Prinz Friedrich von Homburg | Page 4

Heinrich von Kleist
über Täler schwebt, Vor eines
Windes frischem Hauch zerstiebt, Weicht mir die Schar, die Ramp'
ersteigend, aus. Die Rampe dehnt sich, da ich sie betret Endlos, bis an
das Tor des Himmels aus, Ich greife rechts, ich greife links umher, Der
Teuren einen ängstlich zu erhaschen. Umsonst! Des Schlosses Tor geht
plötzlich auf; Ein Blitz der aus dem Innern zuckt, verschlingt sie, Das
Tor fügt rasselnd wieder sich zusammen, Nur einen Handschuh, heftig,
im Verfolgen, Streif ich der süßen Traumgestalt vom Arm: Und einen
Handschuh, ihr allmächtgen Götter, Da ich erwache, halt ich in der
Hand!
Hohenzollern. Bei meinem Eid!--Und nun meinst du, der Handschuh,
Der sei der ihre?
Der Prinz von Homburg. Wessen?
Hohenzollern. Nun, der Platen!
Der Prinz von Homburg. Der Platen. Wirklich. Oder der Ramin.--
Hohenzollern (lacht). Schelm, der du bist, mit deinen Visionen! Wer
weiß von welcher Schäferstunde, traun, Mit Fleisch und Bein hier

wachend zugebracht, Dir noch der Handschuh in den Händen klebt!
Der Prinz von Homburg. Was! Mir? Bei meiner Liebe--!
Hohenzollern. Ei so, zum Henker, Was kümmerts mich? Meinthalben
seis die Platen, Seis die Ramin! Am Sonntag geht die Post nach
Preußen, Da kannst du auf dem kürzsten Weg erfahren, Ob deiner
Schönen dieser Handschuh fehlt.-- Fort! Es ist zwölf. Was stehn wir
hier und plaudern?
Der Prinz von Homburg (träumt vor sich nieder). --Da hast du recht.
Laß uns zu Bette gehn. Doch, was ich sagen wollte, Lieber, Ist die
Kurfürstin noch und ihre Nichte hier, Die liebliche Prinzessin von
Oranien, Die jüngst in unser Lager eingetroffen?
Hohenzollern. Warum?--Ich glaube gar, der Tor--?
Der Prinz von Homburg. Warum?-- Ich sollte, weißt du, dreißig Reuter
stellen, Sie wieder von dem Kriegsplatz wegzuschaffen, Ramin hab ich
deshalb beordern müssen.
Hohenzollern. Ei, was! Die sind längst fort! Fort, oder reisen gleich!
Ramin, zum Aufbruch völlig fertig, stand Die ganze Nacht durch
mindstens am Portal. Doch fort! Zwölf ists; und eh die Schlacht beginnt,
Wünsch ich mich noch ein wenig auszuruhn.
(Beide ab.)

Szene: Ebendaselbst. Saal im Schloß. Man hört in der Ferne schießen.
Fünfter Auftritt
Die Kurfürstin und die Prinzessin Natalie in Reisekleidern, geführt von
einem Hofkavalier, treten auf und lassen sich zur Seite nieder.
Hofdamen. Hierauf der Kurfürst, Feldmarschall Dörfling, der Prinz von
Homburg, den Handschuh im Kollett, der Graf von Hohenzollern, Graf
Truchß, Obrist Hennings, Rittmeister von der Golz und mehrere andere

Generale, Obersten und Offiziere.
Der Kurfürst. Was ist dies für ein Schießen?--Ist das Götz?
Feldmarschall Dörfling. Das ist der Oberst Götz, mein Fürst und Herr,
Der mit dem Vortrab gestern vorgegangen. Er hat schon einen Offizier
gesandt, Der im voraus darüber dich beruhge. Ein schwedscher Posten
ist, von tausend Mann, Bis auf die Hackelberge vorgerückt; Doch haftet
Götz für diese Berge dir, Und sagt mir an, du möchtest nur verfahren,
Als hätte sie sein Vortrab schon besetzt.
Der Kurfürst (zu den Offizieren). Ihr Herrn, der Marschall kennt den
Schlachtentwurf; Nehmt euren Stift, bitt ich, und schreibt ihn auf.
(Die Offiziere versammeln sich auf der andern Seite um den
Feldmarschall und nehmen ihre Schreibtafeln heraus.)
Der Kurfürst (wendet sich zu dem Hofkavalier). Ramin ist mit dem
Wagen vorgefahren?
Der Hofkavalier. Im Augenblick, mein Fürst.--Man spannt schon an.
Der Kurfürst (läßt sich auf einen Stuhl hinter der Kurfürstin und
Prinzessin nieder). Ramin wird meine teur' Elisa führen, Und dreißig
rüstge Reuter folgen ihm. Ihr geht auf Kalkhuhns, meines Kanzlers,
Schloß Bei Havelberg, jenseits des Havelstroms, Wo sich kein
Schwede mehr erblicken läßt.--
Die Kurfürstin. Hat man die Fähre wieder hergestellt?
Der Kurfürst. Bei Havelberg?--Die Anstalt ist getroffen. Zudem ists
Tag, bevor ihr sie erreicht.
(Pause.)
Natalie ist so still, mein süßes Mädchen? --Was fehlt dem Kind?
Prinzessin Natalie. Mich schauert, lieber Onkel.

Der Kurfürst. Und gleichwohl ist mein Töchterchen so sicher, In ihrer
Mutter Schoß war sies nicht mehr.
(Pause.)
Die Kurfürstin. Wann, denkst du, werden wir uns wiedersehen?
Der Kurfürst. Wenn Gott den Sieg mir schenkt, wie ich nicht zweifle,
Vielleicht im Laufe dieser Tage schon.
(Pagen kommen und servieren den Damen ein Frühstück.
Feldmarschall Dörfling diktiert.--Der Prinz von Homburg, Stift und
Tafel in der Hand, fixiert die Damen.)
Feldmarschall. Der Plan der Schlacht, ihr Herren Obersten, Den die
Durchlaucht des Herrn ersann, bezweckt, Der Schweden flüchtges Heer,
zu gänzlicher Zersplittrung, von dem Brückenkopf zu trennen, Der an
dem Rhynfluß ihren Rücken deckt. Der Oberst Hennings--!
Oberst Hennings. Hier! (Er schreibt.)
Feldmarschall. Der nach des Herren Willen heut Des Heeres rechten
Flügel kommandiert, Soll, durch den Grund der Hackelbüsche, still Des
Feindes linken zu umgehen suchen, Sich mutig zwischen ihn und die
drei Brücken werfen, Und mit dem Grafen Truchß vereint-- Graf
Truchß!
Graf Truchß. Hier! (Er schreibt.)
Feldmarschall. Und mit dem Grafen Truchß vereint (Er hält inne.) Der
auf den Höhn indes, dem Wrangel gegenüber, Mit den Kanonen Posten
hat gefaßt--
Graf Truchß (schreibt). Kanonen Posten hat gefaßt--
Feldmarschall. Habt Ihr? (Er fährt
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