Luken aufgesto?en; der kleine Mann mit den schwarzen Haarspie?en steckte seinen Kopf ins Freie und dehnte sich mit beiden Armen in die frische Luft hinaus; dann wandte er den Kopf hinter sich nach dem dunkeln Raum zur��ck, und ich h?rte ihn "Lisei! Lisei!" rufen.--Da dr?ngte sich unter seinem Arm ein rosiges Gesichtlein vor, um das wie eine M?hne das schwarze Haar herabfiel. Der Vater wies mit dem Finger nach mir her��ber, lachte und zupfte sie ein paarmal an ihren seidenen Str?hnen. Was er zu ihr sprach, habe ich nicht verstehen k?nnen; aber es mag wohl ungef?hr gelautet haben. "Schau dir ihn an, Lisei! Kennst ihn noch, den Bubn von gestern?--Der arme Narr, da mu? er nun gleich mit dem Ranzen in die Schule traben!--Was du f��r ein gl��ckliches Diendl bist, die du allweg nur mit unserem Braunen landab, landauf zu fahren brauchst!"--Wenigstens sah die Kleine ganz mitleidig zu mir her��ber, und als ich es wagte, ihr freundlich zuzunicken, nickte sie sehr ernsthaft wieder.
Bald aber zog der Vater seinen Kopf zur��ck und verschwand im Hintergrund seines Bodenraumes. Statt seiner trat jetzt die gro?e blonde Frau zu dem Kinde; sie bem?chtigte sich ihres Kopfes und begann ihr das Haar zu str?hlen. Das Gesch?ft schien schweigend vollzogen zu werden, und das Lisei durfte offenbar nicht mucksen, obgleich es mehrmals, wenn ihr der Kamm so in den Nacken hinabfuhr, die eckigsten Figuren mit ihrem roten M?ulchen bildete. Nur einmal hob sie den Arm und lie? ein langes Haar ��ber die Linde drau?en in die Morgenluft hinausfliegen. Ich konnte von meinem Fenster aus es gl?nzen sehen; denn die Sonne war eben durch den Herbstnebel gedrungen und schien dr��ben auf den oberen Teil des Herbergshauses.
Auch in den vorhin undurchdringlich dunkeln Bodenraum konnte ich jetzt hineinsehen. Ganz deutlich erblickte ich in einem d?mmerigen Winkel den Mann an einem Tische sitzen; in seiner Hand blinkte etwas wie Gold oder Silber; dann wieder war's wie ein Gesicht mit einer ungeheueren Nase; aber sosehr ich meine Augen anstrengte, ich vermochte nicht klug daraus zu werden.
Pl?tzlich h?rte ich, als wenn etwas H?lzernes in einen Kasten geworfen w��rde, und nun stand der Mann auf und lehnte aus einer zweiten Luke sich wieder auf die Stra?e hinaus.
Die Frau hatte indessen der kleinen schwarzen Dirne ein verschossenes rotes Kleidchen angezogen und ihr die Haarflechten wie einen Kranz um das runde K?pfchen gelegt.
Ich sah noch immer hin��ber. "Einmal" dachte ich, "k?nnte sie doch wieder nicken."--"Paul, Paul!" h?rte ich pl?tzlich unten aus unserem Hause die Stimme meiner Mutter rufen.
"Ja, ja, Mutter!"
Es war mir ordentlich wie ein Schrecken in die Glieder geschlagen.
"Nun", rief sie wieder, "der Rechenmeister wird dir sch?n die Zeit verdeutschen! Wei?t du denn nicht, da? es lang schon sieben geschlagen hat?"
Wie rasch polterte ich die Treppe hinunter!
Aber ich hatte Gl��ck; der Rechenmeister war grad dabei, seine Bergamotten abzunehmen, und die halbe Schule befand sich in seinem Garten, um mit H?nden und M?ulern ihm dabei zu helfen. Erst um neun Uhr sa?en wir alle mit hei?en Backen und lustigen Gesichtern an Tafel und Rechenbuch auf unseren B?nken.
Als ich um elf, die Taschen noch von Birnen starrend, aus dem Schulhofe trat, kam eben der dicke Stadtausrufer die Stra?e herauf. Er schlug mit dem Schl��ssel an sein blankes Messingbecken und rief mit seiner Bierstimme:
"Der Mechanikus und Puppenspieler Herr Joseph Tendler aus der Residenzstadt M��nchen ist gestern hier angekommen und wird heute abend im Sch��tzenhofsaale seine erste Vorstellung geben. Vorgestellt wird: Pfalzgraf Siegfried und die heilige Genoveva, Puppenspiel mit Gesang in vier Aufz��gen."
Dann r?usperte er sich und schritt w��rdevoll in der meinem Heimwege entgegengesetzten Richtung weiter. Ich folgte ihm von Stra?e zu Stra?e, um wieder und wieder die entz��ckende Verk��ndigung zu h?ren; denn niemals hatte ich eine Kom?die, geschweige denn ein Puppenspiel gesehen.--Als ich endlich umkehrte, sah ich ein rotes Kleidchen mir entgegenkommen; und wirklich, es war die kleine Puppenspielerin; trotz ihres verschossenen Anzugs schien sie mir von einem M?rchenglanz umgeben.
Ich fa?te mir ein Herz und redete sie an: "Willst du spazierengehen, Lisei?"
Sie sah mich mi?trauisch aus ihren schwarzen Augen an. "Spazieren?" wiederholte sie gedehnt. "Ach du--du bist g'scheit!"
"Wohin willst du denn?"
--"Zum Ellenkramer will i!"
"Willst du dir ein neues Kleid kaufen?" fragte ich t?lpelhaft genug.
Sie lachte laut auf. "Geh! la? mi aus!--Nein; nur so Fetz'ln!"
"Fetz'ln, Lisei?"
--"Freili! Halt nur so Resteln zu G'wandl f��r die Pupp'n; 's kost't immer nit viel!"
Ein gl��cklicher Gedanke fuhr mir durch den Kopf. Ein alter Onkel von mir hatte damals am Markte hier eine Ellenwarenhandlung, und sein alter Ladendiener war mein guter Freund. "Komm mit mir", sagte ich k��hn, "es soll dir gar nichts kosten, Lisei!"
"Meinst?" fragte sie noch; dann liefen wir beide nach dem Markt und in das Haus des Onkels. Der alte Gabriel stand wie immer in seinem pfeffer- und salzfarbenen Rock hinter dem Ladentisch, und als ich ihm unser Anliegen deutlich gemacht hatte, kramte er gutm��tig einen Haufen "Rester" auf den
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