Prinz Friedrich von Homburg | Page 6

Heinrich von Kleist
Schritten wieder
in den Kreis der Offiziere zurück). Dann wird er die Fanfare blasen
lassen! (Er tut, als ob er schriebe.)
Feldmarschall (sieht in sein Papier). Dann wird er die Fanfare blasen
lassen.-- Doch wird des Fürsten Durchlaucht ihm, damit, Durch
Mißverstand, der Schlag zu früh nicht falle--
(Er hält inne.)
Rittmeister von der Golz (schreibt). Durch Mißverstand, der Schlag zu
früh nicht falle
Der Prinz von Homburg (zum Graf Hohenzollern, heimlich, in großer
Bewegung). O Heinrich!

Hohenzollern (unwillig). Nun! Was gibts? Was hast du vor?
Der Prinz von Homburg. Was! Sahst du nichts?
Hohenzollern. Nein, nichts! Sei still, zum Henker!
Feldmarschall (fährt fort). Ihm einen Offizier, aus seiner Suite, senden,
Der den Befehl, das merkt, ausdrücklich noch Zum Angriff auf den
Feind ihm überbringe. Eh wird er nicht Fanfare blasen lassen.
(Der Prinz steht und träumt vor sich nieder.)
--Habt Ihr?
Rittmeister von der Golz (schreibt). Eh wird er nicht Fanfare blasen
lassen.
Feldmarschall (mit erhöhter Stimme.). Des Prinzen Durchlaucht, habt
Ihr?
Der Prinz von Homburg. Mein Feldmarschall?
Feldmarschall. Ob Ihr geschrieben habt?
Der Prinz von Homburg.--Von der Fanfare?
Hohenzollern (heimlich, unwillig, nachdrücklich). Fanfare! Sei
verwünscht! Nicht eh, als bis der--
Rittmeister von der Golz (ebenso). Als bis er selbst--
Der Prinz von Homburg (unterbricht sie). Ja, allerdings! Eh nicht--
Doch dann wird er Fanfare blasen lassen.
(Er schreibt.--Pause.)
Feldmarschall. Den Obrist Kottwitz, merkt das, Baron Golz, Wünsch
ich, wenn er es möglich machen kann, Noch vor Beginn des Treffens
selbst zu sprechen.

Rittmeister von der Golz (mit Bedeutung). Bestellen werd ich es.
Verlaß dich drauf.
(Pause.)
Der Kurfürst (kommt zurück). Nun, meine General' und Obersten, Der
Morgenstrahl ergraut!--Habt ihr geschrieben?
Feldmarschall. Es ist vollbracht, mein Fürst; dein Kriegsplan ist An
deine Feldherrn pünktlich ausgeteilt!
Der Kurfürst (indem er Hut und Handschuh nimmt). Herr Prinz von
Homburg, dir empfehl ich Ruhe! Du hast am Ufer, weißt du, mir des
Rheins Zwei Siege jüngst verscherzt; regier dich wohl, Und laß mich
heut den dritten nicht entbehren, Der mindres nicht, als Thron und
Reich, mir gilt!
(Zu den Offizieren.)
Folgt mir!--He, Franz!
Ein Reitknecht (tritt auf). Hier!
Der Kurfürst. Rasch! Den Schimmel vor! --Noch vor der Sonn im
Schlachtfeld will ich sein!
(Ab; die Generale, Obersten und Offiziere folgen ihm.)

Sechster Auftritt
Der Prinz von Homburg (in den Vordergrund tretend). Nun denn, auf
deiner Kugel, Ungeheures, Du, der der Windeshauch den Schleier heut,
Gleich einem Segel lüftet, roll heran! Du hast mir, Glück, die Locken
schon gestreift: Ein Pfand schon warfst du, im Vorüberschweben, Aus
deinem Füllhorn lächelnd mir herab: Heut, Kind der Götter, such ich,
flüchtiges, Ich hasche dich im Feld der Schlacht und stürze Ganz
deinen Segen mir zu Füßen um: Wärst du auch siebenfach, mit

Eisenketten, Am schwedschen Siegeswagen festgebunden! (Ab.)

Zweiter Akt

Szene: Schlachtfeld bei Fehrbellin.
Erster Auftritt
Obrist Kottwitz, Graf Hohenzollern, Rittmeister von der Golz, und
andere Offiziere, an der Spitze der Reuterei, treten auf.
Obrist Kottwitz (außerhalb der Szene). Halt hier die Reuterei, und
abgesessen!
Hohenzollern und Golz (treten auf). Halt!--Halt!
Obrist Kottwitz. Wer hilft vom Pferde mir, ihr Freunde?
Hohenzollern und Golz. Hier, Alter, hier! (Sie treten wieder zurück..)
Obrist Kottwitz (außerhalb). Habt Dank!--Ouf! Daß die Pest mich!
--Ein edler Sohn, für euren Dienst, jedwedem, Der euch, wenn ihr
zerfallt, ein Gleiches tut!
(Er tritt auf; Hohenzollern, Golz und andere, hinter ihm.)
Ja, auf dem Roß fühl ich voll Tugend mich; Doch sitz ich ab, da hebt
ein Strauß sich an, Als ob sich Leib und Seele kämpfend trennten!
(Er sieht sich um.)
Wo ist des Prinzen, unsers Führers, Durchlaucht?
Hohenzollern. Der Prinz kehrt gleich zu dir zurück!
Obrist Kottwitz. Wo ist er?

Hohenzollern. Er ritt ins Dorf, das dir, versteckt in Büschen, Zur Seite
blieb. Er wird gleich wiederkommen.
Ein Offizier. Zur Nachtzeit, hör ich, fiel er mit dem Pferd?
Hohenzollern. Ich glaube, ja.
Obrist Kottwitz. Er fiel?
Hohenzollern (wendet sich). Nichts von Bedeutung! Sein Rappe
scheute an der Mühle sich, Jedoch, leichthin zur Seite niedergleitend,
Tat er auch nicht den mindsten Schaden sich. Es ist den Odem keiner
Sorge wert.
Obrist Kottwitz (auf einen Hügel tretend). Ein schöner Tag, so wahr ich
Leben atme! Ein Tag von Gott, dem hohen Herrn der Welt, Gemacht zu
süßerm Ding als sich zu schlagen! Die Sonne schimmert rötlich durch
die Wolken, Und die Gefühle flattern, mit der Lerche, Zum heitern
Duft des Himmels jubelnd auf!--
Golz. Hast du den Marschall Dörfling aufgefunden?
Obrist Kottwitz (kommt vorwärts). Zum Henker, nein! Was denkt die
Exzellenz? Bin ich ein Pfeil, ein Vogel, ein Gedanke, Daß er mich
durch das ganze Schlachtfeld sprengt? Ich war beim Vortrab, auf den
Hackelhöhn, Und in dem Hackelgrund, beim Hintertrab: Doch wen ich
nicht gefunden, war der Marschall! Drauf meine Reuter sucht ich
wieder auf.
Golz. Das wird sehr leid ihm tun. Es schien, er hatte Dir von Belang
noch etwas zu vertraun.
Der
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