir Unrecht, und ich will's nicht dulden. Wer sind sie,
die beim König sich beklagen, Ich sei, man denke, hart und lieb' sie
nicht? Beim heil'gen Paul, der liebt ihn obenhin, Wer so sein Ohr mit
Zankgerüchten anfüllt. Weil ich nicht schmeicheln und beschwatzen
kann, Zulachen, streicheln, hintergehn und kriechen, Fuchsschwänzend
wie ein Franzmann und ein Aff', So hält man mich für einen häm'schen
Feind. Kann denn ein schlichter Mann nicht harmlos leben, Daß nicht
sein redlich Herz mißhandelt würde Von seidnen, schlauen,
schmeichlerischen Gecken?
Grey. Mit wem in diesem Kreis spricht Euer Gnaden?
Gloster. Mit dir, der weder Tugend hat noch Gnade. Wann kränkt' ich
dich? wann tat ich dir zu nah? Und dir? und dir? Wann einem eurer
Rotte? Die Pest euch allen! Unser gnäd'ger Fürst-- Den Gott erhalte,
besser als ihr wünscht!-- Kann kaum ein Atemholen ruhig sein, Daß ihr
ihn nicht mit wüsten Klagen stört.
Elisabeth. Bruder von Gloster, Ihr mißnehmt die Sache. Der König hat,
auf eignen höchsten Antrieb Und nicht bewogen durch ein fremd
Gesuch, Vielleicht vermutend Euren innern Haß, Der sich in Eurem
äußern Tun verrät, Auf meine Kinder, Brüder und mich selbst, Zu Euch

gesandt, damit er so erfahre Die Ursach' Eures Grolls und weg sie
schaffe.
Gloster. Ich weiß es nicht--die Welt ist so verderbt, Zaunkön'ge hausen,
wo's kein Adler wagt. Seit jeder Hans zum Edelmanne ward, So wurde
mancher edle Mann zum Hans.
Elisabeth. Schon gut! man kennt die Meinung, Bruder Gloster: Ihr
neidet mein und meiner Freunde Glück. Gott gebe, daß wir nie Euch
nötig haben!
Gloster. Gott gibt indes, daß wir Euch nötig haben; Denn unser Bruder
ist durch Euch verhaftet, Ich selbst in Ungnad', und der Adel preis Der
Schmach gegeben, da man hohe Posten Täglich verleiht, mit Ehren die
zu krönen, Die gestern keine Kron' im Beutel hatten.
Elisabeth. Bei dem, der mich zu banger Höh' erhob, Von dem
zufriednen Los, das ich genoß! Ich reizte niemals Seine Majestät Wider
den Herzog Clarence, war vielmehr Ein Anwalt, welcher eifrig für ihn
sprach. Mylord, Ihr tut mir schmählich Unrecht an, Da Ihr mich falsch
in solchen Argwohn bringt.
Gloster. Ihr könnt auch leugnen, daß Ihr Schuld gehabt An Mylord
Hastings neulichem Verhaft.
Rivers. Sie kann's, Mylord; denn--
Gloster. Sie kann's, Lord Rivers? Ei, wer weiß das nicht? Sie kann noch
mehr als dieses leugnen, Herr: Sie kann Euch helfen zu manch
schönem Posten, Dann leugnen ihre Hand im Spiel dabei Und alles
nennen des Verdienstes Lohn. Was kann sie nicht? Sie kann--ja traun!
sie kann –-
Rivers. Was kann sie, traun?
Gloster. Was kann sie traun? Mit einem König traun, Und der ein
Junggesell, ein hübscher Bursch! Hat Eure Großmama so gut gefreit?
Elisabeth. Mylord von Gloster, allzu lang ertrug ich Eu'r plumpes
Schelten und Eu'r bittres Schmähn. Ich melde Seiner Majestät, beim
Himmel, Den groben Hohn, den ich so oft erlitt. Ich wäre lieber eine
Bauermagd Als große Königin mit der Bedingung, Daß man mich so
verachtet und bestürmt. Ich habe wenig Freud' auf Englands Thron.
(Königin Margaretha erscheint im Hintergrunde.)
Margaretha. Das Wen'ge sei verringert, Gott, so fleh ich! Denn mir
gebührt dein Rang und Ehrensitz.
Gloster. Was? droht Ihr mir, dem König es zu sagen? Sagt's ihm und

schont nicht; seht, was ich gesagt, Behaupt ich in des Königs
Gegenwart. Ich wag es drauf, in Turm geschickt zu werden. ‘s ist
Redens Zeit: man denkt nicht meiner Dienste.
Margaretha. Fort, Teufel! Ihrer denk ich allzu wohl. Du brachtest
meinen Gatten um im Turm, Und meinen armen Sohn zu Tewkesbury.
Gloster. Eh' Ihr den Thron bestiegt und Eu'r Gemahl, War ich das
Packpferd seines großen Werks, Ausrotter seiner stolzen Widersacher,
Freigebiger Belohner seiner Freunde; Sein Blut zu fürsten, hab ich
meins vergossen.
Margaretha. Ja, und viel beßres Blut als seins und deins.
Gloster. In all der Zeit war't Ihr und Grey, Eu'r Mann, Parteiisch für das
Haus von Lancaster; Ihr, Rivers, war't es auch.--Fiel Euer Mann Nicht
zu Sankt Albans in Margrethas Schlacht? Erinnern muß ich Euch, wenn
Ihr's vergeßt, Was Ihr zuvor gewesen und nun seid; Zugleich, was ich
gewesen und noch bin.
Margaretha. Ein mörderischer Schurk', und bist es noch.
Gloster.
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