Prinz Friedrich von Homburg | Page 8

Heinrich von Kleist

Trompeter, die Fanfare! Zum Kampf! Zum Kampf! Der Kottwitz ist
dabei!
Golz (zu Kottwitz). Nein nimmermehr, mein Obrist! Nimmermehr!
Zweiter Offizier. Der Hennings hat den Rhyn noch nicht erreicht!
Erster Offizier. Nimm ihm den Degen ab!
Der Prinz von Homburg. Den Degen mir? (Er stößt ihn zurück.) Ei, du
vorwitzger Knabe, der du noch Nicht die Zehn märkischen Gebote
kennst! Hier ist der deinige, zusamt der Scheide! (Er reißt ihm das
Schwert samt dem Gürtel ab.)
Erster Offizier (taumelnd). Mein Prinz, die Tat, bei Gott--!
Der Prinz von Homburg (auf ihn einschreitend). Den Mund noch
öffnest--?
Hohenzollern (zu dem Offizier). Schweig! Bist du rasend?
Der Prinz von Homburg (indem er den Degen abgibt). Ordonnanzen!--
Führt ihn gefangen ab, ins Hauptquartier.

(Zu Kottwitz und den übrigen Offizieren.)
Und jetzt ist die Parol', ihr Herrn: ein Schurke, Wer seinem General zur
Schlacht nicht folgt! --Wer von euch bleibt?
Obrist Kottwitz. Du hörst. Was eiferst du?
Hohenzollern (beilegend). Es war ein Rat nur, den man dir erteilt.
Obrist Kottwitz. Auf deine Kappe nimms. Ich folge dir.
Der Prinz von Homburg (beruhigt). Ich nehms auf meine Kappe. Folgt
mir, Brüder!
(Alle ab.)

Szene: Zimmer in einem Dorf.
Dritter Auftritt
Ein Hofkavalier, in Stiefeln und Sporen, tritt auf.--Ein Bauer und seine
Frau sitzen an einem Tisch und arbeiten.
Hofkavalier. Glück auf, ihr wackern Leute! Habt ihr Platz, In eurem
Hause Gäste aufzunehmen?
Der Bauer. O ja! Von Herzen.
Die Frau. Darf man wissen, wen?
Hofkavalier. Die hohe Landesmutter! Keinen Schlechtern! Am Dorftor
brach die Achse ihres Wagens, Und weil wir hören, daß der Sieg
erfochten, So braucht es weiter diese Reise nicht.
Beide (stehen auf). Der Sieg erfochten?--Himmel!
Hofkavalier. Das wißt ihr nicht? Das Heer der Schweden ist aufs Haupt
geschlagen, Wenn nicht für immer, doch auf Jahresfrist, Die Mark vor

ihrem Schwert und Feuer sicher! --Doch seht! da kömmt die
Landesfürstin schon.

Vierter Auftritt
Die Kurfürstin, bleich und verstört. Prinzessin Natalie und mehrere
Hofdamen folgen.--Die Vorigen.
Kurfürstin (unter der Tür). Bork! Winterfeld! Kommt: gebt mir euren
Arm!
Natalie (zu ihr eilend). O meine Mutter!
Die Hofdamen. Gott! Sie bleicht! Sie fällt!
(Sie unterstützen sie.)
Kurfürstin.
Führt mich auf einen Stuhl, ich will mich setzen. --Tot, sagt er; tot?
Natalie. O meine teure Mutter!
Kurfürstin. Ich will den Unglücksboten selber sprechen.

Fünfter Auftritt
Rittmeister von Mörner tritt verwundet auf, von zwei Reutern
geführt.--Die Vorigen.
Kurfürstin. Was bringst du, Herold des Entsetzens, mir?
Mörner. Was diese Augen, leider, teure Frau, Zu meinem ewgen
Jammer, selbst gesehn.
Kurfürstin. Wohlan! Erzähl!

Mörner. Der Kurfürst ist nicht mehr!
Natalie. O Himmel! Soll ein so ungeheurer Schlag uns treffen?
(Sie bedeckt sich das Gesicht.)
Kurfürstin. Erstatte mir Bericht, wie er gesunken! --Und wie der
Blitzstrahl, der den Wandrer trifft, Die Welt noch einmal purpurn ihm
erleuchtet, So laß dein Wort sein; Nacht, wenn du gesprochen, Mög
über meinem Haupt zusammenschlagen.
Mörner (tritt, geführt von den beiden Reutern, vor ihr). Der Prinz von
Homburg war, sobald der Feind, Gedrängt von Truchß, in seiner
Stellung wankte, Auf Wrangel in die Ebne vorgerückt; Zwei Linien
hatt er, mit der Reuterei, Durchbrochen schon, und auf der Flucht
vernichtet, Als er auf eine Feldredoute stieß. Hier schlug so
mörderischer Eisenregen Entgegen ihm, daß seine Reuterschar, Wie
eine Saat, sich knickend niederlegte: Halt mußt er machen zwischen
Busch und Hügeln, Um sein zerstreutes Reuterkorps zu sammeln.
Natalie (zur Kurfürstin). Geliebte! Fasse dich!
Kurfürstin. Laß, laß mich, Liebe!
Mörner. In diesem Augenblick, dem Staub entrückt, Bemerken wir den
Herrn, der, bei den Fahnen Des Truchßschen Korps, dem Feind
entgegenreitet; Auf einem Schimmel herrlich saß er da, Im
Sonnenstrahl, die Bahn des Siegs erleuchtend. Wir alle sammeln uns,
bei diesem Anblick, Auf eines Hügels Abhang, schwer besorgt,
Inmitten ihn des Feuers zu erblicken: Als plötzlich jetzt der Kurfürst,
Roß und Reuter, In Staub vor unsern Augen niedersinkt; Zwei
Fahnenträger fielen über ihn, Und deckten ihn mit ihren Fahnen zu.
Natalie. O meine Mutter!
Erste Hofdame. Himmel!
Kurfürstin. Weiter! Weiter!

Mörner. Drauf faßt, bei diesem schreckenvollen Anblick, Schmerz,
unermeßlicher, des Prinzen Herz; Dem Bären gleich, von Wut gespornt
und Rache, Bricht er mit uns auf die Verschanzung los: Der Graben
wird, der Erdwall, der sie deckt, Im Anlauf überflogen, die Besatzung
Geworfen, auf das Feld zerstreut, vernichtet, Kanonen, Fahnen, Pauken
und Standarten, Der Schweden ganzes Kriegsgepäck, erbeutet: Und
hätte nicht der Brückenkopf am Rhyn Im Würgen uns gehemmt, so
wäre keiner, Der an dem Herd der Väter, sagen könnte: Bei Fehrbellin
sah ich den Helden fallen!
Kurfürstin. Ein Sieg, zu teu'r erkauft! Ich mag ihn nicht. Gebt mir den
Preis, den er gekostet, wieder.
(Sie sinkt in Ohnmacht.)
Erste Hofdame. Hilf, Gott im Himmel! Ihre Sinne schwinden.
(Natalie weint.)

Sechster Auftritt
Der Prinz von Homburg tritt auf.--Die Vorigen.
Der Prinz von Homburg. O meine teuerste Natalie!
(Er legt ihre Hand gerührt an sein Herz.)
Natalie. So ist es wahr?
Continue reading on your phone by scaning this QR Code

 / 26
Tip: The current page has been bookmarked automatically. If you wish to continue reading later, just open the Dertz Homepage, and click on the 'continue reading' link at the bottom of the page.