Pole Poppenspaeler | Page 2

Theodor W. Storm
bitten.--So waren denn dort der Anziehungskr?fte f��r mich genug. Von meinem Vater aber wurde mein Verkehr in dem t��chtigen B��rgerhause gern gesehen. "Sorge nur, da? du nicht l?stig f?llst!" war das einzige, woran er in dieser Beziehung zuweilen mich erinnerte. Ich glaube indessen nicht, da? ich meinen Freunden je zu oft gekommen bin.
Da geschah es eines Tages, da? in meinem elterlichen Hause einem alten Herrn aus unserer Stadt das neueste und wirklich ziemlich gelungene Werk meiner H?nde vorgezeigt wurde.
Als dieser seine Bewunderung zu erkennen gab, bemerkte mein Vater dagegen, da? ich ja aber auch schon seit fast einem Jahr bei Meister Paulsen in der Lehre sei.
"So, so", erwiderte der alte Herr; "bei Pole Poppensp?ler!"
Ich hatte nie geh?rt, da? mein Freund einen solchen Beinamen f��hre, und fragte, vielleicht ein wenig naseweis, was das bedeuten solle.
Aber der alte Herr l?chelte nur ganz hinterh?ltig und wollte keine weitere Auskunft geben.-Zum kommenden Sonntag war ich von den Paulsenschen Eheleuten auf den Abend eingeladen, um ihnen ihren Hochzeitstag feiern zu helfen. Es war im Sp?tsommer, und da ich mich fr��hzeitig auf den Weg gemacht und die Hausfrau noch in der K��che zu wirtschaften hatte, so ging Paulsen mit mir in den Garten, wo wir uns zusammen unter der gro?en Linde auf die Bank setzten. Mir war das "Pole Poppensp?ler" wieder eingefallen, und es ging mir so im Kopf herum, da? ich kaum auf seine Reden Antwort gab; endlich, da er mich fast ein wenig ernst wegen meiner Zerstreutheit zurechtgewiesen hatte, fragte ich ihn gradezu, was jener Beiname zu bedeuten habe.
Er wurde sehr zornig. "Wer hat dich das dumme Wort gelehrt?" rief er, indem er von seinem Sitze aufsprang. Aber bevor ich noch zu antworten vermochte, sa? er schon wieder neben mir. "La?, la?!" sagte er, sich besinnend, "es bedeutet ja eigentlich das Beste, was das Leben mir gegeben hat.--Ich will es dir erz?hlen; wir haben wohl noch Zeit dazu."--
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In diesem Haus und Garten bin ich aufgewachsen, meine braven Eltern wohnten hier, und hoffentlich wird einst mein Sohn hier wohnen!--Da? ich ein Knabe war, ist nun schon lange her; aber gewisse Dinge aus jener Zeit stehen noch, wie mit farbigem Stift gezeichnet, vor meinen Augen.
Neben unserer Haust��r stand damals eine kleine wei?e Bank mit gr��nen St?ben in den R��ck- und Seitenlehnen, von der man nach der einen Seite die lange Stra?e hinab bis an die Kirche, nach der andern aus der Stadt hinaus bis in die Felder sehen konnte. An Sommerabenden sa?en meine Eltern hier, der Ruhe nach der Arbeit pflegend; in den Stunden vorher aber pflegte ich sie in Beschlag zu nehmen und hier in der freien Luft und unter erquickendem Ausblick nach Ost und West meine Schularbeiten anzufertigen.
So sa? ich auch eines Nachmittags--ich wei? noch gar wohl, es war im September, eben nach unserem Michaelis-Jahrmarkte--und schrieb f��r den Rechenmeister meine Algebra-Exempel auf die Tafel, als ich unten von der Stra?e ein seltsames Gef?hrt heraufkommen sah. Es war ein zweir?driger Karren, der von einem kleinen rauhen Pferde gezogen wurde. Zwischen zwei ziemlich hohen Kisten, mit denen er beladen war, sa? eine gro?e blonde Frau mit steifen h?lzernen Gesichtsz��gen und ein etwa neunj?hriges M?dchen, das sein schwarzhaariges K?pfchen lebhaft von einer Seite nach der andern drehte; nebenher ging, den Z��gel in der Hand, ein kleiner, lustig blickender Mann, dem unter seiner gr��nen Schirmm��tze die kurzen schwarzen Haare wie Spie?e vom Kopfe abstanden.
So, unter dem Gebimmel eines Gl?ckchens, das unter dem Halse des Pferdes hing, kamen sie heran. Als sie die Stra?e vor unserem Hause erreicht hatten, machte der Karren halt. "Du Bub", rief die Frau zu mir her��ber, "wo ist denn die Schneiderherberg?"
Mein Griffel hatte schon lange geruht; nun sprang ich eilfertig auf und trat an den Wagen. "Ihr seid grad davor", sagte ich und wies auf das alte Haus mit der viereckig geschorenen Linde, das, wie du wei?t, noch jetzt hier gegen��ber liegt.
Das feine Dirnchen war zwischen den Kisten aufgestanden, streckte das K?pfchen aus der Kapuze ihres verschossenen M?ntelchens und sah mit ihren gro?en Augen auf mich herab; der Mann aber, mit einem "Sitz ruhig, Diendl!" und "Sch?nen Dank, Bub!" peitschte auf den kleinen Gaul und fuhr vor die T��r des bezeichneten Hauses, aus dem auch schon der dicke Herbergsvater in seiner gr��nen Sch��rze ihm entgegentrat.
Da? die Ank?mmlinge nicht zu den zunftberechtigten G?sten des Hauses geh?rten, mu?te mir freilich klar sein; aber es pflegten dort--was mir jetzt, wenn ich es bedenke, mit der Reputation des wohlehrsamen Handwerks sich keineswegs reimen will--auch andere, mir viel angenehmere Leute einzukehren. Droben im zweiten Stock, wo noch heute statt der Fenster nur einfache Holzluken auf die Stra?e gehen, war das hergebrachte Quartier aller fahrenden Musikanten, Seilt?nzer oder Tierb?ndiger, welche in unserer Stadt ihre Kunst zum besten gaben.
Und richtig, als ich am andern Morgen oben in meiner Kammer vor dem Fenster stand und meinen Schulsack schn��rte, wurde dr��ben eine der
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